Folgende Situation: Ich arbeite nebenberuflich in einer Kinder-Jugendherberge. Es gibt viele ukrainische Jugendliche und Kinder, aber auch einen afrikanischen Jungen, der ungefähr 6 Jahre alt ist. Wie man es von den Jugendlichen kennt, ärgern sie sich gegenseitig. Der 6-jährige Afrikaner ist das einzige afrikanische Kind in der Gruppe und fällt durch seine Hautfarbe sehr auf.
Ich war vorgestern im Dienst und habe zweimal indirekt gemerkt, dass er von etwas älteren Jugendlichen geschubst und umringt wurde. Beim ersten Mal dachte ich, sie würden definitiv spielen und beim zweiten Mal war ich mir nicht sicher.
Mein Bauchgefühl hat mir jedoch immer wieder starke Signale gegeben, dass der Junge in Gefahr ist oder ich etwas tun sollte. Aber ich dachte, ich mache mir unnötige Sorgen und nichts passiert. 10 Minuten später fand ich bei meinem nächsten Rundgang den Jungen voller Seife und Waschmittel in den Augen. Ich wusste genau, dass einer dieser Jugendlichen darin verwickelt war. Aber alle deckten sich gegenseitig ab.
Seitdem ärgere ich mich darüber, dass ich nicht rechtzeitig eingegriffen habe. Wenn ich den Jungen bei der ersten Bemerkung, als er umzingelt war, unterstützt und ihn aus der Gruppe entfernt hätte, wäre dies wahrscheinlich nicht passiert und eine Lösung hätte gefunden werden können.
Seitdem kann ich nachts nicht schlafen, fühle mich schuldig, denke immer noch an die Situation und frage mich, warum ich nichts dagegen getan habe, warum ich den armen Jungen im Stich gelassen habe. Ich stelle mir vor, wie er sich fühlt: Niemand will mit ihm spielen, er ist zum Außenseiter geworden, er wird gehänselt und geschubst. Er tut mir so leid und es zerfrisst mich innerlich, weil ich versagt habe.