Ich fühle mich als Versager?
Folgende Situation: Ich arbeite nebenberuflich in einer Kinder-Jugendherberge. Es gibt viele ukrainische Jugendliche und Kinder, aber auch einen afrikanischen Jungen, der ungefähr 6 Jahre alt ist. Wie man es von den Jugendlichen kennt, ärgern sie sich gegenseitig. Der 6-jährige Afrikaner ist das einzige afrikanische Kind in der Gruppe und fällt durch seine Hautfarbe sehr auf.
Ich war vorgestern im Dienst und habe zweimal indirekt gemerkt, dass er von etwas älteren Jugendlichen geschubst und umringt wurde. Beim ersten Mal dachte ich, sie würden definitiv spielen und beim zweiten Mal war ich mir nicht sicher.
Mein Bauchgefühl hat mir jedoch immer wieder starke Signale gegeben, dass der Junge in Gefahr ist oder ich etwas tun sollte. Aber ich dachte, ich mache mir unnötige Sorgen und nichts passiert. 10 Minuten später fand ich bei meinem nächsten Rundgang den Jungen voller Seife und Waschmittel in den Augen. Ich wusste genau, dass einer dieser Jugendlichen darin verwickelt war. Aber alle deckten sich gegenseitig ab.
Seitdem ärgere ich mich darüber, dass ich nicht rechtzeitig eingegriffen habe. Wenn ich den Jungen bei der ersten Bemerkung, als er umzingelt war, unterstützt und ihn aus der Gruppe entfernt hätte, wäre dies wahrscheinlich nicht passiert und eine Lösung hätte gefunden werden können.
Seitdem kann ich nachts nicht schlafen, fühle mich schuldig, denke immer noch an die Situation und frage mich, warum ich nichts dagegen getan habe, warum ich den armen Jungen im Stich gelassen habe. Ich stelle mir vor, wie er sich fühlt: Niemand will mit ihm spielen, er ist zum Außenseiter geworden, er wird gehänselt und geschubst. Er tut mir so leid und es zerfrisst mich innerlich, weil ich versagt habe.
11 Antworten
Immer mit der Ruhe. Du hast im Nachhinein festgestellt, dass du eine falsche Entscheidung getroffen hast. Das passiert Menschen, die Verantwortung übernehmen.
Der Junge lebt noch, also gibt es Wege, ihn zu unterstützen und ihm zu sagen, dass du die Situation falsch eingeschätzt hast. Auch mit den Tätern kannst du offen und direkt ein ernstes Wort sprechen. Dass sie nicht sagen, wer es war, ist nachvollziehbar. Sie gehen den billigen Weg und verhalten sich fies. Das kannst du ihnen klar machen, auch ohne dass die Aktiven sich finden lassen.
Menschen machen Fehler. Alle. Dein schlechtes Gewissen kann hilfreich sein, wenn du es nutzt, um daraus zu lernen. Wenn du dich damit aber nur fertig machst, lege es bei Seite, denn es behindert dich dann nur. Sich schuldig zu fühlen, kommt vor im Leben. Das muss man aushalten, denn es gibt einige Gefühle, die richtig unangenehm sind: Liebeskummer, Schuldgefühle, Zahnschmerzen, ...
Es ist schwierig gemobbten Kindern zu helfen. Ob du diese Situation hättest verhindern können weiß man nicht, wenn du eingegriffen hättest wäre es wahrscheinlich einfach später passiert. Ich denke dem Jungen kannst du helfen indem du ihm zeigst, dass du für ihn da bist und er nicht allein damit klar kommen muss, wenn die anderen gemein zu ihm sind.
Dann hast du dich selbst verletzt durch ihn, denn er ist ja auch dein Ebenbild. Deshalb führt die Fähigkeit der Empathie dazu, manchmal falsch zu handeln im Sinne des Eigeninteresses durch anderer zu fühlen.
Ich würde daher nicht mehr ganz so eigenständig und unabhängig auftreten, wenn die Gelegenheit sinkt deine Natur aus zu handeln.
Andernfalls hast du ja diese Reserven. Bist ja kein Klotz, der nichts mitbekommt.
Ist mir persönlich Wurscht, ob ich jemanden unterstützen möchte, weil es politisch korrekt ist oder nicht. Ist ja auch kein Zufall, das der Jüngste, der Neuste, der Unerfahrenste, der Andersartigste Unterstützung erhält, und unserer Helfersyndrom dann kickt.
Wenn es daher rassisch ist ihn zu unterstützen als einer der wenigen Farbigen, nur weil er schwarz ist, führt zur Gegenfrage, ob es nicht rassisch wäre es nicht zu tun, weil er anders ist.
In dem Sinne spielt es keine Rolle, auch wenn es eine Rolle spielen sollte. Weil das Ergebnis stimmt.
Er wurde von einer Gruppe von 20 Jugendlichen gemobbt. Selbst wenn es ein weißer Europär wäre, hätte ich eingegriffen. Ich unterstütze ihn nicht, weil err farbig ist, ich unterstütze ihn, weil er ein Kind ist und von anderen nicht gern gesehen wird. Das gleiche tue ich auch bei einem deutschen Kind, das gemobbt wird.
Wozu führen wir nochmal die Diskussion, wenn es eh nicht zur Sache kommt, ob er Afrikaner ist oder nicht?
Naja. Kernaussagen von mir ist, das du nicht anders tuen werden kannst, als ihm zu helfen, um dir zu helfen. Andernfalls müsste man die eigene Empathie abtöten müssen.
Man hat daher halt gewisse Rollen zu spielen im Leben, die einem selbst ins Risiko setzen.
Falls du noch was anderes meinst, was uns nicht zur der Diskussion mit der Hautfarbe führt, schieß ruhig los.
Ich bin zumal auch selbst nicht ganz im Bilde, was du tatsächlich meinst.
Also erstmal du Konntest nichts dafür das du spät reagiert hast das gibt's auch in manchen filmen das sowas Versuch an etwas anderes zu denken Lies ein Buch weil das ablenkt und das Gehirn konzentriert sich auf die Schrift denk nicht an die Vergangenheit das ist ja schon Passiert konzentriere auf die Zukunft
wie @jalvi und @Annika8881 schon bereits geschrieben haben:
Du kannst das Geschehene nicht mehr ändern, aber wenn Du möchtest, dass Deine Schuldgefühle aufhören, kannst Du den farbigen Jungen beschützen. Du kannst die Mobber zurecht weisen und klare Ansagen machen, denn Du bist erwachsen!!!
Ich würde das Ganze weiterhin beobachten. Ich würde auch die Eltern der betroffenen Kinder kontaktieren wollen und zu Rate ziehen.
Wenn Du das tatsächlich tun könntest, würdest Du Dich nicht mehr als Versager fühlen, sondern als einen einsatzkräftigen Menschen mit Courage.
Was hat das damit zutun? Ich bin kein afrikaner. Ich betrachte ihn als Mensch und nicht nach seiner Herkunft oder aussehen.