Nachdem die Polizei den 17-jährigen Nahel Merzouk erschossen hat, gibt es in Frankreich seit Tagen schwere Krawalle: Rathäuser, Schulen und Polizeiwachen werden in Brand gesetzt, Geschäfte geplündert und Polizisten sowie Journalisten massiv angegriffen und verletzt.
Der Eindruck, den man beim Lesen vieler deutscher Medienberichte bekommt, ist: Die französische Polizei hat grundlos einen algerischstämmigen Jugendlichen erschossen, der aus einem Problemviertel stammte, aber versuchte sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen (es wird betont, dass er als Lieferfahrer arbeitete).
Wenn man dann aber mal französischsprachige Medien oder die englische Wikipedia konsultiert, stellt sich dies alles etwas anders dar: Merzouk war am Tag der Kontrolle in einem Auto unterwegs, obwohl er keinen Führerschein besaß. Er fiel einer Polizeistreife auf, weil er mit überhöhter Geschwindigkeit eine Busspur befuhr. Zwei Motorradpolizisten schalteten daraufhin Blaulicht und Martinshorn an und wollten ihn anhalten.
Merzouk floh allerdings vor der Polizei, raste über eine rote Ampel, missachtet diverse andere Verkehrsregeln und überfuhr fast einen Fußgänger und einen Fahrradfahrer. Wegen eines Staus musste er schließlich anhalten und es kam zu der im Video festgehaltenen Szene: Ein Polizist richtet seine Waffe auf Merzouk und fordert ihn auf den Motor abzustellen. Merzouk drückt stattdessen aufs Gaspedal und der Polizist gibt den tödlichen Schuss auf ihn ab.
Derlei Flucht bei Verkehrskontrollen ("Refus d’obtemperer") scheint in Frankreich relativ häufig zu sein: Im letzten Jahr gab es 22.200 entsprechende Fälle. Immer wieder werden Polizisten bei derart eskalierten Verkehrskontrollen an- oder gar überfahren. Seit 2017 dürfen französische Polizisten auf einen Fahrer schießen, wenn sie davon ausgehen, dass seine Flucht die Leben anderer Verkehrsteilnehmer gefährden würde.
Gegen Nahel Merzouk selbst liefen mehrere Ermittlungsverfahren, u. a. wegen Drogenhandel, Hehlerei, Verwenden falscher Nummernschilder, Nichtbefolgen polizeilicher Anordnungen ("refus d'obtempérer") und wohl auch wegen Widerstand gegen die Polizei ("rébellion contre des policiers"). Die Schule hatte er abgebrochen.
Von alldem kann man in deutschen Medien bestenfalls am Rande lesen. Häufig werden Gewalttäter in diesen zudem als "Demonstranten" verharmlost:
Die Schuld wird der französischen Gesellschaft gegeben, die durch "soziale Benachteiligung und Rassismus" die Ursachen für die Gewalt gelegt habe:
Findet Ihr, dass die deutschen Medien über die Frankreich-Krawalle objektiv berichten?