Warum gehören Experten in den Nachrichten meistens nicht-neutralen Think Tanks an?
Warum interviewt man nicht einfach Universitätsprofessoren oder anderweitige etwas neutralere Wissenschaftler?
Zum Angriffskrieg auf die Ukraine wurde gerade im ZDF Christian Mölling als Experte interviewt.
Nach kurzer Recherche:
Ab Oktober 2015 war Mölling als Senior Research Fellow der Abteilung Sicherheitspolitik beim German Marshall Fund in Berlin tätig. Seit Februar 2017 ist er stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts und Leiter des Programms Sicherheit, Verteidigung, Rüstung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.
[ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Christian_M%C3%B6lling]
Er arbeitet für den Think Tank DGAP, der von einem Bänker und einem Manager mit unschönen Verbindungen zum Nazi-Regime des 2. Weltkriegs gegründet wurde:
Im Oktober 2015 berichteten deutsche Medien, dass das zur DGAP gehörende „Berliner Forum Zukunft“ über mehrere Jahre Luxusexkursionen zu verschiedenen Standorten von Rüstungskonzernen für insgesamt 350 Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten organisiert hatte. Finanziert wurden diese Reisen größtenteils von den Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann, MBDA und Airbus Helicopters.[22] Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Thomas Gambke kritisierte dies als intransparente Einflussnahme von Rüstungsunternehmen auf die Politik.[22] Das „Berliner Forum Zukunft“ wird von Airbus und Eurojet Turbo gefördert. Zu den Mitgliedern des Förderkreises der DGAP gehören außerdem die im Rüstungsbereich agierenden Unternehmen Airbus Defence and Space, Rheinmetall und Rolls-Royce Group.[23]
Die Initiative Lobbycontrol führt in ihrem lobbykritischen Onlinelexikon Lobbypedia die DGAP auf und benennt den maßgeblichen Einfluss von Lobbyorganisationen und der Wirtschaft auf die Gremien der DGAP. [24]
[ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Gesellschaft_f%C3%BCr_Ausw%C3%A4rtige_Politik ]
Auch der Präsident der DGAP Thomas Enders war Vorsitzender der Airbus-Group, und ist in der deutschen BP (britischer Mineralölkonzern) Aktiengesellschaft tätig, sowie bei Dornier GmbH (Flugzeug und Autohersteller).
Im Juli 2007 wurde Enders als Reaktion auf die Krise bei der EADS-Tochter Airbus zum Geschäftsführer des Flugzeugherstellers ernannt.[4] Zu den milliardenschweren Geschäften von EADS unter Enders gehörten u. a. Rüstungsgeschäfte, darunter Grenzsicherungsanlagen, mit Saudi-Arabien.[5] Ende Januar 2012 gab der Verwaltungsrat von EADS seine Zustimmung, dass Enders 2012 den Franzosen Louis Gallois als Chief Executive Officer (CEO) des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns ablöst.[6] Er übernahm das Amt von Gallois zum 1. Juni 2012.[7] 1984, 2005 und von 2009 bis 2015 war Enders Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz. Von Mitte 2005 bis zum 30. Juni 2009 war er Vorsitzender der Atlantik-Brücke e. V.[8] Enders war Mitglied der CSU (Ortsverband Tegernsee). Im März 2011 trat er aus der Partei aus, was er mit der Politik der Koalition im Bund zu Libyen sowie dem Atom-Moratorium begründete.[9]
[ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Thomas_Enders]
Bei diesem speziellen Nachrichtenbeitrag ist das noch eher unbedeutend, er hat mir nur als Fallbeispiel gedient, weil es mir mal wieder aufgefallen ist.
Aber es fällt mir immer wieder auf, dass beispielsweise in der Tagesschau interviewte Experten, bei denen kaum mehr als der Name und der Status Experte angegeben wird, offensichtlich nicht neutral sind oder sogar zu Lobbyverbindungen gehören.
Häufig arbeiten sie in Think Tanks. Und Think Tanks haben meist eine selbst angegebene politische oder wirtschaftliche Ausrichtung und Zielsetzung, meist im wirtschaftsliberalen Spektrum und sind häufig gefährlich nah an der Industrielobby.
Es regt mich persönlich sehr auf, dass eigentlich neutrale Nachrichtensendungen, die ordentlichen Journalismus betreiben sollen, sehr oft Experten dieser Art zu Rate zu ziehen scheinen.
Warum kann man sich nicht einfach wenigstens ansatzweise neutraler Experten, beispielsweise von öffentlichen Universitäten, ohne Wirtschaftsinteressen dahinter, bedienen?
PS: Passend dazu habe ich folgenden Artikel gefunden https://www.sueddeutsche.de/medien/think-tank-tagesschau-heute-journal-experten-problematisch-ard-zdf-1.6038630?reduced=true
5 Antworten
Nicht so schnell mit den jungen Pferden!
Der von Dir genannte Experte kann in diesem Kontext befragt werden, wenn das journalistisch vorher sauber geprüft wurde. Im Besonderen schreibt Christian Mölling auch für Medien, die nicht im Verdacht stehen, nur einzig einer politischen Meinung Vorschub zu leisten.
Aus den von Dir zitierten Querverbindungen geht hervor, dass auch immer wieder das Große und Ganze zu betrachten ist, aber nicht, dass das von den Redaktion nicht auch getan wurde. Im Besonderen können die zurückliegenden und nicht nachwirkenden Verfehlungen anderer im gleichen Institut nicht auch automatisch anderen des Instituts zugeschrieben werden.
Genau das wäre unsauberer Journalismus.
Davon wiederum sauber zu trennen ist, ob es um eine Nachrichtensendung oder schon wieder um eine Unterhaltungssendung mit teilweisen Nachrichtenwert, vulgo: Talkshow, handelt. Eine Talkshow ist vorallem eins: Eine Schau. Und entbehrt daher ggf. auch einem echten Nachrichtenwert. In einer Schau wird gezeigt, was beim Publikum ankommt.
Darüber hinaus muss für jeden, der eine Aussage trifft, immer (journalistisch) geprüft werden, auf welchen Hintergrund die Aussage getroffen wird. Wissenschaft ist nur in ihrer Gesamtheit neutral, einzelne Wissenschaftler äußern sich entsprechend ihrer "Schule", erst im Austausch mit anderen Wissenschaftlern wird da auch ein wissenschaftliches Ergebnis draus.
Und das habe ich ganz konkret zwischen Forschungsgruppen der Physik, also eigentlich ja eine knall hart messende Wissenschaft, erlebt.
Merke: Nur weil "Universität" drauf steht, ist keine politische Neutralität gewährleistet. Vielmehr wäre hier genauso, wie bei Think-Tanks immer der Hintergrund zu prüfen. Ganze egal, ob sich der Think-Tank autonom und neutral nennt oder nicht.
Zum einen drängen sich manche Experten gerne rein und zum anderen können sie sich mit steilen Thesen auch oft noch gut verkaufen als gemäßigtere Fachleute.
Wie aussagefähig der ungeschütze Begriff Experte ist, ist doch seit ewigkeiten bekannt und trotzdem wird das Mittel des Experten immer wieder aufgegriffen.
Die Leute wollen das so. Die Experten, die Journalisten, die Zuschauer/Leser.
Das machen die Öffis gerne so.
Im Blog von Henning Rosenbusch kannst du nachlesen, wie oft bei öffentlichen Veranstaltungen und Demonstrationen rein "zufällig" Leute interviewt werden, die irgendein Pöstchen bei einer Partei inne haben - dann aber nicht als diese vorgestellt werden, sondern als zufällig ausgewählte Person.
Man nimmt, scheint's mir, denn doch lieber Leute, deren Antworten man sich vor der Frage schon denken kann. 😁
Schwierig einzuschätzen.
Im Fußball sieht man ähnliche Kritik, dass nur Gäste eingeladen werden, welche einem Großklub nahe stehen. Die "wahren" Experten kommen laut Fans aber nicht zu Wort. Vermutlich ist es die Mischung aus Insiderwissen, Expertise und Kontakten dieser Menschen, dass sie diese Gigs bekommen. Ein Fußballpodcaster oder in deinem Fall ein Uniprofessor haben zwar mehr Wissen zu dem Thema, aber nicht die Kontakte.
Finde deine Frage aber berechtigt. Nach welchen Methoden werden Gäste ausgewählt. Da wünsche ich mir allgemein mehr Transparenz der Medienunternehmen.
Es würde Zuviel Gegenwind geben, welche die gewünschte Darstellung in Frage stellen könnte.
Es gibt eine Schublade, als Verschwörungstheorien benannt und eingeordnet werden, wer das alles ist, darüber gibt es keine Zweifel, es sind diese Leute die nicht euphorisch mitgehen, sondern hinterfragen.
Einer davon ist sogar der General Kujat, an dem man rummäkelt.
https://www.youtube.com/watch?v=36OH4V97154
Diese ausgesprochene Wahrheit, kommt nun gar nicht gut an.
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/thema/verschwoerungstheorien