Merkt man wirklich an einem auf Deutsch geschriebenen Text, dass man eigentlich in einer anderen Sprache denkt?

Ich kann nicht genau sagen, behaupte aber mal: An meinem geschriebenen Deutsch merkt man nicht, dass es nicht meine Muttersprache ist. Klar kann es sein, dass mir ab und zu Fehler unterlaufen, aber ich denke, nicht wirklich mehr als einem Biodeutschen.

Aber mir haben schon zwei Menschen unabhängig voneinander gesagt, an meinem geschriebenen Deutsch merke man, dass ich in meiner Muttersprache dächte und die Sätze aus meiner Muttersprache im Kopf ins Deutsche übersetzen würde. Angeblich merke man das an Satzbau und Ausdrucksweise.

Ich merke so etwas nicht und für mich klingt mein geschriebenes Deutsch normal!

Stimmt es? Echt, würde ein deutscher Muttersprachler an einem geschriebenen Text, der größtenteils ohne Rechtschreibfehler ist, merken dass man eigentlich in seiner Muttersprache denkt?

Als mir das jemand geschrieben hat, habe ich es nicht ernst genommen und schnell vergessen, aber als eine zweite Person unabhängig von der ersten das Gleiche geschrieben hat, frage ich mich seitdem, ob das stimmt.

Merkt man das echt? Oder haben beide Personen das einfach gesagt, um mich auszugrenzen?

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Könnt ihr diese Argumentation (warum es legitim ist, Schweizerdeutsch als Sprache zu bezeichnen) bewerten?

Die Argumentation besteht aus drei Argumenten. Gibt mir bitte Feedback.

Linguistisch gesehen kann man Dialekt und Sprache nicht Unterscheiden.
Natürlich ist allen klar, dass Sprache immer umfassender ist als Dialekt, aber wo genau die Grenze liegt ist undefiniert. In China werden können die unterschiedlichen Dialekte sich schlechter verstehen als wir Niederländisch. Serben behaupten Serbisch zu sprechen und Kroaten behaupten Kroatisch zu sprechen, obwohl beides fast genau gleich ist. Luxemburgisch ist linguistisch gesehen näher am Hochdeutschen als Schweizerdeutsch. Trotzdem wird das eine als eigene Sprache betrachtet und das andere als Dialekt. Es folgt: Der Unterschied zwischen Sprache und Dialekt ist vielmehr politisch und gesellschaftlich abhängig als linguistisch.

Schriftsprache ist definierend.
Als Gegenargument könnte man den Fakt nehmen, dass (weil gesprochene Sprache so frei ist) man eher geschrieben Sprache betrachten sollte. Da auch in der Schweiz offizielle Schriftstücke, in der Schule und formell auf Hochdeutsch geschrieben wird, es als "unsere Sprache" gilt.

Wir finden es ist so, also ist es so
Der letzte Punkt ist, dass es sich für uns einfach nicht wie unsere eigene Sprache anfühlt. Ich hab' noch nie einen Deutschen gehört, der auf die Frage "Was ist deine Muttersprache" mit "Bayrisch" oder "Berliner Dialekt" geantwortet hat. Allerdings gibt es viele in der Schweiz, die ohne zu zögern "Schweizerdeutsch" sagen würden. Zudem gibt es viele die Hochdeutsch als Fremdsprache bezeichnen, da wir Grammatikregeln, Vokabular, Konjugationsregeln und so lernen müssen.

Ich glaube auch, dass in eueren Regionen nicht annähernd so viel Dialekt benutzt wird. Bei uns :

  • Mündlich: immer. Ausser mit Leuten die's nicht verstehen und mit deinem Lehrer.
  • Geschrieben: SMS, teils Werbung...
  • Medien: Teils sogar in Nachrichten. Viel Werbung wird auch übersetzt.

Da es linguistisch nicht definiert werden kann, sollte doch jede Sprache für sich entscheiden können. Und da es kann doch nicht sein, dass wenn dich jemand fragen würde, was den "Butter" in deiner Muttersprache heisst, du das Wort "Butter" sagen müsstest, obwohl du es nie benutzt. Wenn ich ja Deutsch spreche, wieso ist dann "Anken" (= Butter), was ich sage, kein Deutsch? Wieso sind auch die alltäglichsten Wörter falsch:

  • leuge Schauen
  • I wot Ich will
  • ufe/obsi rauf
  • abbe/nidsi runter
  • möge schaffen (im Sinne von "ich schaff das")
  • schaffe arbeiten
  • d'Frau, wo die Frau, die
  • poste einkaufen

Wieso fühlt sich meine "Muttersprache" wie eine völlig fremde Sprache an, wenn ich sie spreche?

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