Warum werden Wörter als Dialekt bezeichnet, die eigentlich gar keine sind?

Warum werden immer wieder Wörter als Dialekt bezeichnet, nur weil sie nur in bestimmten Regionen verwendet werden? Deutsch ist doch eine plurizentrische Sprache und das eine Deutsch gibt es doch gar nicht?

Wo bitte sieht Erdapfel wie ein Dialektwort aus? Es ist ein ganz normales deutsches Wort. Erdapfe wäre Dialekt, denn im Standarddeutschen heißt es schließlich Apfel und nicht Apfe.

Liegt das am Duden, dass man es immer denkt, weil die bei manchen Wörtern schweizerisch, österreichisch, landschaftlich hinschreiben?
Der Duden macht doch gar keine Regeln und wenn ein Wort nur in Österreich vorkommt, dann schreiben die dort natürlich Österreichisch hin, was aber nicht bedeutet, dass es nur im Dialekt Bairisch vorkommt. Dann könnten die ja alle bairischen Wörter aufnehmen, was der Duden aber niemals machen würde.
Der Duden ist kein Beweis dafür, was zur Standardsprache gehört, egal was die dahin schreiben. Mehrere gleichbedeutenden Wörter können Teil der deutsche Sprache sein, maschallah! (Laut Duden ist maschallah ein Teil der deutschen Sprache)

Es gibt zwar gemeindeutsche Wörter, die jedes deutschsprachige Land kennt und man eher bevorzugen sollte, damit einem auch jeder versteht, aber manchmal gibt es so ein Wort nicht mal. Wir könnten dann ja nie 100% Standarddeutsch schreiben, weil das gar nicht möglich ist.
Was ist eigentlich das gemeindeutsche Wort von Stutenkerl? ein Hefegebäckmann? oder ein Hefeteigmann? Der Wikipedia-Artikel heißt Stutenkerl, wo ich aber nicht glaube, das jeder weiß, was ein Stutenkerl ist. Also eine Freundin aus Österreich wusste das nicht und musste lachen. (Sie sagt Krampus) Und bei meinen zwei Vorschlägen, wüsste ich nicht, dass man einen Stutenkerl meint.

Manchmal ist man sich aber auch gar nicht einig, was jetzt das gemeindeutsche Wort ist. Die einen sagen, es wäre die Möhre, die anderen sagen, es wäre die Karotte.
Ist jetzt der Sonnabend plötzlich ein Dialektwort, weil es gibt ja Samstag? Vor 2000 wurde das sogar in der Tageschau gesagt, die ein perfekteres Hochdeutsch lernen als wir im Alltag sprechen.
Und warum ist Schlappen oder Schlapfen (Österreich hat wohl die zweite hochdeutsche Lautverschiebung mehr durchgeführt) Umgangssprache? Mir hat noch nie jemand gesagt, dass ich Schlappen in offizielleren Texten nicht verwenden sollte, nicht mal in der Schule. .
Schlappen kommen sogar aus dem Mittelhochdeutschen und Pantoffeln sind Französisch. Ein richtiges Wort aus Deutschland, was in fast ganz Deutschland benutzt wird, ist nur Umgangssprache?

Mir fällt das oft im Deutschen auf. Im Englischen höre ich hier in Deutschland selten, dass soccer Dialekt sei und football Standard, dass movie Dialekt sei und film Standard, dass cookie Dialekt sei und biscuit Standard. (Allerdings sagen die Briten oft, dass ihr Englisch das einzige "richtige" Englisch ist. Also wie in Deutschland, alle sprechen/schreiben falsch, nur man selbst nicht :D)

Bei Erdapfel steht sogar beim Duden: "Dieses Wort gehört zum Wortschatz des Goethe-Zertifikats B1"
Ein Dialektwort beim Goethe-Zertifikat. Interessant. 🤔

Bestimmt überhaupt jemand, was für ein Wort zur Standardsprache gehört? Der Rat für Deutsche Rechtschreibung macht das so viel ich weiß nicht. Der sagt eigentlich nur, dass du nicht Eadapfl schreiben solltest, sondern Erdapfel. (Aber weil das ja angeblich kein standarddeutsches Wort ist, darf man es ja eh so schreiben, wie man will, Bairisch ist ja nicht standardisiert.^^)
Aber selbst, wenn das jemand bestimmt, ist doch nicht gleich jedes Wort ein Dialektwort? Dann eher auch mal Umgangssprache, wo ich mich aber frage, woran man das überhaupt fest macht. Schlappen ist für mich Standard, Diggi.

Ich nehme übrigens Menschen gerne mal auf die Schüppe, nicht auf die Schaufel, denn auf die Schaufel nehmen nur die Österreicher.
In Deutschland sagen eigentlich mehr Menschen Schaufel (es gibt in Deutschland Schaufel, Schippe und Schüppe), aber bei der Redewendung jemanden auf die Schippe nehmen sagt das fast ganz Deutschland so (vereinzelte halt auch mal auf die Schüppe nehmen), auch die, die in Deutschland eigentlich Schaufel sagen und eigentlich gar nicht Schippe verwenden, krass oder? Österreich ändert da nicht plötzlich ihr Wort für das Werkzeug. 😉

Zu guter Letzt sei gesagt: Egal, was für ein Wort du in deiner Standardsprache verwendest, es ist berechtigt Teil der deutschen Sprache zu sein.
Außer du bist ein Rumäniendeutscher und nennst Pfannkuchen einfach Kleetitten, die haben doch was geraucht! 😜
Kennt ihr eigentlich das Kletitten-Festival? xD


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Dialekt, Germanistik, Mundart, Rechtschreibung, Wort, Wortschatz
Ungewöhnliche „Grenzen“ aller Art

Bis 1989 teilte der Eiserne Vorhang Deutschland und Europa in zwei Teile. Zwischen den Niederlanden und Belgien gibt es einen bunten Flickenteppich, manche Gebäude sind selbst „geteilt“. Die Krim gilt quasi nur für Russland als russisches Territorium, völkerrechtlich zählt sie zur Ukraine. Die neue Grenze sorgte vor dem Waffengang 2022 schon für Zoff. Die vollständig belgische Vennbahn verläuft teilweise durch Deutschland. Nord- und Südkorea sind ein absoluter Sonderfall als Relikt aus dem Kalten Krieg, und in Deutschland hat der Discounter „Aldi“ nach einem Überwürfnis der Gründerbrüder Albrecht die Kette in „Aldi“ und „Aldi Süd“ aufgeteilt. Die Sprachgrenzen (Isoglossen) „dat“–„das“, „maken“–„machen“, „ik“–„ich“ uvm. zeugen von der Besiedlung Deutschlands in der Zeit der Völkerwanderung, die zwischen Katholiken und Protestanten wiederum von Reformation und Gegenreformation.

Konfessions-, Discounter-, Sprach-, alte Stammes- und neue Staatsgrenzen, außergewöhnlich oder sogar lustig: welche kennt ihr?

Lustiges Beispiel ist der „Aldiäquator“: Gummersbach und Siegen haben von beiden Ketten Filialen.

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