Sag mir, wo die Kinder sind - wo sind sie geblieben? Es gibt keine spielenden Kinder mehr, weder bei schönem Wetter im Frühjahr, Sommer und Herbst, noch im Winter.
Um, wie seit Menschengedenken vor ihnen, draußen an der frischen Luft zu spielen, wie wir das früher auch alle getan haben, hocken die Kinder heutzutage stattdessen nur noch tagtäglich stundenlang in ihrem stickigen Kabuff, oft bei heruntergelassenen Rollos, vor ihren Smartphones. Das ist die heutige Kindheit und Jugend, ab dem Zeitpunkt, ab dem sie laufen können. Hoffiert von ihren Eltern.
"Das Gegenteil von Spielen ist nicht Arbeit, sondern eine Depression", sagt Stuart Brown, Psychiater und Spielforscher. Im vergangenen Jahr fanden Wissenschaftler heraus, dass der Spieltrieb seinen Ursprung im Stammhirn, genau im periaquäduk-talen Grau, auch "zentrales Höhlengrau", hat. Man kann einer Ratte die gesamte Großhirnrinde entfernen, sie spielt trotzdem. Einige Tierarten spielen allerdings auch im adulten Stadium weiter: Wölfe, Krähen, Delfine, Affen und andere Primaten, und auch wir Menschen.
Zweckfreies Spielen dürfte in der Evolution des Menschen, unserer Entwicklungsge-schichte, zu den meisten unserer besten Erfindungen geführt haben. Die Forschung ist sich mittlerweile einig, dass die meisten großen Erfindungen, Kunstwerke und wissen-schaftlichen Durchbrüche im Bedürfnis des Menschen zur Spielerei liegen. Bei der Befragung von Nobelpreisträgern fiel auf, dass die meisten von ihnen Arbeit und Spiel nicht trennten. Ihre Labore waren ihre Spielplätze.
Es gibt keine spielenden Kinder mehr. Der Beginn einer neuen Art Mensch - des Homo Digitalis?
Macht die digitale Revolution den Homo sapiens irgendwann zum Homo Digitalis?
(Siehe dazu nationalgeografic.de: Die schöpferische Kraft des Spiels: Kunst, Erfindungen und Soziales Miteinander und ardmediathek.de: Homo Digitalis)