Machen euch die Pro-Palästina-Demos auch Angst?

Versteht mich bitte nicht falsch, jeder hat das Recht offen seine Meinung auszusprechen und Solidaritätsbekundungen gerade mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen finde ich definitiv nicht verkehrt!

Aber ich war am Samstagnachmittag in Berlin am Potsdamer Platz unterwegs und bin zufällig auf die große Pro-Palästina-Demo gestoßen. Und ganz ehrlich, ich habe riesige Angst bekommen.

Klar, da waren auch Familien unterwegs und ein riesiges Polizeiaufgebot stand für alle Fälle bereit. Laut Medienberichten hinterher soll es auch "mehrheitlich friedlich" gewesen sein (kann ich nichts zu sagen, ich war nur am Rande des Demozugs unterwegs). Aber ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben bei einer Demo so eine Panik bekommen. Lag vermutlich daran, dass sie unglaublich laut war und extrem wütend klang. Außerdem habe ich kein Wort von dem verstanden, was da gebrüllt wurde. Nur lautes, zorniges Geschrei tausender Menschen. Und ich habe schleunigst das Weite gesucht.

Ist das normal? Hattet ihr das auch mal?

Ich muss auch dazu sagen, dass mir solche Demos nicht nur Angst machen, wenn ich direkt daneben stehe. Sondern auch generell im Hinblick darauf, wie das gesellschaftliche Klima hierzulande immer aggressiver und immer radikaler wird. Rechts, Links, Muslimisch, völlig egal. Alles ist nur noch laut und angsteinflößend. Zumindest für mich. Obwohl ich keine Jüdin bin. Da will ich mir gar nicht erst ausmalen, wie groß die Angst bei den Juden in Deutschland gerade sein muss.

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Hat unser heutiger Blick auf die Geschichte auch etwas damit zu tun, wie wir das politische Geschehen bewerten?

Viele Geschichtsbücher sind heute vom Postkolonialismus geprägt. Der Westen wird als eine imperialistische Größe geschildert, die andere Völker unterdrückt hat, da man in einem Eurozentrismus gelebt hat. Viele westliche Denker werden längst danach bewertet, ob sie etwas gesagt haben, das nach heutigen Maßstäben nicht politisch korrekt ist.

Ist es bei all dieser Kritik am Westen, bei all dieser Betonung der Neutralität nicht eigentlich nur natürlich, dass viele Menschen heute nicht westliche Positionen vertreten?

In einem großen Streit wurde früher in Deutschland diskutiert, ob man den Holocaust ganz neutral darstellen könne oder ob der Holocaust etwas Einmaliges ist, dass immer auch negativ bewertet werden muss, wie Habermas meinte.

Viele Historiker beschreiben Geschichte heute jedoch wie ein bloßes Aufzählen trockener Fakten ohne jegliche moralische Bewertung, alles scheint relativ und sogar Spekulationen über Alternative Geschichtsverläufe werden populärer. Heute habe ich ein Buch über die Kreuzzüge gesehen, das versprochen hat, alle Seiten gleichberechtigt und neutral zu beleuchten. Die unbedingte Neutralität, das Leugnen von Gut und Böse, ein Mantra der Postmoderne.

In meinen Augen ist das ein Fehler, der dazu führt, dass viele Menschen heute beim Ukraine-Krieg und beim Nahost-Konflikt eine unbedingte Neutralität fordern und sich mit westlichen Idealen nicht mehr identifizieren können.

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