Wie geht man in der Schweiz vor, wenn man zu einem Arzt muss? Gibt es erschwingliche Krankenversicherungsmodelle, die nicht komplett dämlich sind?
Aus irgendeinem Grund werden auf Lases in letzter Zeit vermehrt Schweizer Krankenversicherungen diskutiert. Da ich möglicherweise für ein paar Jahre in die Schweiz auswandern werde, falls ich nicht direkt in die USA auswandern kann, ist dieses Thema für mich auch relevant. Leider verstehe ich das Konzept aber noch nicht ganz, da es sich stark von der GKV in Deutschland unterscheidet.
Ich habe vor kurzem eine Frage über den Selbstbehalt gestellt und habe erfahren, dass man bis zu einem bestimmten Betrag pro Jahr (zwischen 300 und 2500 Franken) alle Arztkosten selbst bezahlen muss. Erst dann übernimmt die Versicherung 90% der Kosten. Die restlichen 10% muss man selbst bezahlen bis maximal 700 Franken, ab dann bezahlt die Versicherung 100%. So weit so gut.
Jetzt gibt es aber anscheinend auch noch verschiedene Modelle (z.B. Hausarzt oder Telemedizin), die die Vorgehensweise bei einem Arztbesuch vorschreiben. Wenn man sich nicht an die Vorgaben hält, bezahlt die Versicherung nichts.
Beim Hausarztmodell muss man einen Hausarzt auswählen und darf dann nur zu diesem gehen. Sogar wenn man einen spezialisierten Arzt braucht, muss man zuerst zum Hausarzt, obwohl dieser nicht helfen kann. Nur wenn man vom Hausarzt zu einem Spezialisten geschickt wird, kommt die Krankenversicherung für die Kosten auf. Dieses Modell finde ich sehr dumm, weil die unnötigen Hausarztbesuche Zeit und Geld kosten. Wenn die Hausarztpraxis geschlossen oder das Wartezimmer überfüllt ist, hat man Pech gehabt. In Notfällen darf man aber immerhin direkt in die Notaufnahme und muss nicht verbluten, während man beim Hausarzt wartet lol. Ich verstehe nicht mal, welchen Vorteil die Versicherung von diesem Modell hat. Nachdem man seinen jährlichen Selbstbehalt erreicht hat, muss sie diese unnötigen Arztkosten nämlich bezahlen.
Als Alternative zum Hausarztmodell gibt es das Telemedizinmodell. Das ist meistens ein wenig billiger und man braucht keinen Hausarzt. Statt einen Hausarzt zu besuchen, muss man bei diesem Modell ein Callcenter der Versicherung anrufen. Manche Dinge wie eine Krankschreibung ausstellen oder Medikamente verschreiben können so direkt am Telefon erledigt werden, ohne dass man das Haus verlassen muss. Das klingt ja erst mal praktisch, aber wenn ich das richtig verstanden habe, bezahlt man für dieses Telefongespräch genau wie für einen Arztbesuch? Da zahlt man für ein 15 Minuten Telefongespräch ja mehr als für die gleiche Zeit im Puff lol. Und wenn man weiß, dass man ein Problem hat, das nicht telefonisch gelöst werden kann, muss man trotzdem anrufen und darf erst dann einen Arzt aufsuchen. Ich finde dieses Modell noch dümmer als das Hausarztmodell, weil man damit sogar für einen Besuch bei einem Allgemeinmediziner doppelt bezahlen muss?
Es gibt auch kombinierte Modelle, bei denen man jedes Mal zwischen Hausarzt und Telemedizin unterscheiden kann. Solche Modelle finde ich etwas weniger dumm als ein reines Hausarzt oder Telemedizinmodell, aber immer noch ziemlich dumm, weil man in vielen Fällen noch unnötigerweise doppelt bezahlen muss.
Krankenversicherungsmodelle, bei denen man immer frei aus einer Liste der verfügbaren Ärzte wählen darf, existieren zwar, sind aber deutlich teurer.
Bei der Assura Versicherung habe ich ein sehr komisches Modell gefunden, das aber billiger als jede andere Versicherung ist. Ich verstehe das Modell überhaupt nicht, also lass ich einfach den Link da. Das soll natürlich keine Werbung sein, aber vielleicht kennt jemand dieses Modell und kann es erklären? Muss man bei jedem Arztbesuch diese 5 Schritte befolgen? Also
- zuerst wie bei einem kombinierten Modell einen Hausarzt aufsuchen oder das Callcenter anrufen (1. Mal bezahlen)
- eine Überweisung an einen noch nicht näher genannten Spezialisten erhalten
- ein anderes Callcenter anrufen (2. Mal bezahlen)
- 2 Tage warten, bis man von der Versicherung eine Auswahl von 3 geeigneten Ärzten erhält
- bei einem davon einen Termin vereinbaren (3. Mal bezahlen)
Sag mal haben die Lack gesoffen? Wie können die denn bitte erwarten, dass man so einen beschissenen und unnötig teuren Prozess durchläuft, wenn man krank ist? Alle anderen Modelle sind dumm, aber dieses ist doch völlig gehirnamputiert?
Ok, vielleicht habe ich auch einfach etwas falsch interpretiert. Falls ihr in der Schweiz krankenversichert seid, würde mich interessieren, welches Modell eurer Meinung nach am sinnvollsten ist.
Mit meinem aktuellen Kenntnisstand wäre meine Vorgehensweise wie folgt: Ich bin gesund und gehe nie zum Arzt, also schließe ich die billigste Versicherung mit 2500 Franken Franchise ab. Um für unerwartete Krankheitsfälle vorbereitet zu sein, halte ich 3200 Franken liquide, die ich für nichts anfasse, außer einen möglichen Selbstbehalt. Falls ich mal wegen einer Kleinigkeit zum Arzt muss (z.B. Krankschreibung), mache ich das als Selbstzahlerin. In schlimmen Fällen gehe ich mit meinen 3200 Franken all in und muss mich nicht über diese dummen Versicherungsmodelle ärgern. Ergibt das Sinn? Machen das viele Schweizer so?