Meinung des Tages: Klimaaktivisten in Präventivhaft - richtig oder unverhältnismäßig?

Bereits seit vielen Wochen trägt die Letzte Generation ihren Unmut über die aktuelle Klimapolitik des Landes auf die Straßen; häufig auch zum Ärgernis der autofahrenden Bevölkerung. In Bayern wurden kürzlich erneut einige Mitglieder der LG in Präventivhaft genommen. Doch wie verhältnismäßig sind derartige Maßnahmen?

Die Letzte Generation - klimapolitischer Mahner & polarisierendes Hassobjekt

Nachrichten um Mitglieder und Aktionen der Letzten Generation sind aus der täglichen medialen Berichterstattung kaum noch wegzudenken. Egal, ob Protestaktionen, in denen sich Mitglieder der LG auf Straßen kleben und somit den Verkehr in Innenstädten zum Erliegen bringen bis hin zu größeren Aktionen an Flughäfen - die Letzte Generation weiß zu polarisieren. Hierbei gehen die Meinungen zum Vorgehen der Protestgruppe innerhalb der Menschen hierzulande häufig weit auseinander: Während manche die Proteste in ihrer Drastik durchaus befürworten, denken andere hingegen, dass die Ziele der Protestler durchaus lobenswert, die Aktionen jedoch völlig übertrieben seien. Auf der anderen Seite gibt es allerdings in Deutschland sehr viele (autofahrende) Menschen, die inzwischen regelrechten Hass auf die Bewegung sowie deren Vertreter entwickelt haben. Beleidigungen und tätliche Übergriffe auf Protestierende gehören mittlerweile leider ebenfalls zum festen Bestandteil einer jeden Demonstration.

Da die Aktionen den Straßenverkehr in Großstädten häufig über mehrere Stunden lahmlegen und vielen Mitgliedern der Bewegung kriminelle, terrorismusähnliche Strukturen und Handlungen vorgeworfen werden, wird in Bayern seit mehreren Wochen auf das Instrument der Präventivhaft zurückgegriffen.

Was ist die Präventivhaft?

Die bayerische Landeshauptstadt München hat sich in den letzten Monaten Stück für Stück zu einer Art Hochburg der Klimaproteste entwickelt. So war es nicht verwunderlich, dass auch angesichts der vom 05. bis zum 10. September stattgefundenen IAA mit massiven Protesten zu rechnen war. Im Zuge der IAA waren in München ca. 4500 Polizisten aus ganz Deutschland im Einsatz, um Störaktionen zu verhindern. Doch einige Mitglieder der Gruppierung wie beispielsweise Lukas K. hatten schlichtweg keine Möglichkeit, überhaupt an den Protesten teilzunehmen. Der Grund: Der 21-jährige Student saß seit dem 01. September in der JVA in Präventivhaft.

Nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) kann ein Präventivgewahrsam über zwei Mal einen Monat ohne etwaige Verurteilung verhängt werden. Interessanterweise ist dieses Instrument primär für die Terrorismusbekämpfung in Bayern vorgesehen. De facto können so Mitglieder der LG präventiv festgesetzt werden, um deren Teilhabe an groß angelegten Klimaprotesten zu verhindern. Im Vorfeld der IAA saßen knapp 30 Mitglieder der Letzten Generation in Präventivhaft. Doch die Maßnahme ist in vielerlei Hinsicht umstritten.

Kritische Stimmen zum Vorgehen der bayerischen Polizei

Bereits 2018 hatten der Bund für Geistesfreiheit München sowie der Bund für Geistesfreiheit Bayern Klage gegen die umstrittene Maßnahme eingereicht. Der Grund hierfür lag u.a. im vielseitig interpretierbaren Begriff der "drohenden Gefahr", die für mögliche polizeiliche Maßnahmen ausreichen würde. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat im Juni dieses Jahres eine Klage gegen das PAG abgewiesen und vermerkt, dass die nicht hinreichende Darlegung eventueller Grundrechtsverletzungen unzulässig seien. Kritische Stimmen hierzu kommen auch vom Jura-Professoren Markus Krajewski der Universität Nürnberg-Erlangen, der 30 Tage Präventivgewahrsam als unverhältnismäßig und verfassungswidrig erachtet. Dieser kritisiert ferner, dass das überspitzte Vorgehen gegen Menschen, die friedlich für verfassungsrechtlich gebotenen Klimaschutz protestieren würden, in keinster Weise mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung in Einklang zu bringen sei.

Unsere Fragen an Euch: Wie bewertet Ihr das Vorgehen der bayerischen Polizei? Ist eine Präventivhaft für Mitglieder der LG verhältnismäßig? Wie bewertet Ihr die Tatsache, dass es sich um ein Instrument zur Terrorismusbekämpfung handelt und bei Klimaprotestierenden zum Einsatz kommt?

Wir freuen uns auf Eure Antworten

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

P.S.: Wir wissen, dass die Letzte Generation polarisiert. Wir bitten Euch dennoch, sachlich, konstruktiv und respektvoll miteinander zu diskutieren.

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-iaa-klimaprotest-praeventivhaft-letzte-generation-1.6207009

https://www.merkur.de/lokales/muenchen/muenchen-in-praeventivhaft-er-sorgte-bereits-bundesweit-fuer-schlagzeilen-student-nach-klima-aktion-in-jva-92506578.html

Ich finde die Präventivhaft angebracht, weil... 47%
Ich finde die Präventivhaft falsch, da... 41%
Andere Meinung und zwar... 12%
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Meinung des Tages: Weg vom Auto, hin zur Bahn? Was muss passieren, um das Reisen mit dem ÖPNV/das Bahnfahren attraktiver zu machen?

Ein Zug, der über eine Stunde Verspätung hat oder sogar gänzlich entfällt – so gut wie jeder, der regelmäßig Bahn fährt, kennt dieses Szenario. Auch komplette Sperrungen, die mit einem mäßig funktionierenden SEV umgangen werden sollen, sind in Deutschland täglich ein Ärgernis für viele Pendler.

Zwölf Jahre lang führte die CSU das Verkehrsministerium, nun ist dieser Posten von Volker Wissing (FDP) besetzt. Seine Pläne zur Verbesserung der Bahn-Situation werden jedoch auch skeptisch betrachtet. Eine Kehrtwende möchte er schaffen.

Wissings Pläne für eine Kehrtwende

Dies soll unter anderem durch die Modernisierung des Schienennetzes geschehen. Beispielsweise sollen diejenigen Strecken, die besonders stark befahren werden, zu Hochleistungskorridoren umgebaut werden. Das wiederum bedeutet allerdings, dass diese Strecken komplett gesperrt werden müssen – es wird also eine Großbaustelle nach der anderen an der Tagesordnung sein

Außerdem möchte Wissing ab 2024 eine Infrastrukturgesellschaft einführen. Diese solle die Bahn nicht zerschlagen, sondern innerhalb des Konzerns selbstständig agieren, sodass sowohl der Erhalt als auch der Ausbau der Infrastruktur künftig unter einer Perspektive erfolgen, die primär gemeinwohlorientiert ist.

Zweifel an der Umsetzbarkeit

Skepsis bezüglich Wissings Pläne gibt es aus den Reihen der Grünen. Sie fordern wesentlich höhere Investitionen in die Bahn. Ursprünglich einigte sich die Ampelkoalition darauf, dass der Großteil der Zusatzeinnahmen aus der höheren Lkw-Maut in die Bahn investiert werden sollte. Laut Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) könnte es sich dabei um bis zu sieben Milliarden Euro pro Jahr handeln. Allerdings ist diese Zahl bis dato nicht im Haushalt zu finden.

Auch Dirk Flege von der „Allianz pro Schiene“ ist skeptisch. Laut ihm würden sich besagte Großbaustellen auf das gesamte Schienennetz auswirken. Dies würde zu einer zeitweisen Verschlechterung der Situation führen. Einen besseren Vorschlag allerdings gibt es aktuell nicht.

Folgt man den Schätzungen der Bahnbranche, so gibt es mittlerweile einen Investitionsstau von 90 Milliarden Euro. Dirk Flege (Allianz pro Schiene) erklärt, dass diese unter anderem für die Reaktivierung stillgelegter Strecken, aber auch für die Digitalisierung des Schienenverkehrs und die Elektrifizierung des Netzes benötigt würden.

Unsere Fragen an Euch: Wie empfindet ihr die Bahn-Situation in Deutschland, auch im Vergleich zu anderen Ländern? Was hätte früher umgesetzt werden müssen? Sind Wissings Pläne realistisch oder werden diese zu noch mehr Problemen führen?

Wir freuen uns auf Eure Antworten!

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bahn-verkehrsminister-100.html

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