Warum bezeichnen einige den ÖRR als Staatsfernsehen?
Obwohl das genaue Gegenteil der Fall ist?
Unser Staat gibt lediglich vor, in welchem gesetzlichen Rahmen sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk bewegen darf, nicht jedoch, wie das Programm gestaltet wird.
In anderen Ländern, beispielsweise Nordkorea oder China, gibt es den Staatsfunk. Hier wird nur das berichtet, was die Regierung vorgibt.
Ist es fehlendes Verständnis? Oder behaupten gewisse Menschen so etwas, weil das Berichtete nicht ihrer Meinung entspricht?
Zusatzfrage und Abstimmung: Bezeichnet ihr den ÖRR als "Staatsfernsehen"?
51 Stimmen
9 Antworten
Das einzige, das beim ÖRR vom Staat bestimmt wurde, ist schon lange her: Das ist die Gründung der Sender, die entweder durch Landesgesetz oder durch Staatsverträge zwischen mehreren Ländern und anschließender gesetzlicher Zustimmung der jeweiligen Länderparlamente geschaffen wurden. Sie sind daher vom Staat bewusst als staatsunabhängige Sender geschaffen worden. Das ist durch unser Grundgesetz bzw. die Rechtsprechung des BVerfG so abgesichert.
Ansonsten hat sich der Staat sowohl aus dem Programm als auch aus der Finanzierung herauszuhalten. Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird weitgehend durch eine unabhängige Kommission, die KEF, festgelegt. Sie rechnet unter Beachtung der Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit aus, wieviel der ÖRR an Geldern braucht und errechnet so, wie hoch der Rundfunkbeitrag sein muss. Dem müssen dann die Landesparlamente per Gesetz zustimmen. Tut ein Parlament das nicht, so kann das BVerfG die Zustimmung ersetzen (s. Urteil vom 20.7.2021 mit dem die Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt ersetzt wurde).
Naja, zwar ist der ÖRR kein reines Staatsfernsehen im Sinne eines von der Regierung gesteuerten Apparats, aber man sollte durchaus kritisch hinterfragen wie stark der Einfluss der Politik auf den ÖRR ausfällt.
Der ÖRR wird nicht von der Regierung oder dem Staat geleitet sondern von einem Aufsichtsrat/Medienrat, wie auch immer man es nennen möchte. Die größte Interessensgruppe/Berufsgruppe im Aufsichtsrat des ÖRR sind aber... Politiker! Derzeit sind rund 1/3 der Leute die den Aufsichtsrat des ÖRR (hier z.B. ZDF) stellen aus der Politik.
Bis 2014 waren es sogar noch mehr, eher 40%+ Politiker. Das Bundsverfassungsgericht hat 2014 aber festgestellt dass das nicht mehr mit der Verfassung vereinbar ist und in seinem Urteil eine Obergrenze von maximal (!) 1/3 Politker festgelegt. Dass ausgerechnet etwa 1/3 der Aufsichtsräte Politiker sind ist also kein Zufall, es ist das absolute Maximum das laut Verfassungsgericht noch legal ist.
Ich zitiere mal aus dem Fazit des Berliner Tagesspiegels von 2015 (man könnte aber auch andere Quellen nennen), ein jahr nach dem Urteil des BVerG:
"trotzdem lässt sich feststellen, dass [...] die Politik unverändert die prägende Kraft in den Aufsichtsgremien von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist."
Seit dem hat sich an der Zusammensetzung nichts nennenswert geändert.
Da zu behaupten, der ÖRR wäre völlig losgelöst von politischen Interessen, wäre Augenwischerei. Aber 1/3 sind eben auch nur 1/3, entsprechend ist es auch kein Staatsfernsehen, denn die anderen 2/3 haben ja auch noch was zu melden.
Derzeit sind rund 1/3 der Leute die den Aufsichtsrat des ÖRR (hier z.B. ZDF) stellen aus der Politik.
Und genau deshalb sind ÖR nicht unabhängig von Politik. Und es wären noch mehr als 30%, wenn man dem nicht einen Riegel vorgeschoben hätte...wobei selbst 1% zu viel wären, wenn man sich politisch unabhängig nennen will.
Es gibt die private Sender. Diese Sender sind privatwirtschaftlich organisiert und damit in privater Hand. Die finanzieren sich durch Werbung.
Die Öffentlich rechtlichen Sender sind in staatlicher Hand. Die finanzieren sich von staatlichen Geldern. Vor allem durch die Rundfunkgebühren. Um von den privaten Fernsehsendern zu unterscheiden, werden die oft als Staatsfernsehen bezeichnet. Was aber nicht heißt, dass diese von der aktuellen Regierung kontrolliert wird.
Wenn das nur Almosen sind, warum regt man sich dann über die Rundfunkgebühr auf?
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Arbeitslosenversicherung muss ich auch bezahlen, mache das nicht freiwillig.
Bin aber nicht arbeitslos. Ähnliches gilt für die Krankenversicherung.
Sollen wir jetzt auch das abschaffen?
Diese Versicherungen kann bzw muss man auch langfristig betrachten. Irgendwann wirst du mal krank und dann greift die KV in die du einzahlst. Und Arbeitslosigkeit kann auch jeden treffen. Das ist aber ein Unterschied zu den Almosen, denn wenn du ÖR ablehnst schaust du die auch nicht. Nicht jetzt, nicht später. Außerdem ist ÖR in Form von Youtube, Fernsehen auch nicht so relevant wie deine genannten Versicherungen. Du hast nämlich viele Alternativen.
Der deutsche ÖRR ist per Definition kein Staatsfernsehen (anders als die Deutsche Welle), er ist formal unabhängig. Faktisch ist er aber besonders in der Führungsetage sehr stark mit Politikern, Expolitikern und politiknahen Personen besetzt, sodass sich die Unabhängigkeit durchaus in Grenzen hält. Political Correctness hat beim ÖRR im Allgemeinen einen ziemlich großen Stellenwert.
Der deutsche ÖRR ist kein Staatsfernsehen - aber den Begriff "staatsnahes Fernsehen" muss er sich gefallen lassen.
Warum bezeichnen einige den ÖRR als Staatsfernsehen?
Aus reinem Hass. Weil der ÖRR ihre Narrative nicht bedient: Hass auf Frauen, Ausländer, Homosexuelle, Juden, Moslems etc. Die liberale offene Gesellschaft widert diese Leute an.
Der Öffentliche Rundfunk kritisiert offen die Regierungen der Kommunen, der Länder und des Bundes. Das war bis Anfang der 80er Jahre teilweise anders, als sich Politiker - insbesondere in Bayern - ungestraft in das Programm einmischen konnten, aber die Zeiten sind lange vorbei.
Selbst der einzig echte "Staatssender", die Deutsche Welle, hat öffentlich rechtliche Strukturen und der Intendant Peter Limbourg hat vor einiger Zeit einen kapitalen Bock in China geschossen, wo der eine oder andere Minister auf der Regierungsbank innerlich geschäumt haben dürfte. Konsequenzen gab es keine.
Ich zitiere mal einen User und das ist auch wahr so.
Die größte Interessensgruppe/Berufsgruppe im Aufsichtsrat des ÖRR sind aber... Politiker! Derzeit sind rund 1/3 der Leute die den Aufsichtsrat des ÖRR (hier z.B. ZDF) stellen aus der Politik.
Wie man logisch schließen sollte sind staatliche Einflüsse da.
Politiker sind nicht der Staat. In den Rundfunkräten sitzen auch nach meinem Geschmack zuviele Politiker, aber da sitzen auch Politiker der jeweiligen Opposition.
Sie sind aber Teil des Staats. Und wenn man staatsfern sein will, dann haben die da nichts im Aufsichtsrat zu suchen, auch egal welche Partei. So einfach ist es doch ;) Sonst kann man halt nicht von staatsfern sprechen...das wäre gelogen.
Sie sind aber Teil des Staats
Sie sind zunächst Teil ihrer Parteien. Wenn ein Politiker der AfD im Rundfunkrat sitzt, dann ist dieser garantiert staatsfern.
Politiker sind Teil ihrer Partei, die Partei ist Teil des Staats.
Das musst du mir mal am Beispiel AfD genauer eklären. Wie kann ein Abgeordneter einer Partei, die unseren Staat zerstören will, Teil dieses Staates sein?
Indem er Mitglied einer (bisher) demokratisch gewählten Partei ist, die auch im Bundestag vertreten ist und somit Teil des Staats ist. Ist doch ganz einfach. Was die wollen spielt gar keine Rolle...sie sind und bleiben Teil des Staats.
Eine demokratisch gewählte Partei muss nicht Teil des Staates sein. Die NPD war jahrelang in verschiedenen Parlamenten vertreten. Würdest du die NPD als Teil des Staates bezeichnen?
Die öffentlich-rechtlichen Sender sind natürlich nicht in staatlicher Hand. Rundfunkgebühren sind keine Sraatsgelder.