Meinung des Tages: Was denkt Ihr über die Pläne, die dabei helfen sollen, Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 in Deutschland zu überwinden?
Die Zahl der Wonungslosen in Deutschland wächst kontinuierlich. Ein nationaler Aktionsplan soll allerdings dabei helfen, Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 gänzlich zu überwinden. Was geplant ist und was die Gründe für die steigenden Zahlen sind hier im Überblick:
Aktueller Stand
Circa 50.000 Männer und Frauen leben in Deutschland derzeit schätzungsweise auf der Straße. Mehr als 600.000 sind wohnungslos. Doch Wohnen ist ein Menschenrecht - und auch aus staatlicher Perspektive ist es lukrativer, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, statt Menschen in teuren Wohnheimplätzen unterzubringen.
Gründe für den Verlust der Wohnung
Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb Menschen wohnungs- oder sogar obdachlos werden. Krankheiten, Sucht, Schicksalsschläge, Arbeitslosigkeit, Unfälle - alles mögliche Szenarien, die zu einer Armutsspirale führen können.
Laut Daten der BAG W haben mehr als die Hälfte (57%) der deutschen Wohnungslosen ihre Wohnungen aufgrund einer Kündigung verloren. Auch Miet- und Energieschulden sind mit über einem Fünftel (21%) ein häufiger Grund, dicht gefolgt von Konflikten im Wohnumfeld (20%). Auch Trennungen oder Scheidungen sind mit 16% Auslöser.
Bei nicht-deutschen Wohnungslosen sieht es etwas anders aus: Viele von ihnen hatten noch nie eine Wohnung in Deutschland und sind aufgrund von Flucht dort.
Dass das Leben immer teurer wird, hat spätestens durch die Inflation des vergangenen Jahres vermutlich beinahe jeder gemerkt - ein Grund, weshalb die Zahl der Wohnungslosen steigt. Bezahlbarer Wohnraum ist in vielen Teilen Deutschlands rares Gut. Auch sprechen Vermieter immer häufiger Kündigungen aus, sodass die Wohnungen, die teils langzeit vermietet waren, zu höheren Preisen neu vermietet werden können.
Auch ist der soziale Wohnungsbau - milde formuliert, wie es auch Sozialmediziner Gerhard Trabert anmerkt, vernachlässigt worden. Zudem verstärken Indexmieten und Untervermietung zu Tourismuszwecken die Problematik - allerdings sind auch Leerstand und Immobilienspekulationen wichtige Faktoren.
Nicht zu vergessen ist der ewige Teufelskreis, geprägt durch Diskriminierung: Für Wohnungslose ist es häufig wesentlich schwieriger als für andere, bei der Auswahl für eine bezahlbare Wohnung überhaupt berücksichtigt zu werden.
Welche Hilfen für Obdachlose geplant sind
Die Bundesregierung hat einen "nationalen Aktionsplan zur Überwindung der Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030" ausgerufen. Darin ist festgehalten, dass etwa das Angebot für bezahlbaren Wohnraum gesteigert werden soll - von 2022 bis 2026 stellt der Bund den Ländern dafür Finanzhilfen von 14, Milliarden Euro zur Verfügung. Auch Housing First - ein bisher nicht wirklich verbreiteter Ansatz - wird in diesem Plan erwähnt. Unter Housing First wird ein Konzept verstanden, dass die Wohnungslosigkeit unmittelbar beendet und flexible wohnbegleitende Hilfen anbietet, sodass ein dauerhafter Wohnungserhalt ermöglicht werden kann.
Weiter ist geplant, juristische Hürden und Bürokratie abzubauen: Wenn etwa aufgrund von Mietschulden eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde, der Gekündigte diese Schulden aber zurückzahlen kann, so soll diese außerordentliche Kündigung aufgehoben werden können.
Außerdem sollen Sozialämter mehr Zugriff auf Daten bekommen - also etwa um einzusehen, wo es zu Kündigungen kommt, wo man aktiv werden muss.
Unsere Fragen an Euch: Wie bewertet Ihr diese Ansätze? Was bedeutet das auch für Vermieter? Denkt Ihr, die Überlegungen werden ausreichen, um das Ziel bis 2030 zu erfüllen? Falls nicht - was sollte zusätzlich bedacht werden?
Wir freuen uns auf Eure Antworten und wünschen Euch einen guten Start in die Woche!
Quellen:
https://www.deutschlandfunk.de/ursachen-obdachlosigkeit-wohnungslosigkeit-100.html
https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/nap-gegen-wohnungslosigkeit/nap-gegen-wohnungslosigkeit https://www.housingfirstfonds.de/59/housing-first-beendet-wohnungslosigkeit-dauerhaft
59 Antworten
Das wird sich erst noch zeigen, was 2030 sein wird.
Die Politik baut keine Wohnungen.
Dafür wären Wohnungsbaugesellschaften zuständig, vorzugsweise kommunale.
Verweilen wir in den Untiefen der Zahlen, es fehlen 1,3 Mio. Sozialwohnungen, im Vergleich zu vorher als noch 3,4 Mio. Sozialwohnungen im Bestand gewesen ist. Preiswerte Wohnungen suchen bereits heute Mindestlöhner und Armutsrentner, das sind etwa 43 % im Mindestlohn und 48 % der Rentner, die heute eine Rente von kleiner 800 €/Monat beziehen.
Obdachlose sind weit von derartigen Einkommen entfernt.
Diese müssten überhaupt erst einmal vom SGB XII in SGB II (Bürgergeld) überführt werden.
Ohne, dass nachhaltig etwas erreicht wäre.
Gewöhnlich werden auch Obdachlose älter und gelangen auf diesem Weg erneut in SGB XII (GruSi = Grundsicherung im Alter).
Fassen wir uns, vor allem kurz, "niemand überwindet einen Abgrund, mit 2 kleinen Schritten", Konfuzius.
Dazu habe ich gestern erst eine Frage gestellt:
Immer mehr Obdachlose in Deutschland: Sollte es ein Recht auf Wohnen geben, wie in der DDR? (Recht, Politik, Deutschland) - gutefrage https://www.gutefrage.net/frage/immer-mehr-obdachlose-in-deutschland-sollte-es-ein-recht-auf-wohnen-geben-wie-in-der-ddr
Die Pläne sind etwas für Sonntagsreden. Daraus wird nichts.
Zur Chefsache würde das Thema erst dann, wenn das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz geschrieben würde, so wie es in der DDR war.
In diesem Punkt könnten wir von der sozialistischen DDR lernen und ich hätte auch nichts gegen Plattenbausiedlungen. Hauptsache schnell günstigen Wohnraum schaffen. Ohne kann man eine Gesellschaft durch Zuwanderung innerhalb von 8 Jahren nicht um 3 Millionen wachsen lassen.
Zudem kommen die neoliberalen Fehler der Anfang 2000er, wo in manchen Städten (wie bei uns) 80% der gemeinnützigen Wohnungsbau-Genossenschaft an die Vonovia verkauft wurden.
Die Wohnungsnot in Deutschland ist mittlerweile unerträglich und die Mieten sind viel zu hoch.
Draußen auf dem Land sind Mieten noch erschwinglich, aber da will keiner hin, weil Infrastruktur und Arbeitsplätze und viele andere Chancen die Städte bieten, auch Freizeitmöglichkeiten, fehlen. Wer sich keine Miete leisten kann, kann sich auch kein Auto leisten, und die Öffentlichen sind oft ein Witz.
Plattenbausiedlungen und reine Armenviertel sind übrigens höchst unbeliebt, weil man sich damit die sozialen Brennpunkte selber züchtet. Übrigens sind viele Obdachlose in Deutschland inzwischen keine Deutschen mehr, sondern Ausländer aus (meistens) östlichen EU-Ländern, die hier auf der Suche nach schneller (Schwarz-)Arbeit stranden. Tagsüber stehen sie an den Stellen an, wo halbseidene Arbeitgeber Hilfskräfte suchen, geschlafen wird auf der Straße, wenn die zuständige Stadt mal wieder die illegalen Massenunterkünfte dichtgemacht hat.
Die Urbanisierung startete erst um 1700 mit der Erfindung der Dampfmaschine.
Ja, und die kleinen Kommunen und Dörfer sehen zum Teil wie leer gefegt aus. Cottbus, Eisenhüttenstadt..
Klingt alles ganz ok aber ich denke wir haben viele weitere Probleme. Imo sind das eher Symptome. Klar Schmerzmittel sind was tolles, wenn es wehtut aber am Ende muss man an die Krankheiten ran.
Das fängt imo an bei den Baunormen, die hierzulande absurd sind. Die Niederlande hat meine ich mit noch die höchsten Standards aber können trotzdem teilweise für die Hälfte oder 2/3 des Preises Wohnraum schaffen.
Ich bin nicht dafür, dass wir hier Papphäuser errichten aber man sollte denke ich ein wenig lockern.
Auch das Thema Flüchtlinge finde ich schwer. Ich bin definitiv dafür Leute, die vor dem Krieg fliehen, um ihr Leben fürchten aufzunehmen und ihnen Asyl zu gewähren. Aber man muss eben auch ein wenig differenzieren.
Wir haben quasi zeitgleich auch sehr viele Wirtschaftsflüchtlinge dazu bekommen, die das Chaos ein wenig ausgenutzt haben. Das ist natürlich ein Problem, denn da geht dann auch eine Menge an Mitteln und Wohnraum weg, den wir für die Leute brauchen, denen wir in erster Konsequenz helfen wollten. Und natürlich auch für Einheimische.
Wir wollen uns immer als Weltenretter aufspielen. Wir schaffen das, wir haben Platz. Das klingt alles toll aber am Ende bleiben Leute unabhängig ihrer Herkunft auf der Strecke, wenn wir uns da übernehmen.
Natürlich ist finanziell auch die Kluft zwischen arm und reich deutlich zu groß. Wir haben einen Mindestlohn in Deutschland aber komplett unterschiedliche Lebensunterhaltskosten. Die ~2.160 Euro Brutto sind etwas ganz, ganz anderes in Chemnitz bzw. im Osten, im Norden ungleich Hamburg oder in Stuttgart, Frankfurt oder gar München.
Ich weiß nicht ob ein Mindestlohn für alle da Sinn macht. Und natürlich ist es auch ein Problem, dass einige quasi in einer Spirale sind ala brauch Wohnung um zu Arbeiten, brauch das Geld aus der Arbeit für die Wohnung oder ähnliches beim Amt. Da gibt es manchmal einfach Situationen, wo der Wiedereinstieg kaum möglich ist und das ist ein hausgemachtes Problem.
Am Ende verteilen wir quasi da wo die Kohle umgesetzt wird massiv nach oben. Redet man von Umverteilung eines Teils davon nach unten, dann wird groß geheult und wenn man es macht, dann irgendwo unten im Mittelstand, wo man wieder ein paar weitere nach unten wirft. Hier muss die Politik sich mal trauen an die Big Player zu gehen, Steuerschlupflöcher zu stopfen und sicher auch die Kohle im Haushalt anders verteilen. Tausende Themen am Ende und noch viele, viele, viele mehr.
Es darf nicht sein, dass jemand Vollzeit arbeitet und sich den Arsch aufreißt, bescheiden lebt und damit Schulden macht und sich nicht mal Wohnraum, Nebenkosten und was zu essen finanzieren kann.
Das Thema Vermietung ist natürlich auch ein Punkt. So tragisch ich es finde, wenn jemand seine Wohnung verliert, es geht natürlich auch nicht dass jemand der ggf. ein Haus hat Mietnomaden im Haus hat, gegen die er nix machen kann, so dass er den Schaden hat. Das tut ggf. einer großen Wohngenossenschaft nicht so weh aber jemanden der 1-2 Häuser hat, da ggf. noch hohe Kosten hat usw. für den ist das eine andere Geschichte.
Wenn die Mieter da so stark bevorzugt werden, dann nimmt der Vermieter eben jemand der deutlich mehr verdient als die Miete, damit er möglichst nie in die Situation kommt auf den Kosten sitzen zu bleiben. Da sollte ggf. der Staat entsprechende Kosten tragen im Fall des Falles. So spielt man indirekt ein wenig Vermieter und Leute mit wenig Kohle oder einer schwierigen Lage gegeneinander auf.
Warum werden keine einfachen Wohnungen gebaut? Auch im Plattenbau-Konzept? In unserem Land steht doch ausserdem jedem ein Dach überm Kopf zu!
Wenn Menschen sich da nicht helfen lassen und im Winter weiter unter einer Brücke schlafen wollen, was soll man da machen?
Das ist ziemlich einfältig...
Es gibt dazu hervorragende Dokumentationen auf Youtube.
Viele haben einfach Schicksalsschläge erlitten, sind vielleicht krank, süchtig und in einer mentalen Abwärtsspirale, so dass viele die Anforderungen, die an sie gestellt werden, um z.B. eine Wohnung zugewiesen zu bekommen, nicht erfüllen können.
Wir dürfen nicht vergessen, dass niemand freiwillig obdachlos wird! Der Grund oder die Gründe vervielfältigen sich, das Sozialleben, Finanzen, Familie, physischer und psychischer Zustand, alles verschlechtert sich.
Viele sind am Boden und kommen aus eigener Kraft nicht mehr aus dem Loch heraus. Für viele ist es unwürdig und menschenverachtend, oftmals ist die Scham größer als das Selbstwertgefühl, sich einzugestehen, Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich vor anderen sein eigenes oder fremdverschuldetes Versagen einzugestehen.
Jedem steht eine Wohnung einmal im Leben unter bestimmten Voraussetzungen zu.
Und es kann jeden treffen, schnell oder schleichend, jeden, weshalb die Option eine Wohnung zu nehmen, die meist in der Situation nicht da ist, neben der Brücke oder einem temporären Schlafplatz für eine Nacht, abgewogen werden muss/kann (solange Plätze verfügbar sind).
Das Wohungsmangelproblem wird nur gelöst, wenn mehr Wohnungen gebaut werden. Wenn es der Regierung ernst ist, dass sie für mehr Wohnungen sorgen will, dann sollte sie für eine Bauförderung sorgen, wie es sie früher schon mal gab.
Im Moment sorgt die Regierung nur dafür, dass es einem Vermieter schwerer gemacht wird, sodass er die Freude am Vermieten verliert, anstatt ihn zu motivieren Mietwohnung zu bauen.
Das Problem beseitigen wird nur funktionieren, wenn der Staat wieder als Vermieter auf dem Wohnungsmarkt auftritt und somit ein großes Angebot an sozialverträglichen Mieten auf den Markt wirft. Dann können private Investoren auch nicht mehr verlangen was sie wollen.
Weil immer mehr Menschen in die Städte ziehen wollen.