Inwiefern stimmt es, dass in Deutschland keiner obdachlos sein muss, und was haltet ihr von dieser Behauptung?
Ich nahm schon unzählige Male den Satz; ''In Deutschland MUSS keiner obdachlos sein'' wahr!
Ich würde mal sagen, dass ich auf diese Behauptung etwas wütend bzw. skeptisch bin.
Denn man muss - damit diese Behauptung stimmt - unter teils unzumutbaren Hardcore-Bedingungen leben, wenn man in Deutschland nicht obdachlos sein möchte.
Ich bin wohnungslos. Nicht obdachlos, weil hier zwar in Deutschland wohl keiner obdachlos sein muss, aber dafür wohne ich unter ''Hardcore-Bedingungen''.
Nur folgende Kriterien ermöglichen mir derzeit, in Deutschland nicht obdachlos sein zu müssen;
- Ich lebe in einer psychiatrischen Klinik.
- Ich muss in einem 3 Bett Zimmer leben mit teils unzumutbaren Mitmenschen.
- Voller Exkremente verschmierte Dinge sind hier Tagesordnung! Sowohl Duschkopf, Türgriffe, Lichtschalter, Wasserhahn waren schon heftig mit Stuhlgang eingesaut.
- Man ist akuter Infektionsgefahr ausgesetzt.
- Nie Ruhe, keinerlei Privatsphäre!
- Man muss mit Menschen vom Rande der Gesellschaft auf engstem Raum zusammenleben (Drogensüchtige, psychisch/geistig Behinderte, etc.)
- Man wird exibitionistisch belästigt (ich muss mir beinahe täglich mit ansehen wie jemand in die Windeln macht und danach einfach nackig rumläuft. Stühle am Flur sind voller Urin gewesen. Einmal hat sich einer nackig ausgezogen.)
- WC's unbenutzbar, da teils alles voller brauner Spritzer/Fladen ist.
- Überhaupt kein Geld.
- U. n. v. m.
Es gibt auch andere Möglichkeiten, um in Deutschland nicht obdachlos sein zu müssen. Zum Beispiel Gefängnis oder Obdachlosenheim (wo man sich das Zimmer mit mehreren unzumutbaren Mitmenschen teilen muss.
Wie steht ihr dazu?
Ich finde, es Armutszeugnis, unter welchen Bedingungen Menschen hausen müssen, um in Deutschland nicht obdachlos sein zu müssen.
Ich weiß, dass es schlimmere Länder gibt. Aber Deutschland ist ja eines der reichsten Länder der Welt, daher finde ich es bedauerlich dass Leute unter solchen Umständen leben müssen, um ein Dach über dem Kopf zu haben, denn da wird man nur krank und geht kaputt.
21 Stimmen
…wie stehen deine Chancen da rauszukommen? Was muss dafür passieren? Ist es realistisch? Warum lebst du dort?
Es muss eine andere Wohnform gefunden werden, was sich als sehr schwierig gestaltet. Ich lebe dort, weil ich meine Wohnung verlor und gesundheitliche Diagnosen habe.
Darf man Fragen bist du zurzeit Versichert bzw bekommst du Bürgergeld ?
Laut derzeitigem Stand laufen Schulden auf. Ist kompliziert. Anspruch auf Bürgergeld hat man nicht wenn man stationär in einer Klinik ist.
Bei uns in Österreich gibt es zb in vielen Städten ein Wohnheim ...da darf man aber glaub ich nur begrenzt Wohnen .
Darf man fragen wie es bei dir mit der Arbeitsfähigkeit aussieht
Erwerbsgemindert aber Umstände haben sich geändert. Gibt hier auch Obdachlosenheim, aber ist dort ähnlich und gibt nur 3 oder 4 Bett Zimmer.
16 Antworten
Ich finde, es Armutszeugnis, unter welchen Bedingungen Menschen hausen müssen, um in Deutschland nicht obdachlos sein zu müssen.
Du vermischst hier zwei Dinge, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben und zwischen denen keine Kausalität besteht.
Du stellst es so dar, als seien Inhaftierung oder Unterbringung die einzigen Möglichkeiten, einer Obdachlosigkeit oder Wohnungslosigkeit zu entgehen. Und das ist natürlich Quatsch.
Menschen wohnen in der Psychiatrie, weil sie krank sind. Menschen wohnen in Gefängnissen, weil sie straffällig geworden sind.
Menschen wohnen aber nicht deswegen in der Psychiatrie oder im Knast, um Obdachlosigkeit zu verhindern!
Alex
Die Obdachlosenheime sind ja nur als Zwischenlösung gedacht. Menschen konnen Wohngeld oder Bürgergeld erhalten um sich eine Wohnung zu holen.
Obdachlose gibt es überall, und Luxus sind Obdachlosenheime nirgendwo.
Natürlich halt lieber den Mieter, der ordentlich zahlt, und den besten Eindruck macht
Tatsächlich sind Menschen mit Wohnberechtigungsschein relativ gefragt, weil das Arbeitsamt zahlt eher pünktlich als irgendein Otto. Manche Vermieter vermieten nur an arbeitslose mit WBS.
Das schon, aber genau diese Vermieter haben eben kein Platz mehr. Die Wohnungen, in denen noch Platz ist, sind für die Ämter einfach zu teuer/für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger nicht angemessen. Der Mietspiegel ist bei Weitem unterhalb der verlangten Mieten derer Vermieter, die noch freie Wohnungen haben.
Wie die Politik damit umgeht, sieht man in Potsdam. Ein Wohnblock mit ca.200 Sozialwohnungen wurde vor Kurzem abgerissen. Zuvor auch die Fachhochschule daneben. (Gruß an Günter Jauch) An stelle dieses Areals und der Fläche rundum entstehen sämtliche Luxuswohnung, ein Großteil sogar nur für den Verkauf als Eigentumswohnung. Zwar sind auch ein paar Sozialwohnungen geplant, aber bei Weitem nicht in der Menge und dem Verhältnis des Wohnblockes vor Ort. Um es noch genauer zu machen, auf der Fläche des Wohnblockes alias 200 Wohnungen entstehen derzeit ganze 29 Wohnungen. Also sehr effektiv....
Es muss niemand so leben, aber aus meiner Arbeit mit Obdachlosen weiß ich, dass viele eine solche Lebensweise vorziehen, denn dann muss man nicht arbeiten, nicht putzen, sich an keine Regeln halten u.v.m.
Stimmt auch nicht ganz. Inzwischen sind wir schon so weit, dass Leute zwecks Arbeit in die Stadt ziehen, aber wegen Wohnungsmangel oder extremen Mieten keine Unterkunft finden. Dazu der Teufelskreis... Ohne festen Wohnsitz keine Anmeldung, ohne Anmeldung kein Antrag auf Wohngeld, ohne Wohngeld nicht genug Geld für die Miete.
Und das mit den Städten ist inzwischen abseits nicht anders. Ich muss aus meiner Wohnung raus, weil es Schäden am Gebäude gibt und dem Vermieter das Geld für die Reparaturen fehlt. Das Gebäude ist einfach mal unwirtschaftlich. Laut §573 ff ist mein Vermieter verpflichtet mir eine Ersatzwohnung zur Verfügung zu stellen. Wohnungen hat er so einige, allerdings sind alle bewohnt. Somit ist mein Mietvertrag seit einem Jahr gekündigt, und mein Vermieter muss mich weiterhin hier wohnen lassen, während die Kündigungsfrist nun alle drei Monate verlängert wird. Ich wohne 60 km von Berlin entfernt, und selbst hier auf den Dörfern und Kleinstädten mangelt es schon an Wohnungen.
Ich glaube, dass die Aussage, dass in Deutschland keiner obdachlos sein muss, schlicht und einfach nicht stimmt.
Das, was du da beschreibst, ist tatsächlich ein absolutes Armutszeugnis.
Dazu kommt noch, dass man eine psychiatrische Diagnose braucht, um längerfristig in einer Psychiatrie "wohnen" zu können.
In einem Obdachlosenheim wird es nicht besser sein.
Ich hab noch nicht die Gelegenheit gehabt mir da ein eigenes Bild zu machen.
Hier in Berlin weiß ich nur, dass es sehr viele Wohnungslose (sogar Familien!) gibt.
Viele davon leben auf der Straße unter unwürdigsten Umständen.
Ich bin zutiefst betroffen über die Grausamkeit, die diesen Menschen angetan wird. Selbst wenn man psychisch krank ist (und das betrifft mMn viele Wohnungslose), hat man ein Recht auf ein würdevolles Leben.
Ein Sozialstaat ist Deutschland allenfalls noch auf dem Papier.
Es muss sich dringend etwas ändern, damit endlich ALLE Menschen in diesem Staat ein würdevolles Leben leben können.
Ich finde es gruselig, dass allein in meinem Mietshaus zwei Wohnungen leer stehen, weil die Bewohner woanders wohnen (bei der Tochter bzw. im Eigenheim) und ihre gemieteten Wohnungen behalten, so dass sie nicht weiter vermietet werden können.
Gerechtigkeit ist was anderes. Ich wünsche mir ein bedürfnisorientiertes Wohnen, so dass JEDER Wohnraum bekommt, der ihn wirklich braucht. Leerstand geht einfach gar nicht, wenn so eine Knappheit an Wohnungen herrscht!
Ich glaube, dass die Aussage, dass in Deutschland keiner obdachlos sein muss, schlicht und einfach nicht stimmt.
Das bleibt dir unbelassen, ist aber schlichtweg falsch. Die Kommunen in Deutschland haben eine Unterbringungspflicht. Aber es bleibt jedem selbst überlassen, ob er/sie diese annimmt oder nicht.
Ich hab noch nicht die Gelegenheit gehabt mir da ein eigenes Bild zu machen.
Warum auch?
Ich wünsche mir ein bedürfnisorientiertes Wohnen, so dass JEDER Wohnraum bekommt, der ihn wirklich braucht.
Das gibt es dank dem sozialen Netz längst.
Leerstand geht einfach gar nicht, wenn so eine Knappheit an Wohnungen herrscht!
Quatsch ohne Bezug zur Frage.
Aus einem anderen deiner Beiträge
Das Gericht hat entschieden, dass ich dauerhaft geschlossen untergebracht werden soll.
Du wirst also niemals obdachlos sein.
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Und für alle anderen gilt: nein, in D muss niemand obdachlos sein, der bereit ist etwas dafür zu tun und "das System" nicht zur Gänze ablehnt.
Jaein. Das letzte Wort hat immer noch der Vermieter. Er kann entscheiden, wen er aufnimmt. Natürlich halt lieber den Mieter, der ordentlich zahlt, und den besten Eindruck macht. Stelle Dich mal in Städten wie Berlin bei einer Wohnungsbesichtigung an und vergleiche mal die Bewerber miteinander.
Auch Wohnungsgenossenschaften haben längst ihre Grenzen erreicht. So kam es in Potsdam mal zu einem Wohnungsbrand im 5. Stock, wobei alle Wohnungen darunter sowie zwei benachbarte Wohnungen vorerst unbewohnbar waren. Ein Teil der Anwohner konnte man in Ersatzwohnungen vorerst unterbringen. Drei Familien hingegen mussten für ein bis zwei Wochen erst einmal in ein Hotel ziehen. Ebenso zwei weitere Mieter, deren Wohnungen aber nach zwei Tagen wieder nutzbar waren.