"Dann geh' doch rüber!": Wer würde heute lieber in der DDR leben?

Ich bleibe hier. 64%
Ich habe eine andere Idee. 20%
Ich gehe rüber. 16%

86 Stimmen

16 Antworten

Ich habe eine andere Idee.

Du siehst das aus einer rosaroten Brille:

Ich habe die DDR live erlebt. Fast 30 Jahre. Ein Auto konnten sich im Osten die wenigsten leisten.. neben der Wartezeit von 14 Jahren auf ein "Neuwagen".

Dein Argument: schützt vor " Überfremdung" .. ist sehr fragwürdig.

Der große Ausländer-Hass im Osten kommt von den wenigen Berührungspunkten .. Pegida und Co hatten dort die großen Erfolge wo es kaum Ausländer gibt.

Das meiner Meinung nach schlimmste am Osten aber war nicht die fehlenden Reisefreiheit: es war die fehlende Meinungsfreiheit.

Es gab da mal nen Spruch: gesucht wird der beste politische Witz. Erster Preis: 3 Jahre.

Heute kann man sagen, was man will . Natürlich nur solange man nicht zu Gewalt und Extremismus aufruft und unsere Gesetze auf Basis der freiheitlich- demokratischen Grundordnung achtet und diese nicht stürzen will. Das sich eine Demokratie verteidigen muss: logisch. Freiheit kommt nicht von allein.


myotis  29.11.2024, 21:25

Danke!!

vanOoijen 
Beitragsersteller
 28.11.2024, 09:37
Du siehst das aus einer rosaroten Brille:

Ich habe den Text bewusst so geschrieben...

Ich bleibe hier.

Ich habe Studienreisen in die sogenannte "DDR" unternommen und die von der Stasi vorgekaute "DDR" kennenlernen dürfen. Geschäfte, die besucht wurden, waren natürlich gut gefüllt mit Waren aller Art. Mangel gab es doch nicht in der "DDR", das gab es, O-Ton Reiseleiter (Stasi) nur in der BRD. In der "DDR" gab es natürlich auch eine Meinungsfreiheit: man/frau durfte frei seine Meinung über die Vorzüge des "real existierenden Sozialismus" sagen.

Fazit: zu viel Friede-und Freudestaat. Kann ja nur gelogen sein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

vanOoijen 
Beitragsersteller
 28.11.2024, 09:23

In meiner fiktiven DDR entscheiden sich die Leute ja freiwillig für ein solches Leben und sind somit alle überzeugte Sozialisten und keine subversiven Elemente. Da könnte man dann vielleicht auf eine Staai verzichten. VoPo reicht in meiner neuen DDR hier.

Aber natürlich gäbe es einen Auslands- und Inlandsgeheimdienst. Das muss sein. 😉

guenterhalt2  29.11.2024, 07:27
@vanOoijen

Hab ich nicht bestritten, es ist aber eigenartig, dass man als Fremder diese Leute sofort erkannt hat, wir "Eingeborenen" aber nicht.

Auch das kann sein, weil ja alle Stasi waren.

vanOoijen 
Beitragsersteller
 29.11.2024, 12:04
@guenterhalt2

Kann ich nicht beurteilen. Ich war erst nach der Wende mal 2 Wochen in der DDR. Da gab es zwar noch Ostmark und VoPo, aber schon keine Stasi mehr.

guenterhalt2  29.11.2024, 12:50
@vanOoijen
Da gab es zwar noch Ostmark und VoPo, aber schon keine Stasi mehr.

Wer sich nicht auf einen Marktplatz gestellt und "Honecker ist doof" oder ähnliches gerufen hat, hat auch vor der Wende nichts von Stasi gehört und gesehen.
Vielleicht nicht ganz, ich hatte zwei Mitarbeiter, die einen Ausreiseantrag gestellt hatten. Die Kaderabteilung (Personalabteilung) hat mich alle 3 Monate aufgefordert Beurteilungen zu schreiben. Das haben die mit Sicherheit im Auftrage der Organe des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) gemacht.
Übrigens: Beurteilungen mussten immer der beurteilten Person vorgelegt und von dieser als "gesehen" unterschieben werden.

Möglich, dass auch einer meiner Kollegen informeller Mitarbeiter (IM) der Stasi war. In 20 Jahren habe ich das nicht erkannt. Wenn also jemand erklärt:

"Ich habe Studienreisen in die sogenannte "DDR" unternommen und die von der Stasi vorgekaute "DDR" kennenlernen dürfen." , dann kann er durchaus mit Sicherheitsleuten Bekanntschaft gemacht haben.

Wer in die DDR kommt und sie als sogenannte "DDR" bezeichnet, der ist schon als Feind gekommen.

vanOoijen 
Beitragsersteller
 29.11.2024, 12:55
@guenterhalt2

Ja, diese Antwort fand ich auch seltsam. Klingt eher nach Nordkorea. Hier auf gf sind viele Ultra-Kapitalisten unterwegs.

Ich weiß, dass man sich als Wessi auch vor der Wende frei in der DDR bewegen konnte.

guenterhalt2  28.11.2024, 22:53

Die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren Geheimdienstmitarbeiter. Wenn du bei Studienreisen solche Personen erkannt hast, dann hast du mehr erreicht als viele DDR-Bürger. Von 2 Bekannten munkelte man, dass sie bei der Stasi waren.

vanOoijen 
Beitragsersteller
 28.11.2024, 22:56
@guenterhalt2

Ich weiß. Die Stasi entspricht entfernt einer Mischung aus unserem Verfassungsschutz und dem Staatsschutz - und war doch etwas komplett Anderes und viel größer.

Das ist mir schon klar, auch wenn ich nicht unter ihr gelitten habe.

Ich bleibe hier.
Wer wäre also bereit sein heutiges Leben gegen das Leben in einer neuen DDR einzutauschen?

Auch wenn sicher nicht alles schlecht war und eine liberalisierte Form der DDR so wie im Jahr 1990 durchaus ihren Reiz hätte - hätte ich die Wahl zwischen einem Staat, in dem es zwar theoretisch eine gewisse Gleichheit durch Kommunismus gibt, dafür aber auch Unterdrückung, Folter, Überwachung (Stasi) von politischer Seite und andere menschliche Unzulänglichkeiten (wenn man anderer Meinung ist, hat es sich mit der Gleichheit erübrigt & sind manche gleicher als gleich) sowie zwischen einem Staat, in dem zwar nicht alles optimal läuft, in dem man aber nicht überwacht wird, nicht eingesperrt wird und weder Folter noch Unterdrückung zu erwarten hat, würde ich für das Zweite votieren ... und hier bleiben. Ich wäre als einer, der eigene Gedanken hat (wenn auch nicht mehr umsetzt, Politik ist nicht mehr meins) wohl auch ein klassischer Typ, für den sich eine Art DDR-Stasi interessieren könnte.

https://www.youtube.com/watch?v=cs4CWeElpzk

https://www.youtube.com/watch?v=5A0uch3i-lU

Ich habe mich viel mit dem Thema DDR und COMECON/RGW beschäftigt, das war nicht alles schlecht und die Wende lief nicht optimal ab; letztlich ist alles, was SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine 1990 voraussagte und was ihn den Wahlsieg kostete, schon 1993/94 spätestens eingetreten.

https://www.youtube.com/watch?v=id5qlPYRj1Y

https://www.youtube.com/watch?v=dCZEymaRKAo

Andererseits möchte ich das, was ich hier an Freiheiten auch denkerischer und politischer Art habe, nicht eintauschen gegen ein Leben, in dem ich überwacht und geformt werde und mich so zu verhalten habe, wie es Parteigenossen und andere Apparatschiks von mir erwarten und wo ich verloren habe und ggf. mit dem Leben oder meiner Würde bezahle, wenn ich andere Meinung bin als die erwähnten Obrigkeiten.

Besser ein armer Vogel in der Freiheit als ein eingesperrter, der es im warmen Zimmer gut hat und versorgt wird, den aber diese Versorgung jegliche Eigenständigkeit kostet.

Andererseits würde ich sofort in ein (West-)Deutschland bzw. Nachwende-Deutschland etwa der Jahre 1990-2000 zurückreisen und dieses der Gegenwart bevorzugen - nicht aus Nostalgie oder Schönrednerei oder aus Prinzip, sondern weil es mir damals ganz gut gefiel und ich zufrieden war. Bin ich heute immer noch, aber damals waren tatsächlich manche Dinge besser, auch die Musik und die Stimmung in der Gesellschaft. Hatte es heute erst mit einem Zeitzeugen drüber, mit dem ich in den 90ern viel Zeit verbracht habe.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

vanOoijen 
Beitragsersteller
 27.11.2024, 17:08

Das kann ich unterschreiben.

In den 90ern hätten bei dieser Umfrage auch wohl kaum bisher 20% mit "Ich gehe rüber" abgestimmt. Das waren hier in der Spitze bisher sogar 29%.

Die Stimmung wurde seit Mitte der 2000er einfach immer mieser. Daher auch diese Frage.

rotesand  27.11.2024, 17:10
@vanOoijen

Was heißt mieser (ich weiß, was du meinst) ... ich sage es mal so: in meiner ganz persönlichen, subjektiven Erinnerung hat sich ziemlich genau ab Mitte 2001 (klar subjektiv, aber ich beanspruche für mich die Gabe, auch so was eher objektiv zu sehen bzw. weit objektiver, als es andere wahrhaben wollen) die Gesellschaft im Allgemeinen etwas verändert, was aber mit 9/11 nix zu tun hatte. Deutschland war vorher arg konservativ - und auf einmal musste vieles "cool und schnoddrig" sein, wurde alles so schnelllebig und der Euro kam und das Internet ... ich habe erstmals 2001/02 mitbekommen, dass ich von anderen als provinzieller Loser wahrgenommen wurde, weil ich bestimmte Modemarken nicht kannte, nicht wie andere in meinem Alter immer supercool sein musste, als Typ relativ ruhig gewesen bin und bodenständig war. Ich merkte das vor allem in der Schule, aber auch allgemein in meinem Umfeld - es war im August 2001 nichts mehr so wie im August 2000 oder im August 1999 oder im August 1998. Der Tonfall war rauer, schnippischer, einzig die "alten Leute" blieben sich treu. Man redete von nun an oft so "amimäßig und cool", alles Neue wurde gefeiert und wer nicht cool war, der war dumm. So kam es mir vor, so war es auch - ich bin mir sicher, dass viele aus meinem damaligen Umfeld es heute auch so sehen, aber nicht in der Lage sind, es auszuformulieren oder vernünftig darzustellen.

Was mir viel gibt ist, auch wenn es doof klingt, mein 90er-Jahre-Siebener-BMW. Der stammt irgendwie aus einer anderen Zeit und ist ein klotziger, riesiger Möbelwagen, aber er gibt mit Sicherheit, weil er schon damals existiert hat. Ich bin kein Ewiggestriger, aber ich konnte mit meiner weit neueren Mercedes E-Klasse nix anfangen, die war mir total fremd; mit diesem BMW konnte ich mich dafür auf Anhieb anfreunden, weil wir aus der selben Zeit stammen.

vanOoijen 
Beitragsersteller
 27.11.2024, 17:19
@rotesand

Der Euro hat tatsächlich viel verändert. Das Andere was Du beschreibst habe ich nicht so wahrgenommen, denn ich war hip und cool 2001, 24 Jahre alt und kam gerade nach einigen Jahren in Berlin zurück in meine Heimat.

rotesand  27.11.2024, 17:21
@vanOoijen

Ich war halt provinziell und lebte in einem Milieu, in dem 2001 viele zwanghaft versuchten, auf einmal hip und cool zu wirken, obwohl sie es nicht waren ... das war oft grotesk und sehr anstrengend, letztlich auch peinlich für diese Personen.

Ich habe eine andere Idee.

Diese Frage nach einer zweiten DDR stellt sich nicht, denn Geschichte lässt sich nicht wiederholen. Diese jetzt gemeinsame DE/BRD zu erhalten und noch lebenswerter zu machen, das wäre ein hehres Ziel welches sich lohnen würde zu erhalten und zu verbessern. Aber was passiert, es geht ständig bergab, 4 Jahre kein Wachstum mehr, DE in der Rezession. Der Wähler hat es zugelassen, das Laien das Zepter führen und somit ist es schief gelaufen, wir sind zum Experimentierfeld mutiert. Das beste DE aller Zeiten, darüber lachen nicht nur das Ausland, es sind schon die Hühner im eigenem Land. Der Gedanke an eine Zweite DDR ist somit absurd und darf hier nicht weiter als Gespött geführt werden, das gehört sich nicht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich habe eine andere Idee.

Weder die damalige BRD noch die DDR sind Staaten, in denen ich leben wollen würde.

Wohl gemerkt, bin ich nach der Wiedervereinigung geboren worden. Ich kenne Deutschland also nur als vereintes Land.

Dennoch stoßen mich beide „Länder“ ab - zumindest nach dem was ich historisch gelernt habe. Sowohl im Schulunterricht damals als auch durch meine Eltern und Großeltern.

Die DDR mag sozial gleicher gewesen sein, doch sie war gefangen im eigenen Land, durchweg kontrolliert und gesellschaftlich sehr gelenkt. Und sie war schlicht weg eine Diktatur, die den Sozialismus nicht verstanden hat und nach der russischen Pfeife getanzt ist. Die DDR war kein realsozialistischer Staat. Es war viel mehr eine Etikette um sich vom Westen abzugrenzen, welcher ebenso ungleich war. Nur mit dem Unterschied, dass der Westen sehr viel kapitalistischer war und mit größerer Ungleichheit zu kämpfen hatte als der Osten.

Heute sehen wir, dass aber bestimmte Dinge der DDR - losgelöst von der politischen Manipulation - deutlich vorteilhafter wären. So zum Beispiel Teile des Bildungssystems (bis auf die politisch-theoretischen Fächer und die Erziehung zum jungen Sozialisten). Darüber hinaus fehlt heute die gesellschaftliche Solidarität und die Gemeinschaft, die in der DDR deutlich stärker gefördert wurde. Ebenso wie das Thema Arbeitslosigkeit. Die soziale und wirtschaftliche Absicherung war für viele in der DDR sicher recht gut - wenn man die Mangelwirtschaft dabei außen vor lässt.

Die BRD hingegen war sehr dem Konsum verfallen. Es gab verhältnismäßig höhere Arbeitslosenquoten, die Armut war eine höhere und insgesamt war die BRD sehr amerikanisch geprägt und stark neoliberal eingestellt. Und das hat sich bis heute fortgesetzt. Man hat mit der Wiedervereinigung viele Ostdeutschen über den Tisch gezogen, massenhafte Enteignungen durchgesetzt und sich an den billigen Produktionsstätten bereichert. Und nebenbei den „Ossis“ erzählt, was sie zu tun haben und wie es hier in der „neuen Welt“ zu laufen hat.

Von daher bin ich aus heutiger, nicht zeitgenössischer Sicht, von keinem der beiden Systeme voll und ganz überzeugt. Die DDR war als Gesamtes eine pseudo-sozialistische Diktatur, die die Menschen gleichschaltete und einsperrte und die BRD eine sehr neoliberale zutiefst kapitalistische Gesellschaft, die bis heute fortbesteht.

Es gab in der DDR durchaus gute Aspekte, doch diese bestimmen 1. nicht über das gesamte Bild und 2. sind auch diese politisch untergraben worden. Trotzdem sollte man sich an einigen Aspekten ein Beispiel in der Gegenwart nehmen, denn wir entfernen uns allesamt immer weiter von einer sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit sowie dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Woher ich das weiß:Hobby – Politisch stets links 🚩

vanOoijen 
Beitragsersteller
 28.11.2024, 09:33

Das sind ein paar kleine Fehler in Deiner Vorstellung über die alte BRD. Ich war 13 bei der Wende und bin Wessi. Über die alte BRD habe ich demnach ein realistisches Bild. Ich antworte Dir hier später noch einmal ausführlicher.

Kristall08  29.11.2024, 22:02
@vanOoijen

Ich finde die Beschreibung schon recht realistisch.

Genau dieser ständige Konsum und diese übermäßige Kommerzialisierung von allem stößt mir auch immer wieder auf.