Was passiert gerade in Gaza in Kurzfassung

4 Antworten

Der Konflikt geht weit in die Geschichte zurück.

Grob heruntergebrochen geht es darum, dass Israelis und Palästinenser um das Gebiet, dass das heutige Israel, den Gazastreifen und das Westjordanland umfasst, streiten.

Kompliziert wird die Aufschlüsselung des Anspruchs. Die Gebiete gehörten einst zum Osmanischen Reich, in dem verschiedene Bevölkerungsgruppen, darunter vor allem Araber, aber auch Juden ansässig waren.

Das Osmanische Reich zerfiel quasi im Rahmen des ersten Weltkriegs und so wurde die umstrittene Zone quasi Besatzungszone der Briten.

Da die Briten es nicht schafften die Konflikte zw. Arabern und Juden, die dort lebten zu lösen und die Verwaltung zu aufwändig und kostspielig wurde, gaben die Briten 1947 auf.

Die UNO stimmte daraufhin einem Teilungsplan zu, der das Gebiet in einen jüdischen (Israel) und einen palästinensischen (Palästina) Staat aufteilen sollte.

Da Jerusalem und Bethlehem für Juden, wie auch Muslime von großer religiöser Bedeutung war, sollten diese als internationale Zone unter UNO-Verwaltung bleiben.

Die Juden akzeptierten den Plan, während die arabischen Führer den Plan ablehnten, da sie es als nicht fair empfanden, dass die Juden als kleinerer Teil der Bevölkerung einen überproportional großen Teil des Landes erhalten sollten.

Die Ablehnung und die Unzufriedenheit mit dem Plan, führten zum ersten großen arabisch-israelischen Krieg (1948). Israel gelang es sich zu verteidigen und noch weiteres Gebiet zu erobern, dass über die Grenzen des einstigen UN-Teilungsplans hinaus ging.

So kontrollierte Israel schlussendlich 78% des einst umstrittenen Gebiets (mit Teilungsplan hätten ihnen nur 55% zugestanden), Jordanien eroberte das Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem und Ägypten kontrollierte den Gaza-Streifen.

Hunderttausende Palästinenser wurden so vertrieben oder flohen aus ihren Heimartorten in die umliegenden Arabischen Länder. Diese Flüchtlingskrise ist ein bis heute existentes Problem.

Im Rahmen von Friedensverhandlungen lehnte Israel eine Rückkehr der Flüchtlinge ab.

Nachdem der ägyptische Präsident den Suezkanal verstaatlicht hatte und das Großbritannien und Frankreich in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte, entstand ein weiterer Konflikt, der einen Angriff Großbritanniens, Frankreichs und Isreals auf Ägypten zur Folge hatte. Israel beteiligte sich daran, um seine Sicherheit zu stärken und den Zugang zu wichtigen Seewegen zu sichern.

Aufgrund internationalen Drucks, insbesondere durch die USA und die Sowjetunion, zogen sich die Angreifer jedoch zurück. Die UN stationierte Friedenstruppen in der Region.

1967 führte Israel einen Präventivschlag gegen Ägypten, Jordanien und Syrien durch (Sechstagekrieg) und eroberte dabei das Westjordanland (einschließlich Ostjerusalem), den Gazastreifen, die Golanhöhen von Syrien und die Sinai-Halbinsel von Ägypten.

Insbesondere die Besetzung des Westjordanlands und des Gazastreifens führten zu einem Dauerkonflikt mit der palästinensischen Bevölkerung, die sich in diese Gebiete zurückgezogen hatte.

1973 griffen Ägypten und Syrien Israel an, mit der Absicht die im Sechstagekrieg eroberten Gebiete zurückzuerobern.

Trotz schwerer Verluste konnte Israel schlussendlich den Vormarsch der arabischen Armeen stoppen.

1977 strebte der damalige ägyptische Präsident Verhandlungen mit Israel an. Daraus ergab sich das Camp David Abkommen (1978) und schließlich ein Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel (1979).

Dies stabilisierte die Region, führte jedoch zu Spannungen in der arabischen Welt. Besagter ägyptische Präsident wurden 1981 von Islamisten ermordet.

1964 wurde die PLO (palästinensische Befreiungsorganisation) unter der Führung von Arafat gegründet. In den 70ern und 80ern führte die PLO Kämpfe gegen Israel und forderte die Schaffung eines palästinensischen Staates.

Zwischen 1987 und 1993 kam es zu gewaltsamen Aufständen gegen die israelische Besatzung im Westjordanland und im Gazastreifen (sogenannte Erste Intifada)

1988 erkannte die PLO Israel offiziell als Staat an.

In den 90er Jahren führten geheime Gespräche zw. Israel und der PLO vermittelt von Rabin (Israel), Arafat (PLO) und Clinton (USA) zum Oslo-Abkommen.

Dieses Abkommen hatte eine schrittweise Autonomie der Palästinenser in den besetzten Gebieten zum Ziel und bereitete den Weg für die Gründung eines palästinensischen Staates.

Die PA (Palästinensische Autonomiebehörde), wurde zum Zweck der Verwaltung des Gazastreifens und Teilen des Westjordanlandes gegründet.

Das Oslo-Abkommen scheiterte schlussendlich an gegenseitigem Misstrauen, israelischer Siedlungspolitik und Terroranschlägen.

2000 brach die zweite Intifada aus, ausgelöst durch den Besuch des israelischen Politikers Sharon auf dem Tempelberg in Jerusalem - einem heiligen Ort für Juden und Muslime.

Bis 2005 kam zu blutigen Kämpfen, Selbstmordattentaten und israelischen Militäroperationen in palästinensischen Städten.

Damit galt der Friedensprozess quasi als beendet.

2005 zog sich Israel einseitig aus dem Gazastreifen und übergab die Kontrolle über den Gazastreifen an die Palästinensische Autonomiebehörde. 2007 übernahm jedoch die radikal-islamistische Hamas die Macht in Gaza.

Seitdem hat es immer wieder Kriege und gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Hamas gegeben.

Erneut aufgeflammt bzw. befeuert wurde der Konflikt im Oktober 2023 als die Hamas einen Überraschungsangriff gegen Israel startete. Neben Raketenangriffen und Geiselnahmen richteten Bodentruppen in Grenznähe regelrechte Massaker in israelischen Wohngegenden an.

Als Reaktion darauf erklärte der israelische Premierminister Netanjahu offiziell den Kriegszustand, der aktuell vorherrscht und im Rahmen dessen tausende Menschen auf beiden Seiten sterben.

Wie du siehst, ein schon ewig anhaltender Konflikt, der es - wie ich finde, schwer macht, klar Opfer und Täter zu bestimmen.


RStroh  27.09.2024, 21:24

Du kannst noch weiter in der Geschichte zurückgehen und ein Königreich Israel finden. Das erste Staatswesen auf besagtem Gebiet.

holjan  28.09.2024, 05:08
@RStroh

Sicherlich - man kann auch hinterfragen, wer generell je den ersten Fuß auf dieses Land gesetzt hat, wenn man will.

Es ist jedoch fraglich inwiefern Gebietsansprüche von vor der Zeitrechnung heutzutage noch reine Relevanz haben.

RStroh  28.09.2024, 11:42
@holjan

Dann haben die Araber eben keinen Anspruch auf das Land, das ihnen vor 150 Jahren nicht gehört hat. Es gehörte den Osmanen. Die aber haben gemeinsam.mit Deutschland den 1. Weltkrieg verloren. Also gehörte das Land dann England. Auch nicht ganz. Die sollten daraus eine 'Heimstätte der Juden'. bauen. Klarer Auftrag des Völkerbundes. Haben sie nicht, sondern erstmal 2/3 des Mandatsgebietes den Arabern gegeben.

Wie.lange willst Du in der Geschichte zuruckgehen ohne dass es willkürlich wirkt?

Oder willst du religiöse Gründe einführen? Der Punkt geht an die Juden, nicht an die Araber bzw. Muslime.

Ein Staatswesen namens 'Palästina' gab es in der tausendjährigen Geschichte Israels (oder, wie heute die meisten sagen 'Palastinas') auch nicht. Erst seit den Osloverträgen, die noch nicht lange her sind.

Wenn du auf dem Laufenden bleiben willst, dann kannst du Nachrichten von https://www.israelheute.com/ lesen..

Die Palästinenser wollen nicht NEBEN Israel leben, sondern  IN UND OHNE Israel.

Israels Armee ist zwar technologisch den islamistischen Organisationen weiterhin massiv überlegen. Aber die sogenannte asymmetrische Kriegsführung gegen die Hamas und ihre Verbündeten stelle ein Riesenproblem dar: «Wenn eine nichtstaatliche Organisation aus zivilem Gebiet heraus agiert, mal hier, mal dort auftaucht und auf die staatliche Unversehrtheit des Landes, in dem man selbst lebt, keine Rücksicht nehmen muss, ist ein Krieg unendlich schwierig zu gewinnen.»

Die Behauptung, israelische Siedler würden »Gebiete« im Westjordanland besetzen, ist irreführend bis falsch. Das Westjordanland wurde im Sechstagekrieg 1967 von der israelischen Armee erobert. Nicht »Siedler« haben dieses Gebiet »besetzt«, sondern es wurde in völkerrechtlich legitimen Verteidigungskriegen gegen eine gemeinsame ägyptisch-syrisch-jordanische militärische Aggression unter israelische Kontrolle gebracht.    

Israel hat danach angeboten, fast das gesamte Gebiet wieder abzugeben, wenn die arabischen Staaten im Gegenzug Frieden mit Israel schließen. Die reagierten darauf mit den berüchtigten »drei Neins« von Karthum: keine Verhandlungen mit Israel, keine Anerkennung Israels, keinen Frieden mit Israel. Bis heute weigern sich einige arabische Staaten (darunter Syrien und der Libanon) sowie die Palästinenser, die bislang sämtliche Friedensvorschläge ausgeschlagen haben, Frieden mit Israel zu schließen bzw. das Existenzrecht des jüdischen Staates anzuerkennen. 

Die Ursache der "Besatzung", die Weigerung seitens einiger arabischer Staaten und der Palästinenser, friedlich Seite an Seite mit dem jüdischen Staat Israel zu leben, ist leider nach wie vor aktuell.          MENA-Watch


RStroh  28.09.2024, 11:44

Danke für die gute Zusammenfassung der Lage.

Es ist schlimmer als in der Ukraine, aber tatsächlich nur aus einem simplen Grund. Weil die geografische Lage ganz anders und viel enger ist. Würde man die ganzen Bomben aus dem Russland-Ukraine Konflikt auf Gaza übertragen, dann gäbe es kein Gaza mehr. In der Ukraine fallen ja tagtäglich hunderte Bomben einfach auf freiem Feld. Aber weil dort alles dicht besiedelt ist, kommt es zu hohen zivilen Opferzahlen. Wäre Gaza so groß wie die Ukraine, gäbe es um ein Vielfaches weniger an zivilen Opfern wie in jedem anderen Krieg auch. An diesem logischen Gedankengang wird ersichtlich, dass Israel nicht vorsätzlich Zivilisten tötet, sondern die hohen Zahlen das Resultat der dichten Bevölkerung ist und man anders leider nicht durchdringen kann.

Der Stand der Dinge ist, dass weiterhin Geiseln in Gaza festsitzen, und Israel womöglich demnächst mit Bodentruppen in den Libanon einmarschiert, um die faschistischen Hizbollah zu bekämpfen.

Das wäre der neue Höchstand des Konfliktpotenzials, da die Hizbollah wesentlich stärker ist als Hamas. Sie verfügen sogar über Panzer.

Krieg, das passiert da gerade.

Menschen werden getötet.

Und ja, genauso schlimm. Krieg ist Krieg - egal in welchem Land.


Reddington98 
Beitragsersteller
 27.09.2024, 16:34

Die Hintergründe würden mich schon bisschen genauer interessieren.

Elizabeth2  27.09.2024, 16:35
@Reddington98

dann solltest du aber wissen, dass der Anlass des Krieges dort andres ist als in der Ukraine. Ich sage dir ganz ehrlich, das ich nicht die mindeste Lust habe, darüber zu referieren, was du problemlos in den Nachrichten und Zeitungen usw, selber lesen oder recherchieren kannst. Und wenn die Frage kommt, ob es so schlimm ist, wie in der Ukraine fällt mir nur ein JA zu sagen. Was sonst soll Krieg sein, deiner Meinung nach?