Meinung des Tages: Verlag streicht diskriminierendes Wort aus Neuauflage von "Jim Knopf" - wie bewertet Ihr diese Entscheidung?
Insbesondere ältere Zeichentrickfilme und Kinderbücher greifen oftmals auf rassistische Bilder und Sprachelemente zurück. Der Thienemann-Verlag hat nun einen anstößigen Begriff aus dem beliebten "Jim Knopf"-Roman gestrichen. Hier stellt sich auch die Frage danach, inwieweit Originaltexte im Nachgang verändert werden sollten...
Kontroverse über die weitere Verwendung rassistischer Begriffe
Gerade im Hinblick auf ältere Kinderbuchklassiker fragen sich manche Eltern heute sicherlich, wie sie beim Vorlesen mit Begriffen umgehen sollen, die nach heutigem Verständnis als klar rassistisch / unangemessen erachtet werden. Sollen diese Begriffe weiterhin vorgelesen werden? Erklärt man diese seinem Kind ausführlich? Oder versucht man, die Begrifflichkeiten zu umschreiben?
Bereits im Jahr 2009 wurde eine Debatte um politisch korrekte Kinderbücher angestoßen; damals entschied sich der Oetinger-Verlag dazu, die deutsche Ausgabe von Pipi Langstrumpf (1945) überarbeitet und ohne das diskriminierende N-Wort herauszugeben. Auch im Jahr 2022 gab es zahlreiche Diskussionen rund um das Thema, als sich der Ravensburger Verlag dazu entschied, den Verkauf einiger Winnetou-Titel angesichts rassistischer und kolonialistischer Erzählmuster zu stoppen.
Für Verlage, die Klassiker verlegen, stellt sich die Frage nach einer etwaigen Überarbeitung spätestens dann, wenn Neuauflagen erscheinen. Im aktuellen Fall geht es um den beliebten Kinderbuchklassiker von Michael Ende...
Neues Cover und geringfügige Änderung des Originaltextes
In enger Absprache mit den Erben Michael Endes hat man sich seitens des Kinderbuchverlags Thienemann dazu entschieden, bei der am 24. Februar erscheinenden Neuauflage der beiden "Jim Knopf"-Romane auf das N-Wort zu verzichten. Obgleich Ende, der als weltoffener und keineswegs rassistischer Mensch galt, das N-Wort dem Charakter Herrn Ärmel bewusst in den Mund gelegt hat, um "auf die fehlende Weltoffenheit dieses typischen Untertans hinzuweisen", entschied man sich seitens des Verlags, das Wort komplett zu streichen.
Ähnliches gilt für die Gleichsetzung von schwarzer und schmutziger Haut, die Ende als Stilmittel nutzte, um die enge Verbindung zwischen Jim Knopf und dem Lokomotivführer Lukas hervorzuheben. Vor dem Hintergrund von Rassismuserfahrungen farbiger Menschen habe man sich auch hier entschlossen, die Darstellung des Charakters (siehe Bild) zu überarbeiten.
Der Verlag begründete die Änderungen dahingehend, dass "Kinder, die die Bücher jetzt lesen, diese sprachlichen Elemente nicht in ihren Alltagswortschatz übernehmen" sollten. Die Ausgaben mit den schwarz-weißen Originalillustrationen bleiben jedoch weiterhin unverändert lieferbar. Diese werden künftig allerdings ein einordnendes Nachwort erhalten.
Verschiedene Positionen zum Thema
Bärbel Dorweiler, Geschäftsführerin des Thienemann Verlags, betonte, dass es in solchen Fällen grundsätzlich zwei Positionen gebe: Menschen, die sich dafür einsetzen, dass - in ihren Augen - veraltete Bücher überarbeitet und bestimmte Begriffe ausgetauscht, gestrichen oder ersetzt werden sollten. Gegenstimmen argumentieren jedoch, dass es sich bei Texten um Kunstwerke handele, die in ihrer Originalform bewahrt werden müssten.
Der kulturpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Baden-Württemberg, Rainer Balzer, verurteilt derartige Änderungen als "seltene[n] Akt von Kulturbarbarei gegen einen Autor, der sich nicht mehr wehren kann". Anne Chebu, Mitglied in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD e.V.), begrüßt, dass die klischeehafte Darstellung durch eine zeitgemäße ersetzt worden ist. Die Änderungen könnten ihr zufolge dazu führen, dass der Roman für afrodeutsche Kinder in Zukunft eine besondere Identifikationsrolle übernimmt.
Unsere Fragen an Euch: Wie bewertet Ihr die Entscheidung des Verlags? Sollten Texte mit rassistischen Begriffen auch in Zukunft unverändert bleiben oder grundsätzlich überarbeitet werden? Wie weit dürfen Änderungen am Text Eurer Meinung nach gehen? Wie sollten Eltern ihre Kinder hinsichtlich diskriminierender Begriffe sensibilisieren / aufklären? Welche Mittel würden sich eignen, Texte im Original zu erhalten, aber dennoch auf die Problematik genutzter Begriffe zu verweisen?
Wir freuen uns auf Eure Antworten
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
Quellen:
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453 Stimmen
135 Antworten
Ich finde dass das eine Verfälschung ist, die womöglich rechtlich verboten ist, weil der Autor des Buchs nicht mehr lebt und seine Zustimmung als Urheber nicht mehr geben kann. In diesem Fall müsste der Verlag warten bis das Urheberrecht (70 Jahre nach dem Tod des Autors) abgelaufen ist. Denn der Verlag hat nur die Verwertungsrechte, jedoch nicht das Urheberrecht. Nach Ablauf der 70 Jahre dürfte der Verlag das Buch beliebig ändern, doch könnten auch dann Käufer des Buchs den Verlag ggf. auf Rückerstattung des Kaufpreis (evtl. auch Schadensersatz) verklagen, wenn nicht klar erkennbar auf dem Umschlag des Buchs steht, dass dies vom Verlag verändert wurde. Denn diese Änderung ist für viele Leser ein Qualitätsmangel und das Buch ist nicht mehr das, was sich die Leser zu Recht erwarten durften. Ich lehne prinzipiell Änderung von Romanen ab.
Mir ist es offen gestanden egal, da ich bisher noch gar nicht gemerkt hatte, dass es rassistisch war, obwohl ich als Kind sozusagen ein Fan davon war.
Aber wenn sie die Rechte haben, dann dürfen sie es natürlich, und dann ist es okay.
Die Klassiker sind letztendlich auch Dokumente ihrer Zeit. Man erkennt in ihnen wie die Menschen früher gesprochen und "getickt" haben. Nur dadurch kann man auch die Veränderung der Sprache im Laufe der Geschichte und den Fortschritt der Menschheit verifizieren.
Ich habe die Verfilmung von "Jim Knopf" der Augsburger Puppenkiste als Kind Anfang der 80er Jahre mit Begeisterung gesehen und es hat mich weder zum Rassisten gemacht, noch habe ich das Wort "N*ger" außerhalb von "Negerkuss" verwendet, weil meine Mutter mir schon damals beigebracht hat, dass man schwarze Menschen nicht so nennt.
Rassismus bekämpft man nicht durch Umformulierung von harmlosen Kindergeschichten.
Zudem kommt das gerade bei recht alten Dingen, heute die Leute jene Stereotype vielleicht nicht mal mehr erkennen und so mehr oder weniger einfach nur als Designentscheidung durchgehen.
Man kann es zwar auch übertreiben, aber ich verstehe es, wenn sich jemand bezüglich diverser Begriffe diskriminiert fühlt.
Was ich hingegen blöd finde, wäre ein Verbot von bestimmten Faschingsverkleidungen.
Ein Kind will garantiert niemand diskriminieren, wenn es sich als Indianer verkleidet. (Das habe ich selbst mal gemacht, weil mich die Kultur der Indianer faszinierte.)
Bei uns gibt es mittlerweile relativ viele Afro-Deutsche, sodass es gar nicht mehr nötig ist, dass sich bei den Sternsingern jemand als Afrikaner verkleidet muss. Und wenn es dann doch mal nötig wäre, hat es trotzdem mit Black Facing nicht das Geringste zu tun.
Übertrieben für mich ist es auch, dass man Musiker nicht auftreten lässt, weil sie als Europäer Dreads haben, besonders wenn sie auch noch Reggae spielen.
Zum Beispiel habe ich es bisher nur einmal gehört, dass sich eine Afrikanerin beschwert hatte, weil eine Asiatin sich Braids hatte machen lassen.
Die Afrikaner, die ich kenne, freuen sich eher, wenn ein Europäer sich eine typische afrikanische Frisur machen lässt.
Während der Fußball-WM 2010 in Südafrika kamen in den Afroshop, in dem ich damals arbeitete, laufend junge Männer und wollten sich Cornrows machen lassen, wie der Keeper der englischen Nationalmannschaft, David James.
Hast Du eine Ahnung!
Schon häufiger habe ich erlebt, dass Schwarze rausrasteten bezüglich des N-Wortes.
Die Einzigen die sich darüber aufregen sind die, die irgendein Problem haben, dass evt. ein Psychiater lösen könnte.
Würdest Du zum Beispiel Steffi Jones unterstellen, dass sie "einen an der Waffel hat".
Ein Kind will garantiert niemand diskriminieren, wenn es sich als Indianer verkleidet. (Das habe ich selbst mal gemacht, weil mich die Kultur der Indianer faszinierte.)
Das machen indianische Kinder aber auch nicht, die verkleiden sich nicht wie weiße, das wäre ja so als wenn du als Türke gehen würdest.
Also darf man sich überhaupt nicht mehr verkleiden.
Ein Polizist könnte sich auch diskriminiert fühlen, genauso wie sämtliche Tierarten. Wieso regt sich keiner darüber auf wenn ich als Kanibale gehe, oder als Häftling?
Wir sind als Kinder auch als Türken und Chinesen gegangen. Der Türke hatte dann einen Turban oder Fes auf dem Kopf und Pluderhosen an und die Chinesin einen Seidenkaftan mit chinesischen Schriftzeichen drauf und entweder eine Chrysantheme im Haar oder einen Hut aus Papier, der den vietnamesischen Reisstrohhüten nachempfunden war. Es gab sogar entsprechende Faschingsschminke zu kaufen.
Man kann es zwar auch übertreiben, aber ich verstehe es, wenn sich jemand bezüglich diverser Begriffe diskriminiert fühlt.
Die einzigsten die sich über das N-Wort aufregen, das sind die ganzen Moralapostel in Deutschland