Multikulti vs. Ethnostaaten

6 Antworten

Das hängt immer von persönlichen Werten und Präferenzen ab, einige Menschen schätzen die Vielfalt und Dynamik multikultureller Gesellschaften, während andere die Stabilität und Zusammengehörigkeit homogener Gesellschaften bevorzugen.

Es lässt sich also so pauschal nicht beantworten.

Ich denke aber für mich, dass Vielfalt an Kulturen eine Fülle an Perspektiven, Ideen und Innovationen bringt, es dabei aber sehr wichtig ist gemeinsame Werte und Normen zu haben, da diese die Entscheidungsfindung erleichtern.

LG aus Tel Aviv

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Globalgeschichte /Geopolitik

Unterschiedlich. In Deutschland mag ich lieber das multikulturelle. Vor allem asiatische Kultureinflüsse.

Aber in China mag ich dann eher das homogene. Deshalb mag ich auch Shanghai nicht besonders, weil es inzwischen sehr international mit vielen westlichen Einflüssen geprägt ist. Da fehlt mir das traditionelle Flair.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bachelor in Sinologie und war schon paar Mal in China.

Wenn alle Welt Einheitsbrei wäre, könnte man sich das Reisen sparen. Würde man es?

Aber es gäbe auch keine Rückzugsmöglichkeiten mehr, wenn einem der Trubel auf den Keks geht. Manches will man nicht haben und man will sich auch nicht ändern, sofern man nicht von Anfang an in eine solche Welt hineingeboren wurde.

Ein Beispiel von heute:

Paketfahrer 1, DHL, Deutscher: parkt zu einem Viertel auf den Fußweg, damit der Verkehr weiter fließen kann und liefert seine Fracht normal aus.

Paketfahrer 2, UPS, Osteuropäer: parkt zur Hälfte auf dem Fußweg und macht alles einen Zahn zackiger, knallt mit den Türen usw.

Paketfahrer 3, Hermes, Türke: fährt diagonal auf die andere Straßenseite, über den Fußweg hinweg bis in die Wiese. Die Pakete werden ins Treppenhaus geworfen, fertig.

Paketfahrer 4, Amazon, Araber: immer in Eile. Fährt in der schmalen Straße direkt auf mich zu und weil ich nicht weg kann, fährt er fix einen Bogen über den Fußweg. Die Sendungen liegen für gewöhnlich auch alle im Treppenhaus und vorher werden einfach alle Klingelknöpfe gedrückt. Nebenbei wird noch ins Handy gebrüllt.

Es wird immer laxer. Ist formlos und informell wirklich so toll? Es muss nicht immer englisch aristokratisch zugehen, aber ich muss diese Form von Multikulti nicht uneingeschränkt mögen. Wo sollen denn da die Vorteile sein? Dass es immer mehr ausländische Lebensmittel im Supermarkt gibt? Wenn man wenigstens die Aufschrift entschlüsseln könnte!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich schließe mich vielen Antworten hier an und sage auch für Japan, dass es nicht ganz so homogen ist, wie so mancher Europäer (allerdings auch so mancher Japaner) glaubt.

Erstens, tatsächlich gibt es eine gar nicht so kleine Gruppe an nicht-asiatischen Ausländern. Das ist mir selbst allerdings auch erst während Corona aufgefallen. Auch ich neigte bis dahin dazu anzunehmen, dass eine europäisch aussehende Person, wenn ich eine gesehen habe, „bestimmt ein Tourist“ ist, aber während Corona gab es eben keine Touristen und bei allen, die man dann trotzdem noch gesehen hat, wusste man, dass die wohl offensichtlich irgendwie langfristig hier sind.

Zweitens gibt es eine große innerasiatische Migration, auch schon länger. So etwas ähnliches wie die türkischen Gastarbeiter in Deutschland gab es auch in Japan, und zwar mit Phillippiner/innen beispielsweise. Diese sind oftmals eben auch geblieben, und gerade die Frauen haben häufig Japaner geheiratet und mit denen Familie gegründet. Und deren Kinder sind eben auch schon einige Zeit erwachsen und Bestandteil der arbeitenden Bevölkerung in Japan, haben ggf. die japanische Nationalität, identifizieren sich auch eher als Japaner und man kann ihnen mitunter eben auch nicht ansehen, dass sie keine „Bio-Japaner“ sind. Dazu kommt die (oftmals historisch bedingte, in den letzten Jahren tatsächlich abgeflachte) Einwanderung von Koreanern und Südamerikanern (vor allem Brasilien, aber auch Chile beispielsweise), und heute bilden Chinesen und Vietnamesen große Gruppen. Und dann gibt es ja auch noch Einwanderer aus Indonesien, Myanmar, Malaysia,… und es ist halt die Frage, ob man als Europäer die unbedingt als solche erkennt, wenn man sich die Leute auf japanischen Straßen so anguckt.

Vorteil einer homogenen Gesellschaft ist aus touristischer Sicht beispielsweise ein gewisses „Branding“. Weißt du, wer sich mir gegenüber am meisten beschwert, dass in Akihabara und Kyoto so viele Ausländer herumlaufen? Ausländer! Wenn man den goldenen Pavillon fotografiert, kann man meist nicht verhindern, dass man andere Leute mitfotografiert, weil es einfach voll ist. Wenn man aber schon andere Leute mit auf dem Foto hat, dann doch lieber (sichtliche) Japaner, die das Foto exotischer und „eindeutiger Japan!“ machen ;)

Ansonsten macht Homogenität das Zusammenleben natürlicher einfacher, weil man auf keine Andersartigkeit Rücksicht nehmen muss. Wenn man beispielsweise weiß, in dem Land sprechen wirklich alle Japanisch, dann muss man sich nicht die Mühe machen, irgendwelche Hinweise auf Englisch anzubringen. Wenn niemand in dem Land Moslem ist, muss man sich nicht die Mühe machen, eine Übersicht über Halal-Restaurants zu erstellen. Wenn nur Japaner in Japan leben, muss man keine Studien darüber machen, dass die für Japaner ausreichende Dosierung von Schmerz- oder Betäubungsmitteln regelmäßig nicht ausreicht für Ausländer, man muss Schuhe nur in den typischen japanischen Kleingrößen herstellen, Friseure müssen nicht lernen, wie Haare des Typs 4C gepflegt und geschnitten werden müssen.

Hier liegt allerdings auch die Gefahr, zu vergessen, dass Andersartigkeit nicht nur von einer anderen Nationalität herrühren kann. Es gibt einige Japaner, die dem Anpassungsdruck von anderen Japanern nicht gewachsen sind.

und im was für einer würdet ihr lieber leben?

Ich glaube nicht, dass sich wirkliche Homogenität toll anfühlt. Es liegt so ein bisschen in der Natur des Menschen, sich vergleichen zu wollen und Unterschiede sehen zu wollen, und zwar idealerweise so, dass man selbst besser da steht. Andererseits, viel Diversität kann auch sehr anstrengend und überstimulierend sein. Irgendwas dazwischen eben.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan

China ist nicht "homogen". :)
China ist sicher ein Vielvölkerstaat (viel mehr als europäische Staaten!).

China ist ein multi-ethnisches Land. 91,51 Prozent der Bevölkerung sind Han (rund 1,25 Milliarden). Die Bezeichnung geht auf die Han-Dynastie zurück. Jedoch stellt diese größte Bevölkerungsgruppe keine homogene Gruppe dar: Im Laufe der Zeit entwickelten sich starke regionale Unterschiede hinsichtlich Sprache, Dialekt, Siedlungsformen, Volkssagen, Kleidung und Ernährung.

Die 18 größten Volksgruppen nach den Han waren 2010 die:

Zhuang, Uiguren, Hui, Mandschu, Miao, Yi ..."
(die anderen kannst du hier nachlesen: Volksrepublik China – Wikipedia)

Korea und Japan sind in der Tat nahezu homogen, auch wenn ich die Ainu in Nordjapan noch erwähnen möchte, die kein Japanisch sprechen, sondern eine eigene Sprache haben (und eigene Traditionen).

Ich kenne selber jemanden, der auf der Insel Okinawa (Südjapan) geboren wurde. Diese Leute betonen auch gerne, dass sie keine Honshu-Japaner sind. Traditionell werden dort Ryukyu-Sprachen benutzt (wie Okinawaisch).

Und "gerade in Asien" sind zahlreiche Vielvölkerstaaten, denn Korea und Japan sind Ausnahmen. Thailand, Kambodscha, Vietnam sind ganz deutliche Vielvölkerstaaten. Indonesien gehört sogar zu den Staaten mit den meisten Sprachen der Erde (etwa 360 verschiedene Völker, das sind mehr als ganz Europa zusammen haben dürfte).