Wieso gibt es keine Volksabstimmungen in Deutschland?

ZaoDaDong  09.08.2024, 10:26

Du meinst auf Bundesebene?

Waterfight 
Beitragsersteller
 09.08.2024, 10:34

ja

11 Antworten

Absatz 2

Das Volk wird als Souverän verstanden, das durch „besondere Organe der Gesetzgebung“ ( Legislative), also  Bundestag und  Bundesrat, „der vollziehenden Gewalt“ ( Exekutive), Regierungen und Verwaltung, und „der Rechtsprechung“ ( Judikative), also alle Gerichte, vertreten wird. Diese Organe üben repräsentativ für das  Volk die Staatsgewalt aus. Das  Volk hat auf jeden Fall das Recht, die drei Gewalten durch Wahlen und Abstimmungen zu leiten. Damit folgt die deutsche Bundesverfassung weitgehend dem Prinzip der  mittelbaren Demokratie, ist allerdings offen für  Volksentscheide. Daher sind die in Bezug auf  direkte Demokratie oft weiter gehenden Landesverfassungen grundgesetzkonform. Auf Bundesebene sind Abstimmungen nach herrschender Meinung jedoch nur zulässig, soweit sie im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen sind, also ohne eine Verfassungsänderung nur für Neugliederungen des Bundesgebiets. [3] [4] [5]

Im Absatz 2 wird das Volk als konstitutiver Begründer der Staatsgewalt definiert. Durch die Formulierung „Alle“ wird festgehalten, dass es keine Gewalt mehr geben darf, die nicht vom Volk begründet ist.

Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Wikipedia

Das Grundgesetz fordert es nicht, es ist offen dafür.

Die Schweiz hat eine grundlegend andere Staatsstruktur als Deutschland. Sie ist somit kein guter Vergleich.

Ich persönlich halte von Volksabstimmungen wenig bis nichts. Siehe Brexit.


eingew  09.08.2024, 10:56

Die Volksabstimmung zum Brexit ist ein gutes Beispiel dafür, dass die meisten Menschen keine Statistik verstehen und man bei einer Volksabstimmung nicht unüberlegterweise mit einfacher Mehrheit Grundsatzentscheidungen verabschieden kann. Dann kann man auch gleich eine Münze werfen.

Der Brexit ist ein Beispiel für mangelhafte Durchführung. Nicht für die Gefahren einer Volksabstimmung an sich.

Abgesehen davon gehört auch das zu einer Demokratie: die Freiheit des Wahlvolks, Entscheidungen zu treffen, die man selbst nicht mag.

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Mitscher45  09.08.2024, 11:21
@eingew

Abgesehen davon gehört auch das zu einer Demokratie: die Freiheit des Wahlvolks, Entscheidungen zu treffen, die man selbst nicht mag.

-> Und die Möglichkeit haben wir ja. Kein Grund, daran etwas zu ändern. Man kann auch verschlimmbessern.

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Waterfight

In bestimmten Bereichen könnten mehr Volkentscheide zulassen werden. Dafür bin ich auch. Welche das sein sollen, ist zu debattieren und gegebenenfalls durch die Verfassung festzuschreiben, was heisst, dass das Verfassungsgericht befragt werden sollte und dazu seinen Segen gibt, wenn Streitigkeiten auftreten.

Grundsätzlich sollte bei der Einführung der Erkenntnis gefolgt werden, dass die Politiker oftmals nicht schlauer als das Volk sind, aber das Volk eben auch oftmals nicht schlauer als die Politiker.

Bei Volksentscheiden und seinen Folgen ist das unbedingt zu berücksichtigen, sonst kann das verdammt in die Hose gehen ❗ Besonders was den Einfluss von rechts,- oder linksextremen Strömungen angeht und auch besonders in der Außen,- und Wirtschaftspolitik. Und wenn es noch bei schwerwiegenderen Entscheidungen passiert, dann haben wir ein äußerst massives Problem! Regionale politische Entscheidungen sind da zwar eher im Sinne von Volksentscheiden möglich, aber auch hier ein Beispiel wie selbst das verdammt schief gehen kann. Alternativen gab es genug für dieses Projekt. Leider lag die Wahlbeteiligung nur bei 48,3 Prozent.

Was soll man da noch sagen?

Moderner Bahnhofneubau Stuttgart 21

Stuttgart nach 21 - Alternativen zu dem Mammutprojekt

https://www.youtube.com/watch?v=NKX2WXiTnKY

"Ich mache nicht den Wowereit" (ehemaliger Bürgermeister von Berlin), Zitat vom damaligen und noch heutigen Ministerpräsidenten von Baden-Würtemberg (Bündnis90/Die Grünen) aus dem Video, bezieht sich auf die wahnsinnigen Kostensteigerungen des Baus vom Berliner Flughafen BER.

Fakten Volksentscheid Stuttgart 21

https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/informieren/projekte-und-berichte/lp-15/volksabstimmung-zu-stuttgart-21

Die Kosten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 sind seit der Volksabstimmung im Jahr 2011 deutlich gestiegen. Bei der Volksabstimmung lag die offizielle Kostenprognose bei 4,5 Milliarden Euro. Seitdem haben sich die Kosten jedoch erheblich erhöht.

Aktuell (Stand 2023) liegen die geschätzten Gesamtkosten für Stuttgart 21 bei etwa 9,15 Milliarden Euro. Das ist über das Doppelte was vorher großspurig von der Bahn angepriesen wurde. Das bedeutet, dass die Kosten seit der Prognose bei der Volksabstimmung um rund 4,65 Milliarden Euro gestiegen sind, was mehr als eine Verdopplung der ursprünglichen Schätzung darstellt.

Diese Kostensteigerungen sind auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, darunter Bauverzögerungen, technische Herausforderungen, gestiegene Materialkosten und zusätzliche Anforderungen an den Umweltschutz. Das aber wurde schon in der öffentlichen Debatte darüber, im Fernsehen übertragen, so vorhergesehen und doch hat sich das Volk für den neuen Bahnhofbau ausgesprochen und sich einlullen lassen. Und der Bahnhofbau ist immer noch nicht fertig und wird sicher noch Geld verschlingen.

So können auch Volkabstimmungen auch ausgehen.

Parteimitglied bei Bündnis90/Die Grünen 🌻

Von Experte Giovanni47 bestätigt

Weil sich das deutsche Volk nicht gerade durch besonders kluge Massenentscheidungen ausgezeichnet hat... die Tradition ist halt auch eine komplett andere. In der Schweiz gibt es das Prinzip seit Jahrhunderten. Dort gibt es aber auch ein Bewusstsein für die Verantwortung, die damit einhergeht. Hierzulande sind die Leute überfordert, ein Wahlprogramm richtig zu verstehen.

Und nein, das Grundgesetz FORDERT das nicht, sondern lässt die Möglichkeit offen.


eingew  09.08.2024, 10:48

Mit Verlaub, das Argument die Schweizer seien halt einfach klüger ist nicht hinreichend belegt.

Diktaturen halten sich durch politischen Terror an der Macht. Nicht durch Mehrheiten in Volksabstimmungen. Dies gilt für die Diktaturen auf deutschem Boden ganz ebenso, wie für alle anderen auch.

Es besteht schlicht keine Vergleichbarkeit der Situation '33 zu heute.

Was die Aussage, die pollitische Bildung in Deutschland sei mangelhaft, schon eher belegt, ist die Idee, dass die Situation quasi gleich wäre.

https://de.wikipedia.org/wiki/1924

Einfach mal mit den aktuellen Überschriften in den Tageszeitungen vergleichen.

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Hallo Waterfight,

aus dem gleichen Grund warum ich mit der Ärztin, der Klempnerin oder der Automechanikerin nicht diskutiere - weil ich die Aufgabe an einem Profi übergeben habe, damit dieser auf Grund seiner Expertise entscheidet.

Da werden keine Volksabstimmungen explizit gefordert. Viele Menschen halten Volksabstimmungen für dummes Zeug. Ich auch.