Spanien Politik?
Hallo, mir sind ein paar Aspekte zum politischen System in Spanien nicht klar. Recherche ist manchmal etwas mühsam und zeitaufwendig, ich finde nicht immer gute und aktuelle Quellen, vielleicht kennt sich jemand aus?
1. Ich weiß, dass es in Spanien kein Homogenitätsprinzip gibt, d.h. mehr oder weniger jede Communidad Autónoma andere Kompetenzen hat. Die Foralgebiete , Katalonien, Galizien haben umfangreichere Befugnisse. Kann man umgekehrt auch sagen, dass es Einheiten gibt, in denen der Zentralstaat besonders stark die Politik prägt, wenn ja, welches sind diese?
2. In Politikbereichen mit " legislación compartida", was passiert, wenn Zentralrecht und Regionalrecht aufeinandertreffen? Gibt es sowas wie Bundesrecht bricht Landesrecht?
3. In Regionen mit starkem Eigenidentitätsgefühlen ist die PP eher schwach, was sind traditionelle ( also über Jahre hinweg) Hochburgen der Konservativen? ( Von Zeitungslektüre würde ich auf Madrid und Andalusien tippen, aber vielleicht ist das nur momentan so?)
4. Sehr überraschend finde ich, dass die Kanaren nicht zum Steuergebiet der EU gehören und zB die Mehrwertsteuer dort nicht IVA heißt. Ceuta und Melilla gehören weder zum Zoll- noch zum Steuergebiet von Europa. Hat das praktische Auswirkungen, bzw. was sind Vor- und Nachteile?
Ich meinte natürlich " Galicien", nicht "Galizien"😅
1 Antwort
Hallo,
- Im Grunde kann man das wie die deutschen Bundesländer sehen. Die einzelnen spanischen Comunidades Autónomos haben ihre eigene, jedoch dem Staat untergeordnete Verfassung, ihr Parlament, ihr Gesundheitssystem, ihr Bildungssystem, ihre Polizei, Steuern, die sie eintreiben und Steuern, die sie an den Staat abführen. Nur gibt es im Baskenland und in Katalonien ein gesondertes Steuerabkommen, was jedoch umstritten ist und wo es derzeit auch zu einer Mobilisierung dagegen kommt. Was das Nahverkehrsnetz der Bahn angeht, wurde das in Katalonien der Autonomieregion überlassen, etwas, was in anderen CCAA auch beabsichtigt ist, zumindest lt. derzeitiger Minderheitsregierung. Bei der Polizei hast du eine größere oder kleiner Regionalisierung, siehe Mossos d'Escuadra oder Ertzaintza im Baskenland. Alle CCAA könnten hier eine eigene Polizei haben, es gibt sie glaube auch überall in geringem Ausmaß, aber durch die Aufteilung in Guardia Civil, Policía Nacional und Policía Local sind alle Kompetenzen abgedeckt. Die beiden vorgenannten Polizeien von Katalonien und dem Baskenland sind also in etwas in der Befugnis wie die Policía Local in anderen Regionen, wenn auch dort eben auf Ebene der Comunidad Autónoma.
- Staatsrecht bricht Comunalrecht, so wie Comunalrecht Lokalrecht bricht.
- Das würde ich nicht sagen, denn die PP ist in Galicien stark. Im Baskenland oder Katalonien ist die PP schwach, weil dort seit etwa 3 Jahrzehnten eine antispanische Politik betrieben wird. Restspanien ist bei den Wahlen auf der Ebene der CCAA meist komplett blau (PP) gefärbt, nur im Baskeland und Katalonien sind es die separatistischen Splitterparteien, die dort das Sagen haben, derzeit der Ableger der PSOE in Katalonien, weil sich Sánchez zu blinden Zugeständnissen hinreißen lässt, um an der Macht zu bleiben. In vorherigen Jahren war die PSOE in ländlichen Gebieten Andalusiens und der Extremadura aufgrund der der Subventionen für Agrararbeiter stark (PER), die aber heute keine Rolle mehr spielt https://www.sepe.es/HomeSepe/es/Personas/distributiva-prestaciones/quiero-cobrar-el-paro/subsidio-agrario.html
- Es handelt sich ja hier um Zonenrandlagen, d. h. die Wirtschaft der Kanaren oder Ceutas und Melillas wäre mit normalem Steuersatz aufgrund der Entfernung zum Festland benachteiligt. Es gibt ja zudem auch starke Ermäßigungen für Residenten (inkl. der Balearen) für Fähren und Flüge zum Festland und zurück. Die niedrigere MwSt.gleicht die Zonenrandlage etwas aus bzw. schafft sie Anreize, auch dort Dienstleistungsunternehmen zu eröffnen. Das sind Vorteile. Ceuta und Melilla gehören nicht zum Zollgebiet, da Spanien sich da nicht reinreden lassen will und auch die Kontrolle darüber haben will, wer und was aufs Festland kommt. Sonst dürfte es gar keine Kontrollen geben. Auf der anderen Seite lässt das Spielraum beim Handel zwischen Ceuta bzw. Melilla und Marokko zu, z. B. um problemlos frische Lebensmittel zu erhalten oder Arbeitskräfte hineinzulassen, aber auch um heiße Rückführungen vorzunehmen oder militärisch mit oder gegen Marokko bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung vorzugehen. Es gibt zwar die EU, aber wie man ja auch am Beispiel Gibraltar sieht, sind es letztlich bilaterale Vereinbarungen zwischen Spanien und Marokko oder dort Großbritanien, welche den Grenzverkehr und das Zusammenleben regeln. Ob und wie der Grenzverkehr zu Ceuta, Melilla oder Gibraltar vonstatten geht, hängt alleine vom Willen der jeweiligen Nachbarstaaten (Spanien und Marokko bzw. Großbritannien) ab. Spanien erkennt Gibraltar als solches nicht an, sondern nur als Teil Großbritanniens, verhandelt also nicht direkt mit Gibraltar, außer bei lokalen Angelegenheiten von Stadt (Grenzstadt La Línea de la Concepción) zu Stadt (Gibraltar).