Paradox Kapitalismus?

11 Antworten

Dieses Problem ist  typisch für den Kapitalismus

Nur dass der Kapitalismus nichts damit zu tun hatte, sondern der Staat, welcher der Meinung war, das Geldmonopol an sich zu reißen. 1913 wurde die FED unter abenteuerlichen Umständen geboren. Sogar die Cum-Ex Warburg Bank war daran beteiligt. Die Geldmenge wurde aufgebläht, das Zinsniveau dank "fractional reserve" künstlich günstig gehalten und um eine Inflation und Überverschuldung zu verhindern, hat man dann als Staat mit Budgetkürzung reagiert. Die Kreditblase platze und man ist so geradewegs in die Deflation gerutscht, die die von dir beschriebenen Folgen hatte. Ohne FED kam es vor 1913 nicht zur Wirtschaftskrise trotz Deflation. Der Wilde Westen war gar nicht so wild, sondern geprägt von Industrialisierung, massiven Wohlstandsgewinnen, eben weil der Staat sich herausgehalten hat.

Die freien Marktteilnehmer hatten mit der Krise gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil, sie waren diejenigen, die die Suppe auslöffeln durften.

Es gibt genug Waren, aber das System funktioniert so, dass ohne Geld nichts zugänglich ist.

Genau... aber wie sollte sonst der Unternehmer seine eigenen Inputkosten decken? Völlig unabhängig vom System: Menschen müssen "leisten", damit sie "haben". Das ist im Urwald genauso wie in der Zivilisation exakt das Gleiche.

Anstatt die Überschüsse an Bedürftige zu verteilen, wird die Produktion gedrosselt, um den Markt zu schützen.

Unternehmer stehen im Wettbewerb. Da schützt niemand den Markt. Lediglich mit Einflussnahme des Staates verbünden sich einige Unternehmer mit exakt diesem, um gegen den Rest eigene Vorteile zu erlangen. Das ist aber kein Kapitalismus. Im idealtypischen Kapitalismus würde man am liebsten genau wegen dieser Komprimierung des Gewaltmonopols auf den Staat verzichten.

Fast-Food-Ketten werfen Tonnen von Lebensmitteln weg, statt sie an Obdachlose zu geben.

Ich kenne keine Fast-Food-Kette wo heute noch nicht Just-In-Time produziert wird. Da gibt es nicht mehr viel, was man wegwirft.

Abgesehen davon spenden diverse Supermärkte ihre Überschüsse an Tafeln. Damit senken sie sogar ihre eigenen Einnahmen, da Bürgies jetzt nicht nicht mehr bei ihnen einkaufen müssen. Trotzdem spenden sie und das auch als es noch freiwillig war. Anders könnten die Tafeln gar nicht so viele Menschen versorgen. Das ist ein gelungenes Beispiel von privater Wohlfahrt.

Modemarken verbrennen unverkaufte Kleidung, um die „Exklusivität“ zu bewahren.

Das ist vielleicht der einzige Bereich, wo ein Unternehmer bereit ist, ohne staatliches Eingreifen verschwenderisch zu handeln. Es handelt sich aber um ein absolutes Nischensegement. Die Praxeologie erklärt das eigentlich ziemlich gut. Der Mensch handelt und da sich alle Märkte aus menschlichem Handeln ableiten, findet man die gleichen Absurditäten und Besonderheiten ebenso in der Wirtschaft.

Ob jetzt 0,1% aller Handtaschen vernichtet werden, damit Chantal stolz auf ihr LV ist, ist nun wirklich nicht der Treiber der Probleme dieser Welt.

Wohnungen stehen leer, während Menschen obdachlos sind.

Nun, wenn man will, dass man die eigene Wohnung direkt nach Vermietung wieder kernsanieren darf, dann holt man sich Obdachlose in die ETW. Obdachlosigkeit schafft deutlich mehr Probleme als einfach nur das fehlende Dach über dem Kopf. Das Problem der Wohnungslosigkeit könnte man relativ einfach lösen. Es sind die Begleitumstände, wie Sucht, psychische Erkankungen usw., die Obdachlosigkeit so schwierig machen.

Es gibt aber tatsächlich Wohnungen, die leer stehen, obwohl es reguläre Nachfrage nach diesem Wohnraum gibt. Warum lässt sich ein Vermieter also die Miete entgehen?

Die Gründe sind dafür vielschichtig, haben aber alle etwas mit staatlichem Interventionismus zu tun.

Mieterschutz sorgt dafür, dass man als Eigentümer die Wohnung oder unter Umständen das Mehrfamilienhaus nicht so entwickeln kann, wie man es gerne hätte. Z.B. reicht eine einzige Familie, die sich weigert auszuziehen, um die Sanierung oder den Abriss und Neubau eines ganzen Mehrfamilienhauses zu behindern. Deshalb sind Wohnungen ohne Mieter mehr Wert als Objekte, die man vollständig sanieren kann. Deshalb warten einige Vermieter mit der Neuvermietung und hoffen, dass die Altmieter ausziehen oder bieten ihnen Geld für den Auszug. Teilweise kommt man aber selbst mit großzügigen Angeboten nicht weiter, weshalb man dann einfach wartet, bis alle Mieter ausgezogen sind. Solange stehen die anderen Wohnungen dann im Haus leer.

Das ehemalige Gelände der Holsten-Brauerei in Hamburg stand jahrelang leer. Das ist jetzt keine leerstehende Wohnung, aber Bauland in absolute prime location. Trotzdem wurde das Gelände über Jahre nicht entwickelt. Hintergrund waren die schleppenden Genehmigungsverfahren und die massiven Kosten, welche damit verbunden waren. Es war tatsächlich ertragreicher, das Grundstück einfach ungenutzt liegenzulassen, als es zu bebauen. Auf einem freien Markt wäre das absoluter Nonsens. Der Staat macht es aber durch sein massives Gelddrucken möglich, solch ein wirtschaftliches Handel profitabel zu gestalten. Auf der einen Seite die absurd hohen Kosten für Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Gutachter jeglicher Art, auf der anderen Seite der massive Zuverdienst durch Geldentwertung. Das neu geschaffene Geld fließt für gewöhnlich als Erstes in den Immobiliensektor, da hier besonders häufig mit Fremdkapital finanziert wird. (Deswegen erleben wir seit Jahren diese stark steigenden Immobilienpreise). Ein Grundstück ist aufgrund der festgelegten Nutzung mit Bebauungsplan nicht zwingend mehr Wert als eine freie Fläche, weswegen die Kosten sich für den Immobilienentwickler nicht gelohnt hätten. Gleichzeitig stieg der Wert des Grundstückes jedes Jahr deutlich an.

Das zeigt, dass das Problem nicht in einem Mangel an Ressourcen liegt, sondern in der Art und Weise, wie sie verteilt werden. Deshalb stellt sich die Frage:  Ist der Markt wirklich effizient?

Ja, genau das ist er. Er handelt aber nicht nach irgendwelchen moralischen Maximen, sondern geht strikt nach Wirtschaftlichkeit. Diese dazugewonnene Effizienz ist nebenbei der Grund für diesen Überfluss und warum in anderen Wirtschaftssystemen, wo die Bedürftigkeit im Vordergrund steht, die Menschen verhungert sind (Sozialismus).


Fgnklk  26.02.2025, 03:15

Zu viel Horst Lüning geschaut?

Der Markt ist tatsächlich sehr effizient, Werte zu schaffen. Allerdings ist er damit gleichzeitig und zwangsläufig ebenso effizient, wenn es keinen Ausgleich gibt, sich selber die Grundlage, konsumfähige Leute, "abzuschaffen".


Fgnklk  26.02.2025, 03:16

Was ja völlig falsch ist. Effizienz im Sinne des Kapitalismus, bedeutet etwas völlig anderes, als in der allgemeinen Verwendung. Effizienz heißt im Kapitalismus - effizient Gewinne steigern. Das hat mit dem Endprodukt überhaupt nichts zutun.

Roland Sperling  25.02.2025, 07:48

Das ist zwar richtig, aber letztlich eine Tautologie. Denn der Kapitalimus ist die "auf dem Wert basierende" Wirtschaftsweise. Der Wert ist ja weder etwas Natürliches, noch etwas, was es schon immer gegeben hätte und immer geben würde. Vielmehr ruft eine Marktwirtschaft den Wert erst hervor. Ohne Markt und Tausch auch kein Wert. Dass der Markt gut darin sei, Werte zu produzieren, klingt also so ähnlich als würde ich sagen, eine Mutter sei gut darin, ein Kind auf die Welt ziu bringen. Ohne Kind keine Mutter, und ohne Mutter kein Kind. Ohne Markt kein Wert, und ohne Wert kein Warkt.

Dass die menschen ihre Beziehungen über einen Markt regeln, ist übrigens eine recht neue Erfindung. Über viele zigtausend Jahre hatten die Menschen keinen Markt. Vom Altertium bis zum Ausgang des Mittelalters gab es dann zunächst in Nischen oder in größeren Städten Märkte. Die allermeisten Menschen lebten aber nicht in Städten, sondern waren Landwirte, die sich im Großen und Ganzen selber versorgten.Nur ein sehr kleiner Teil der Produkte wurde gehandelt. Einen Arbeitsmarfkt im heutigen Sinne gibt es sogar erst ca. seit dem 18. Jahrhundert. Und dass Menschen ihre Bedürfnisse praktisch ausschließlich über den Markt befriedigen, ist eine ganz junge Erscheinung und hat erst nach dem zweiten Weltkrieg stattgefunden. Meine Großeltern hatten noch Hühner hinterm Haus für Eier und Federn ,und mein Großvater hat im Garten Tabak angebaut und andere Sachen. Und nicht etwa, so wie heute, als Hobby.

Auch eine zukünftige Gesellschaft wird nicht mehr über des Markt reguliert, so dass es in dieser zukünftigen Gesellschaft, die Marx "Sozialismus" genannt hätte, auch keinen "Wert" mehr gibt.

FinWi  25.02.2025, 11:46
@Roland Sperling
Dass die menschen ihre Beziehungen über einen Markt regeln, ist übrigens eine recht neue Erfindung.

Ist es nicht. Marktwirtschaft ist so alt wie die sässigen Menschen. Die Größe von menschlichen Ansammlungen und die Dunbar Zahl bestimmen, ob eine Gesellschaft marktwirtschaftlich handelt oder nicht. Selbst in den ersten Städten Mesopotamiens nutze man schon Getreide als Geld und es bildeten sich mit der ersten geografisch diversifizierten Arbeitsteilung auch Märkte. Da reden wir von 10-20 v.Chr..

Je nach Ethnie haben Menschen eine kognitive Grenze von 50 bis 200 sozialen Kontakten. Solange ein Stamm unter dieser kognitiven, sozialen Grenze bleibt, können Wirtschaftsprozesse auf Vertrauensbasis organisiert werden. Man merkt sich also, wer wem geholfen hat und reziproker Altruismus funktioniert.

Spätestens ab 200 Menschen scheitert diese Organisationsform, weswegen Stämme sich regelmäßig aufspalteten. Zwischen den Stämmen wurde aber auch schon gehandelt. Waren, Sklaven, Schutzzoll und damit Märkte gab es auch schon in den frühesten Formen menschlicher Entwicklung. Die Stämme waren vor allem Familienbünde, weswegen regelmäßig sogar eigene Familienmitglieder, meist die Töchter getauscht wurden, um Inzucht zu vermeiden. Ein Relikt dieser frühesten menschlichen Handelsbeziehungen gibt es bis heute. Nennt sich Mitgift.

Größer werdende Gesellschaften, wo sich die Stämme nicht mehr einfach so trennen konnten, benötigten für eine funktionieren Ökonomie dann irgendein Gut, welches den Tausch erleichterte. Dadurch entstand Geld bzw. Tauschwaren, die die Funktion von Geld erfüllten. Daraus entwickelten sich dann Lohnarbeit, tiefere Diversifizierung von Arbeitsteilung usw. Deshalb gab es im alten Rom schon Lohnarbeit, während bis ins 20. Jahrhundert in der Mecklenburger Peripherie der Knappe noch Selbstversorger in einer erweiterten Dorfgemeinschaft war. Auch wenn das nicht in die sozialistische Erzählung passt, es war nicht die Industrialisierung, sondern die Größe der Gesellschaft der entscheidende Faktor.

Auch eine zukünftige Gesellschaft wird nicht mehr über des Markt reguliert, so dass es in dieser zukünftigen Gesellschaft, die Marx "Sozialismus" genannt hätte, auch keinen "Wert" mehr gibt.

Hoffen wir es nicht. Mad Max darf gerne Sciencefiction bleiben.

Roland Sperling  25.02.2025, 16:29
@FinWi

Die "Märkte" in messopotanischer Zeit usw. haben vielleicht die Prodiukte von 2 oder 3 % der Menschen ausgetauscht. 97% der Menschen waren Bauern, die für sich selbst gewirtwschaftet und nicht gehandelt haben. Die Vorstellung, Märkte habe es schoin immer gegebgen, ist Ideologie.

Und das mit der Dunbar-Zahl hast du leider nicht recht verstanden. Sie sagt zur Frage, ob eine Menschengruppe ab einer bestimmten Größe marktwrtschaftliche Beziehungen braucht, nicht das Geringste aus. Es gab in Nordamerika Indianerstämme mit mehreren hundert Mitgliedern, trotzdem gab es dort nirgendwo einen Markt. Es gab bei den Indianern keine Lohnarbeiter, es gab keine Zeltfabrikanten, keine Bisonfleisch-Händler, nicht einmal Geld.

Noch im Spätmittelalter waren nur einige wenige Beziehungen geldbasierte Taiuschbeziehungen. Wer als Knecht auf einem Hof arbeitete, bekam nur einen kleinen Geldbetrag als Lohn. Im Wesentlichen bestand die Gegenleistung in Esssen, Unterkunft, jedes Jahr ein neues Hemd und alle zwei Jahren eine Hose aus besserem Stoff usw. Solche Arbeitsverträge sind ja bis heute erhalten. Genauso sind Verträge mit Handwerkern und Bauarbeitern z.B. des Kölner Doms erhalten. Auch da bestand der "Lohn" zum großen Teil aus solchen vertraglich vereinbarten Leistungen wie z.B. soundsoviel Liter Bier die Woche, soundsoviel Geräuchertes usw.

Der Markt hat für alles eine Lösung. So gibt es Unternehmen wie Too-Good-To-Go, die übrig gebliebene Lebensmittel verkaufen, Second-Hand Shops, Outletstores etc. Im Sozialismus gibt es Mangelwirtschaft und somit von allem zu wenig. Da sind mir Überschüsse lieber.


Fgnklk  26.02.2025, 03:19

In China gibt es Mangelwirtschaft? Aha.

YeltsaKcir  23.03.2025, 15:15
@Fgnklk

Der Typ hat halt all sein Wissen über den Sozialismus aus rechter Propaganda von Reagan und co.

SignumCore 
Beitragsersteller
 24.02.2025, 23:31

Überschuss aber kein Zugang und starke Polizei. Ich denke, das ist gleich schlimm wie Mangelwirtschaft

Ist absolut so, wie Du sagst. Kapitalismus, das Recht des Stärkeren, und gutgeheißen durch seine Profiteure und die, die immer noch träumen, bitte irgendwann auch dazu zu gehören.

Ist der Markt wirklich effizient?

Aus seiner Sicht ja schon.

Aus anderer Sicht ebenso, wenn auch schmerzhaft bis tödlich.

Sobald geteilt, statt einem Gegeneinander ein Miteinander gelebt, Menschlichkeit über Profit gestellt würde, ist es aus mit dem Kapitalismus.

Auch heute gibt es solche Beispiele:
Fast-Food-Ketten werfen Tonnen von Lebensmitteln weg, statt sie an Obdachlose zu geben.
Modemarken verbrennen unverkaufte Kleidung, um die „Exklusivität“ zu bewahren.
Wohnungen stehen leer, während Menschen obdachlos sind.

Hier möchte ich jedoch noch anmerken, dass andere nicht für die Versorgung anderer zuständig sind.
Nur, weil sie es schafften, sich im Kapitalismus durchzusetzen und ihre Versorgung sehr gut zu sichern, sehe ich sie nicht automatisch in der Pflicht, zu teilen. Teilen wäre die Lösung schlechthin, keine Frage. Aber in der Pflicht dazu sehe ich sie nicht.
Eine Mutter, ok, Eltern sind für die Versorgung ihrer Kinder zuständig.
Ab da sollten die Meisten selbstverantwortlich ihr Leben meistern.
#Eigenverantwortung


Fgnklk  26.02.2025, 03:19

Sag das mal den Menschen im globalen Süden.

amormutuus  26.02.2025, 06:35
@Fgnklk

Verstehe, die Sache mit der Eigenverantwortung also gefällt dir nicht wirklich. Damit bist du nicht alleine.
Persönlich habe ich sehr gute Erfahrungen damit und ermuntere gerne dazu.

Eigenverantwortlichkeit ist sicherlich keine Strafe, sondern ein Segen .... einfach mal ausprobieren .....

Fgnklk  26.02.2025, 14:21
@amormutuus

Das ist dermaßen bescheuert und übrigens auch rassistisch, dass mir dazu wenig einfällt. In einem Ausbeutungsverhältnis das Verhältnis zu wechseln, ist keine "Eigenverantwortung in die Hand nehmen". Wenn die Eigenverantwortung daraus besteht, anderen Menschen ihre Lebenszeit und Ressourcen zu rauben, um sich selbst daran zu bereichern.

Richtiger L-Take.