Meinung des Tages: In Frankreich gibt es Neuwahlen – in Deutschland werden sie zum Teil auch gefordert. Was wäre nun das richtige Vorgehen?
Frankreichs Präsident Macron hat das schwache Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl gesehen und will nun reagieren. Das Parlament soll aufgelöst und noch im Juni neu gewählt werden. Ähnliche Forderungen werden auch in Deutschland laut – doch was sollte nun wirklich geschehen?
Die Lage in Frankreich
Noch am 30. Juni soll die Volksvertretung in Frankreich neu gewählt werden, so Macron. Seine proeuropäisch ausgerichtete Partei kam laut ersten Hochrechnungen auf 15,2 Prozent. Anders sieht es mit dem rechtsnationalen Rassemblement National aus: Diese gingen mit 31,5 bis 32,4 Prozent der Stimmen deutlich in Führung. Bei einer Neuwahl kann Macron nicht mehr kandidieren – es stellt sich nun also die Frage, welchen Kandidaten sein Mitte-Lager ins Rennen schicken wird gegen die Vertreterin der rechtsnationalen Partei, die wohl namentlich vielen bekannt sein wird: Le Pen.
Forderung nach Neuwahlen auch in Deutschland
Es überrascht sicherlich wenig, dass die Rufe nach Neuwahlen vor allem von Unionsleuten kommen – mitunter einer der lautesten davon dürfte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sein.
Als Begründung nutzt er mitunter die Wahlergebnisse – in der Europawahl hat die SPD 13,9 Prozent erlangt, das gilt als schlechtestes Ergebnis seit dem ersten Antritt unter diesem Namen im Jahr 1891. Für Söder ist klar: „Die Ampel ist de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden“. Er fordert einen Neustart im Sinne von Neuwahlen, da die Ampelregierung von der Bevölkerung offenbar kein Vertrauen mehr zugesprochen bekäme.
Was für Neuwahlen in Deutschland geschehen müsste
Zuerst müsste der Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Die Ampel müsste dann gegen ihn stimmen. Infolge dessen könnte der Kanzler dann den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag ganz aufzulösen. Vorgezogene Neuwahlen gibt es in Deutschland nur in Ausnahmefällen – einigen ist vielleicht noch bekannt, dass Gerhard Schröder 2005 nach der Niederlage der SPD bei den Landtagswahlen in NRW so handelte.
Doch die Bundesregierung weist die Forderungen nach Neuwahlen entschieden zurück. Der Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte am Montag in Berlin, dass geplant sei, den Wahltermin im Herbst des nächsten Jahres regulär stattfinden zu lassen. Die Ampel-Koalition sei ein Vier-Jahres-Projekt, am Ende würde abgerechnet werden. Nach der Periode, so Hebestreit, habe der Wähler wieder das Wort.
Unsere Fragen an Euch:
- Wie bewertet Ihr das Vorgehen in Frankreich?
- Wie schätzt Ihr den Ausgang der vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich ein?
- Wie steht Ihr zur Forderung nach Neuwahlen auch in Deutschland?
- Was müsste die Ampel - besonders die SPD - aufgrund der schlechten Wahlergebnisse im Bestfall machen?
- Was würden vorgezogenen Neuwahlen für Deutschland Eurer Meinung nach bedeuten?
Wir freuen uns auf Eure Antworten!
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
Quellen:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/europawahl-2024-ergebnisse-deutschland-europa-100.html
https://www.rnd.de/politik/analyse-zur-europawahl-2024-themen-waehlerwanderung-und-waehlergruppen-in-grafiken-JHWZCFCKJ5CXPLJ6PCQMVPRJ4I.html
https://www.spiegel.de/ausland/frankreich-emmanuel-macron-loest-parlament-auf-und-kuendigt-neuwahlen-an-a-877e64d5-bd6c-49cf-8dff-241a957b4c78
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wahlen/europawahl/reaktionen-europawahl-forderungen-neuwahlen-bundesregierung-100.html
https://www.wiwo.de/politik/europa/europawahl-2024-markus-soeder-fordert-neuwahlen-olaf-scholz-ist-ein-koenig-ohne-land/29835826.html
https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/macron-neuwahlen-frankreich-100.html
Das Ergebnis basiert auf 228 Abstimmungen
55 Antworten
Vorgehen in Frankreich? Vorbildlich demokratisch! Wobei ich für Deutschland denke, dass einer regierungsunabhängigen Instanz das Recht zugestanden werden sollte, sachlich und anhand der von der Regierung abgearbeiteten Agenda zufolge, einen frühen Wahltermin nach 3 Jahren bzw. einen späten Wahltermin nach 6 Jahren z. B. zu bestimmen! (Also z. B. auf Antrag von 2/3 der Bundestags-Opposition und einer entspr. Wahltermin-Entscheidung des Bundespräsidenten auf Grund eines Gutachtens einer bei ihm ansässigen Kommission.) Allerdings müsste dann auch endlich dem Parlament das Recht eingeräumt werden, was die Regierung zu beackern hat, also die "Agenda" der Regierung auf zu erlegen und eine Prioritätenliste führen zu dürfen. Wobei ich ergänze, dass ein Aktionismus der Bundesregierung nach der Art, dass ein Agendapunkt mehrmals auf die Tagesordnung kommt und auch weniger wichtige Agendapunkte (mehrmals) behandelt werden den Tatbestand ergeben sollte, einen frühestmöglichen Neuwahltermin auszurufen. Kurzum: die Regierungsarbeit wird benotet.
Ausgang der vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich? Betrifft doch nur das Parlament. Macron muss doch nicht gehen. Ja, Mehrheit für Konservative halt.
Forderung nach Neuwahlen auch in Deutschland? Siehe oben! Frühestens nach 3 und spätestens nach 6 Jahren z. B.. Und wie schon jetzt Parlamentsauflösung nach "verlorener Vertrauensfrage" plus entspr. Akt des Staatsoberhauptes. Vertrauensfrage auch nach 2 Jahren Wahlperiode auf Verlangen von 25% im Bundestag. In Sachen Demokratie haben wir eben noch nicht das demokratischste Grundgesetz. Verfassung schon garnicht!
Was müsste die Ampel im Bestfall machen? Die Zufriedenheit im ganzen Land wieder gewinnen und herstellen und für alle Geschädigten der COVID-19-Massnahmen grosszügige Entschädigungen anbieten. Anscheinsbeweise für die Schuld der Regierenden gibt es zuhauf und müssten ausreichen. Für den Entlastungsbeweis und für Amnestie sind sie selbst zuständig.
Welche Bedeutung hätten Neuwahlen für Deutschland: Wiederbelebung souveräner Prozesse, insbes. die Einbeziehung des Volkes. Dann wird auch wieder gut Fussball gespielt, mit Freude die Nationalflagge / Bundesflagge(?) geweht. Rechtsaussen und rechtsextrem ist halt' Opposition und nicht mehr und nicht weniger. Der Pluralismus, der Globalismus und Diversitismus bedeutet auf lange Sicht der Untergang ethisch verfasster Normen, denn Freiheit bedeutet Konstitutionalität statt Pluralität, Souveränität statt Globalismus und Individualität statt Diversität. Recht wird zu Unrecht ohne Billigkeit und Anstand.
Es wird eine Koalition aus Schwarz-Rot-Geld-Grün so oder so
Doch, ich fordere Neuwahlen aus dem demokratischen Prinzip heraus. Wenn sich dadurch nichts ändert, dann liegt es nicht an mir, sondern am Einheitsblock der (globalischen) Parteien, die nur dem Namen nach noch zu diversifizieren sind, aber real nur ein Geschlecht zeigen.
- Wie bewertet Ihr das Vorgehen in Frankreich?
-> Macron bleibt ja Präsident. Er nimmt halt Druck vom Kessel. Gleichzeitig ändert das nichts an der Tatsache, dass er die Politik bestimmt. Der Präsident hat in Frankreich viel Macht. Neuwahlen ändern nichts daran.
Verfassung der Fünften Französischen Republik – Wikipedia
- Wie schätzt Ihr den Ausgang der vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich ein?
-> Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden nach dem romanischen Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen für jeweils fünf Jahre gewählt.
Für die Wahl zur Nationalversammlung werden 577 Wahlkreise gebildet, in dem jeweils ein Abgeordneter gewählt wird.
Es gibt also ein Mehrheitswahlrecht, ähnlich wie in Grossbritannien. Und das macht es schwer vorhersehbar. Das Ergebnis der Europawahl ( Verhältniswahlrecht) ist da nicht anwendbar. Auch lag die Wahlbeteiligung in Frankreich nur bei 51 %.
- Wie steht Ihr zur Forderung nach Neuwahlen auch in Deutschland?
-> Unsere Verfassung ist eine andere. Neuwahlen sind nur dann vorgesehen, wenn der Bundeskanzler im Parlament keine Mehrheit bzw. nicht mehr das Vertrauen der Abgeordneten hat. Das ist aktuell nicht der Fall. Somit sind auch keine Neuwahlen erforderlich.
- Was müsste die Ampel - besonders die SPD - aufgrund der schlechten Wahlergebnisse im Bestfall machen?
-> Für eine wesentliche Trendwende ist es meines Erachtens zu spät. Von unnötigen Aktionismus ist abzuraten.
- Was würden vorgezogenen Neuwahlen für Deutschland Eurer Meinung nach bedeuten?
-> Sie würden unnötige Unruhe bringen. Man sollte sich durch das billige populistische Geheule von Unionsseite nicht beieinflussen lassen.
Es gibt absolut keinen Grund für Neuwahlen in Deutschland. Wenn man jedes Problem als einen Grund für Neuwahlen nehmen würde, dann hätten wir dauernd welche, denn irgendjemanden passt immer irgentetwas irgendwie überhaupt nicht. Es hat schon ziemlich gute Gründe, dass unsere Gesetzgebung die Hürden hierfür so hoch gesetzt hat. Forderungen wie z.B. die von dem Söder sind nichts anderes als billigster Populismus, denn ich kann mich nicht erinnern, dass wir am Wochenende eine Bundestagswahl gehabt hätten, auch wenn die Populisten, das gerne gehabt hätten. Von einem Ministerpräsidenten erwarte ich da mal etwas mehr Contenance, da finde ich die Reaktion von Hr. Günther allemal angemessener. Man könnte ja auch fordern, dass das komplette Versagen der bayrischen Staatsregierung in Zuge der Flutkatastrophe deren sofortige Ablösung erfordert, was natürlich absoluter Quatsch ist.
Klar, hat die Ampel jetzt Hausaufgaben, u.a. sich besser zu verkaufen (wird sehr schwierig mit einem Kommunikationsdesaster wie Scholz...) und die Populisten zu enttarnen. Gute Kompromisse finden, die uns voranbringen, auch Herr Lindner sollte mal wieder auf den Boden zurückkommen, sein kindliches mit den Füssen auf den Bodenstampfen bringt uns aktuell überhaupt nicht weiter.
Vorgezogene Neuwahlen würden zunehmende Instabilität bedeuten - genau das Gegenteil von dem, was wir als Gemeinschaft gerade benötigen und auch die benötigen, die durch ihre Wahl Unzufriedenheit ausgedrückt haben. Wir dürfen nicht auf diesen billigen Populismus hereinfallen, denn Instabilität ist genau das Ziel von diesem!
Da das Wort populist vom lateinischen Wort Populus (wörtlich übersetzt: Das Volk) kommt, wäre es doch sinnvoll in einer Demokratie nicht herablassend über das Volk zu sprechen.
ich vermute dass du mit den Populisten die AFD meinst, persönlich ist mir diese Partei auch zuwider.
Allerdings sehe ich einen Zusammenhang mit der herablassenden und bevormunden Art und Weise aktuelle Politiker gegenüber den Bürgern auftreten und einer Stärkung der AFD.
Was in einer gewissen Art und Weise aber auch vorhersehbar war und ist
Hier noch einmal die definition des Wortes, anhand welcher man auch Recht gut die Arroganz der Menschen sehen kann welche dieses Wort in einer herablassenden Art und Weise verwenden:
Dem Begriff Populismus (von lateinisch populus ‚Volk') werden mehrere Attribute zugeordnet. Charakteristisch ist die betonte Unterscheidung von einerseits dem „Volk“ und andererseits einer als korrupt und selbstgefällig bezeichneten politischen oder wirtschaftlichen „Elite“.
Die viel zitierte herablassende und bevormundete Art sehe ich nicht. Wir habendie Politiker gewählt um unser Land in die Zunkunft zu führen. Wir haben schwere Zeiten und nicht alle Entscheidungen sind PillePalle. Aber wenn jetzt schon ausländische Firmen abwandern ,weil es bei uns zu wenig regenerativen Strom gibt und ausländische Facharbeiter wegen Hetze nicht kommen wollen sehe ich schwarz
Nein, deine Vermutung ist falsch. Meine Verwendung des Begriffes bezog sich auf Populisten im gesamten politischen Alltag. Dass dies u.a. besonders auf die AFD zutreffen mag, hast Du schon korrekt angemerkt, aber man sieht diese Populisten auch in allen anderen Parteien - mal mehr, mal weniger.
Wenn zitiert wird, dann bitte immer den vollen Kontext zitieren und das Zitat nicht aus dem Zusammenhang reißen, da sonst der Inhalt sehr leicht verfälscht wird. Deshalb hier noch mal die gesamte Quelle (Wikipedia):
"Dem Begriff Populismus (von lateinisch populus ‚Volk‘) werden mehrere Attribute zugeordnet. Charakteristisch ist die betonte Unterscheidung von einerseits dem „Volk“ und andererseits einer als korrupt und selbstgefällig bezeichneten politischen oder wirtschaftlichen „Elite“. Unter Ausnutzung und Verstärkung vorhandener Stimmungslagen soll so einer populistischen Bewegung/einem populistischen Führer ein politischer Vorteil entstehen mit dem Ziel des Machterwerbs. Häufig erscheint er als Bestandteil politischer Ideologien sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums."
Eine andere klare Definition für Populismus findet man auch im Duden:
https://www.duden.de/rechtschreibung/Populismus
Bilde sich jeder nun seine Meinung, ob Populismus in seinen Ausprägungen wirklich dem Volk dienen will.
Hatten wir da nicht schon mal so eine radikal ausgerichtete Partei mit einem durchgeknallten Österreicher an der Spitze? Die hatten doch auch die wirtschaftlich und politisch prekäre Lage Deutschlands gekonnt für ihre Zwecke ausgenutzt. Populismus war eines ihrer "Instrumente".
Koalitionsverhandlungen sind verfassungsrechtlich irrelevant! Es sollte reichen, den Kanzler innerhalb von 3 Wochen nach der Bundestagswahl wählen zu müssen. Die Bestimmung haben wir leider nicht! Sehr gut wäre auch eine Regelung, die besagt, dass das Parlament innerhalb von 6 Wochen eine Prioritätenliste oder Regierungsagenda zu verabschieden hätte und sich die Kanzlerbewerber dazu zu äussern hätten und dann nach 6 plus seiner Woche der Kanzler zu wählen wäre.
Mal vorweg, ich bin einigermaßen erstaunt, dass sowohl die Parteien als auch die Medien so tun, als sei die Europawahl eine Art vorgezogene Bundestagswahl. Letzten Sonntag haben wir das Europaparlament gewählt, nicht mehr und nicht weniger.
Nun zu den konkreten Fragen:
- Macron macht hier meiner Meinung nach einen taktischen Schachzug. Der Ausgang ist jedoch ungewiss. Letztlich ist der Versuch, sich jetzt ohne langen Wahlkampf bestätigen zu lassen, durchsichtig. Wie gesagt, der Ausgang ist ungewiss.
- Die Forderung nach Neuwahlen in Deutschland wird immer wieder laut. Wir tun gut daran, unsere sowieso nicht sonderlich lange Legislaturperiode von vier Jahren beizubehalten. Sonst wird ein Regieren immer weniger möglich. Die vielen Landtagswahlen stören die Phasen außerhalb von Wahlkämpfen sowieso schon sehr. Es könnte sinnvoll sein, hier eine Synchronisierung der Perioden in Angriff zu nehmen, sodass die Landtage einheitlich zwei Jahre nach der Bundestagswahl gewählt werden.
- Wie in meiner Vorrede gesagt, ist die Europawahl zwar ein Stimmungstest, aber sie war ja eine Wahl des Europaparlaments und nicht des Bundestages. Daher hat das Ergebnis keinen direkten Einfluss auf den Bundestag.
- Vorgezogene Wahlen würden die Parteien in einen Turbo-Wahlkampfmodus bringen. Ein konstruktives Regieren wäre damit augenblicklich komplett abgewürgt. Die politischen Verhältnisse deuten nicht darauf hin, dass eine künftige Regierung entscheidungsfreudiger werden könnte. Daher würden wir gut daran tun, den Ruf nach Neuwahlen spätestens nach dem Ende des anstehenden Sommerlochs zu beenden. Als Sommerlochthema ist mir das Thema jedoch genauso recht wie all der Unsinn der vergangenen Jahre. Nur ein bisschen früh.
Bis wieder eine Koalition zustande kommt, vergeht auch wieder viel Zeit.
notting
Koalitionsverhandlungen sind verfassungsrechtlich irrelevant! Es sollte reichen, den Kanzler innerhalb von 3 Wochen nach der Bundestagswahl wählen zu müssen. Die Bestimmung haben wir leider nicht! Sehr gut wäre auch eine Regelung, die besagt, dass das Parlament innerhalb von 6 Wochen eine Prioritätenliste oder Regierungsagenda zu verabschieden hätte und sich die Kanzlerbewerber dazu zu äussern hätten und dann nach 6 plus seiner Woche der Kanzler zu wählen wäre.
Niemand fordert Neuwahlen in D. Und das Ergebnis würde sich kaum ändern