Welche der sieben Todsünden missachtet ihr am meisten?
Habgier
Habgier und Geiz sind kein Privileg der Mächtigen. Wir scheinen geradezu ein Volk von Schnäppchenjägern geworden zu sein, die eine seltsame Mischung von Geiz und Habgier praktizieren – möglichst viel haben wollen und möglichst wenig dafür bezahlen: Das Wort vom "Preis-Leistungs-Verhältnis" taucht in fast allen Unterhaltungen über Restaurantbesuche oder Urlaubsreisen spätestens im zweiten Satz auf.
Wollustist heute kein Laster mehr, kaum noch eine verzehrende Leidenschaft, sondern eine stets verfügbare, schnell konsumierbare Angelegenheit. Der moderne Casanova ist kein verruchter Frauenheld, sondern ein armer Sexsüchtiger. Der zeitgenössische Don Juan ist ein Getriebener, der seine Selbstwertprobleme durch sexuelle Eroberungen kompensiert. Eine durch und durch banalisierte Sexualität prägt und imprägniert unsere Gesellschaft: Die permanente Stimulation der sexuellen Lust ist ein gängiges Marketinginstrument, sexuelle Schlüsselreize sind ein Kaufanreiz, und überhaupt ist "sexy" ein unverzichtbares Lifestyle-Attribut.
Völlereiin all ihren Erscheinungsformen – Fresssucht, orgiastische Prasserei, Trunksucht, demonstrative Verschwendungssucht – wird am wenigsten noch als Sünde wahrgenommen. Völlerei gilt in manchen Kreisen zwar eher als verachtenswerte, prollige Charakterschwäche, oder sie ist der Ausdruck einer gesundheitlichen Störung, die in erster Linie als ästhetisches Problem augenfällig wird. Die Unmäßigkeit im Oralen zeigt sich in vielerlei Symptomen: Sie ist abzulesen an der zunehmenden Adipositas-Häufigkeit, an epidemisch verbreiteten Essstörungen, an den Suchtstatistiken.
Neidist die erste Sünde jenseits von Eden: Kain erschlug Abel aus Neid. Aber spätestens mit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters ist Neid der eigentliche Motor des Fortschritts und des wirtschaftlichen Wachstums. Das gilt erst recht heute, im beschleunigten Konsumkapitalismus, wo es um jeden Preis gelingen muss, den Wunsch "Das muss ich auch haben!" immer wieder neu zu wecken. Neid ist aber auch ein mächtiges Ordnungsprinzip in modernen Gesellschaften. Er kristallisiert sich zu Strukturen und Institutionen, die ihn managen und beschwichtigen sollen, weil er immer den Keim von Staatsverdrossenheit und Revolten in sich trägt: Die progressive Besteuerung der höheren Einkommen ("Neidsteuern") in vielen Staaten und ausgeklügelte Kompensationsmechanismen zeugen von der befriedenden, ausgleichenden Macht des Neides. Neid gerinnt dennoch häufig zum Ressentiment – und wird als solcher zum seelischen Dauerschmerz, weil existenzielle Ungleichheiten und soziale Ungerechtigkeiten nie auch nur annähernd beseitigt werden können.
Hochmuthat seit biblischen Zeiten die Gesichter der Überheblichkeit, der Abgehobenheit, des Dünkels und der Eitelkeit: "Ich bin besser, schöner, klüger als andere!" Selbstüberschätzung und intellektuelle Arroganz gehören heute ebenso zu seinen Erscheinungsweisen wie die ungehemmte Zurschaustellung schönheitsoperierter und gestylter Körper. Andererseits gehört der medial aufbereitete tiefe Fall der Hochmütigen inzwischen zur Grundversorgung von Unterhaltung und Nachrichten: Wir delektieren uns am Sturz der Eitlen in die Lächerlichkeit, und mit grimmiger Zufriedenheit registrieren wir die Verbannung der allzu Hochfahrenden ins existenzielle Aus. Dabei haben sich die Maßstäbe in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verschoben: Ein bestimmtes Maß an Narzissmus wird heute jedem zugestanden, der mit anderen konkurrieren muss.
Trägheitnistet heute vor allem dort, wo sich der Rückzug aus der Verantwortung für den Nächsten als vorgeblich rationale Haltung, als Nichteinmischung tarnt. Trägheit ist heute vor allem Gleichgültigkeit, sie zeigt sich im willentlichen Ignorieren fremder Schicksale, sie ist die bequeme Neutralität, die uns nahelegt, sich rauszuhalten. Sie erscheint aber auch als habituelle Denkfaulheit und als Selbstunterforderung, oft genug getarnt als Überlastung. Trägheit macht, paradoxerweise, erfinderisch: Wir arbeiten daran, immer mehr Bewegung zu vermeiden – sowohl körperliche (mit dem Auto zum Zigarettenholen, mit dem Lift ins Fitnessstudio, einkaufen im Internet) als auch geistige (fernsehen statt lesen, denken lassen statt selber denken).
Zornsind wir heute! Wie leicht entflammt unsere Wut! Rasch erbost sind wir vor allem über die anderen Sünder, die uns Zeit und Geld kosten, die unserer Gier oder unserer Lust in die Quere kommen oder uns in unserer Trägheit stören. Wir sind empört und wütend ("Ich krieg so’n Hals!"), weil unsere Ansprüche nicht befriedigt oder unsere Rechte nicht respektiert werden – und wir haben hohe Ansprüche und viele Rechte! Bereits eine kurze Fahrt mit dem Auto bringt einen in Berührung mit dem eigenen Zorn und mit den vielen anderen Zornigen: mit wütenden, lichthupenden Dränglern oder aufgeregt gestikulierenden Pädagogen.
Das Ergebnis basiert auf 26 Abstimmungen
14 Antworten
Als Atheist geht mich der Rotz der Todsünden nix an. Zumal sie gar nicht in der Bibel erwähnt werden, sondern ein Konstrukt der Katholischen Kirche sind.
Aber der Völlerei und der Trägheit bin ich nicht immer abgeneigt. Gelegentlich bin ich auch neidisch und zornig. Sprich ich bin ein ganz normaler Mensch.
So lange man keinen anderen schädigt ist alles okay. Habgier erfolgt oft zum Nachteil anderer, deshalb ist sie nicht okay. Bei Wollust gilt, alles ist erlaubt, was beiden gefällt. Bei Zorn kann man anderere treffen. Neid empfindet jeder mal, auch wenns die meisten nicht zugeben. Wenn ich missgünstig bin und andere deswegen ungerecht behandele, z. B. Intrigen mache, ist es verwerflich. Aber wie viel ich fresse, wie lange ich im Bett legen bleibe und wenn ich mal meinen Rappel habe, ist allein meine Sache.
Wenn man es jetzt mal ganz genau nimmt:
Wenn du zu viel isst, wirst du krank und kannst irgendwann nicht mehr arbeiten. Der Steuerzahler kommt für dich auf. Genauso wäre es bei Trägheit, wenn du den ganzen Tag nichts tust.
Es gibt nur eine Sünde, nicht an Jesus Christus glauben.
(Sünde heißt wörtlich übersetzt: Zielverfehlung)
... am meisten und Neid am wenigsten. Würde ich mal so sagen.
Die meisten Menschen missachten diese Dinge nicht absichtlich sondern, weil sie nicht anders können, weil sie vielleicht Psychische Probleme haben. Wenn sie extrem eines davon leben..
Da es mir und anderen Gut geht in dem Moment, scheint dass ich keines von diesen 7 extrem in meinem Leben integriert habe. Es gibt aber sicher immer wieder was ich verbessern könnte. Wollust ist aber jetzt nicht, dass ich gerne regelmäßig bestimmte Speisen esse die ich selber als Gesund empfinde. Genuss ohne Gesundheit hat für mich keinen Sinn...
Besser ist es diese 7 Sünden zu umwandeln.
Hochmut (Stolz) → Selbstbewusstsein
Selbstbewusstsein bedeutet, die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu erkennen und wertzuschätzen, ohne andere herabzusetzen.
Geiz (Habgier) → Sparsamkeit
Sparsamkeit ist der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen, der sowohl für die eigene Zukunft als auch für das Wohl der Gemeinschaft vorteilhaft ist.
Wollust → Leidenschaft
Leidenschaft bedeutet eine respektvolle und gesunde Hingabe an emotionale und körperliche Beziehungen, die tiefes Engagement und Freude beinhaltet.
Zorn → Durchsetzungsvermögen
Durchsetzungsvermögen ist die Fähigkeit, sich entschieden und fair für die eigenen Rechte und Ziele einzusetzen, ohne aggressiv zu werden.
Völlerei → Genuss
Genuss bedeutet, die Freuden des Lebens in Maßen zu schätzen und bewusst zu erleben.
Neid → Bewunderung
Bewunderung ist die positive Anerkennung und Wertschätzung der Fähigkeiten und Erfolge anderer, ohne negative Gefühle.. Wenn man selber etwas gerne hätte was eine andere person hat, kann dies zu Inspiration führen um sich selber weiter zu entwickeln. Man muss sich nicht immer mit allen zufrieden geben.
Trägheit → Erholung
Erholung bedeutet, sich bewusst Zeit für Ruhe und Regeneration zu nehmen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern.
Übrigens Arbeit sollte eigentlich etwas positives sein. Man sollte sich eher mehr darum kümmern was die eigenen Talente sind und seine Berufung folgen. Einfach nur Fleißig sein, weil andere es fordern hat keinen Sinn.
Am Ende ist man selber dafür verantwortlich wie man seine Arbeitsleben gestallten. Niemand sagt, dass man es so machen muss wie die Schule es sagt. Ich selber brauche sehr viel Ruhe, viel Zeit für mich bzw Regeneration Zeiten.
Jeder Mensch ist individuell.
LG
Sandy
Was soll das Ganze sein?! Das meiste ist normal und menschlich. So ein Quatsch das als was verbotenes oder als „Sünde“ darzustellen.
Ich bin manchmal genervt.
Man muss es nicht übertreiben aber schlechte eigenschaften sind das auf jeden Fall.
Wenn man ein disziplinierter und sich wertschätzender Mensch ist, der seinen inneren Frieden hat, hat man mit diesen Dingen nichts zu tun.
Man ist nie sauer? Utopie. Neid ist sogar ein normales Gefühl.
Klar ist das irgendwo in unserem Umfeld utopisch, aber es gibt z.B. Mönche, die Meditieren den ganzen Tag. Die bringt nichts aus der Ruhe.
Ausser die DB. Aber ich bin nur sauer, wenn man mich fragt wie das Essen schmeckt und wenn ich für den Moment keine Ideen fürs Klavier habe UND wenn ich mich irgendwo stoße.
Hier hat jemand gerade geschrieben. Darum geht es:
Bei der Sünde gehts immer um die Extreme. Du bist kein schlechter Mensch, wenn du mal die Beine hochlegst. Du bist einer, wenn du keine Lust hast, etwas für dich und deine Mitmenschen zu tun und erwartest, dass man dich dafür einfach durchfüttert.
Ja. Aber ich bin nicht religiös also sind Sünden für mich inexistent. Es ist dafür da um die Leute an die Religion/religiöse Gemeinschaft zu binden.
Ich bin auch nicht religiös, aber keine dieser Sünden/Verhaltensweisen ist gut, wenn man sie übertreibt.
Klar ist das irgendwo in unserem Umfeld utopisch, aber es gibt z.B. Mönche, die Meditieren den ganzen Tag. Die bringt nichts aus der Ruhe.
Also das ist nun genauso wenig sinnvoll. Wut ist ein wichtiges Gefühl, es ist meist ein starker Hinweis, dass die eigenen Grenzen überschritten werden. Und dagegen sollte man sich natürlich zur Wehr setzen, sonst passiert das wieder und wieder. Die eigenen Emotionen ständig zu unterdrücken ist ein sehr ungesunder Umgang mit ihnen, der auf lange Sicht große Schäden in der eigenen Emotionsverarbeitung und -regulierung verursacht.
Vollkommen richtig was du sagst, aber es gibt eben Menschen, die bringt so gut wie nichts aus der Fassung. Die haben eine innere Ruhe, das ist zum beneiden.
Ich bin auch nicht religiös, aber all diese Verhaltensweisen sind nicht gut, wenn man sie zu extrem betreibt.