Warum wird einen in der Schule beigebracht , das man aus negativen Zahlen KEINE Wurzel ziehen kann?
Obwohl das doch geht??
Z.B:
gleich ,,i“
11 Antworten
In der Schule geht es eher um reelle Zahlen. Genauer gesagt wird dir in der Schule nicht beigebracht, dass man keine Wurzeln aus negativen Zahlen ziehen kann, sondern, dass man im Bereich der reellen Zahlen keine Wurzeln aus negativen Zahlen ziehen kann. [Und das geht dann tatsächlich nicht. „i“ ist schließlich keine reelle Zahl.]
Nur ist es auf Dauer etwas anstrengend, andauernd „im Bereich der reellen Zahlen“ dazu zu sagen, sodass man diesen Zusatz oft einfach weglässt, da es eigentlich klar ist. In der Schule gilt sowieso: Wenn nichts anderes gesagt wird, werden die reellen Zahlen als Grundmenge angenommen. [Bzw. in niedrigeren Klassenstufen, wenn die reellen Zahlen noch nicht eingeführt worden sind, auch nur die rationalen Zahlen oder die ganzen Zahlen.]
Und außerdem vor allem auch... Dann müsste man den Schülern die komplexen Zahlen erklären. Diese sind aber evtl. gar nicht Teil des Lehrplans. Der Lehrer muss aber den Lehrplan erfüllen und kann daher nicht beliebig Zeit für längere Exkurse verwenden, die ihm dann an anderer Stelle dafür fehlt.
Und... Es gibt auch an der Uni durchaus Dozenten, die „√(-1)“ als Schreibweise nicht gerne sehen, da sie das Wurzelsymbol nur im reellen Kontext definieren! Da wird √(z) für negative Zahlen z (oder allgemeiner für komplexen Zahlen, die nicht positiv oder gleich 0 sind) undefiniert gelassen. Denn...
Da müsste man die Wurzel anders definieren. Man könnte √(z) dann nicht mehr als „nicht-negative reelle Lösung x der Gleichung x² = z“. Stattdessen muss man dann den Hauptwert der komplexen Quadratwurzel einführen, welcher üblicherweise über...
... oder über...
definiert wird. Und das erklärst du dann mal einem normalen Schüler, der sowieso schon mit anderen Dingen überfordert ist.
Und das ist dann auch nicht „die Wurzel aus z“ sondern „eine Wurzel aus z“, nämlich „der Hauptwert der Quadratwurzel aus z“. [Dies wird vor allem deshalb in den komplexen Zahlen relevant, da man da nicht mehr einfach sagen kann: Ich nehme den nicht-negativen Wert.]
Und... Dann müsste man den Schülern auch noch erklären, dass sie verdammt nochmal noch besser als ohnehin schon auf die Voraussetzungen einiger Rechenregeln aufpassen müssen. Denn einige der schönen Rechenregeln gelten dann nicht mehr. Beispiel: Finde den Fehler in der folgenden (falschen) Gleichungskette.
Lösung zum "Fehler in der Gleichungskette": Sollte jemand nicht gleich darauf kommen, welche Rechenregel genau hier gebrochen wurde - es ist die oben genannte andere Definition der Wurzel im komplexen Zahlenbereich. Einfaches "zusammenziehen" ist hier nicht mehr erlaubt. Stattdessen muss man sqrt(-1) gleich wieder durch entweder i oder |-1| ^ (1/2) * e ^ ((1/2) * i * pi) ersetzen.
pi als das Argument von -1 steht hier übrigens "stellvertretend" für die 180°, um weche die 1 im Einheitskreis um den Ursprung gegen den Uhrzeigersinn zu e ^ (i * pi) = -1 gedreht wurde.
Wer sich jetzt fragt, warum die ganze Kreiskonstante pi nur einem halben Kreis entspricht, den kann ich an dieser Stelle an "Das Tau-Manifesto" verweisen, welches sich mit der Pädagogik und Verständlichkeit der Kreiskonstante an Schulen auseinandersetzt. Vielleicht ganz passend zum Thema dieser Frage hier.
Es kann gut sein, dass ihr ein Verfahren kennengelernt habt, die Wurzel aus einer positiven reellen Zahl annäherungsweise zu bestimmen (nach und nach immer weitere Kommastellen).
Ein solches Verfahren allerdings gibt es im Bereich der komplexen Zahlen nicht.
Alles, was man sagen kann, ist, dass es im Bereich der komplexen Zahlen zwei Zahlen gibt, deren Quadrat -1 ergibt. Die eine davon nennt man üblicherweise i. Die andere ist dann (nachdem man die eine der beiden i genannt hat!), die Zahl -i. Das ist dann ja klar, weil
(-i)·(-i) = (-1)·i·(-1)·i = (-1)²·i² = 1·(-1) = -1,
(unter Benutzung von Rechengesetzen, ohne die man nicht von einem "Zahlbereich" sprechen würde; diese werden natürlich axiomatisch erfasst, aber das ist hier nicht das Thema).
Es gibt in einem Zahlbereich (der von den natürlichen Zahlen ausgeht und diesen Grundbereich erweitert) also entweder gar keine Lösung der Gleichung
x² = -1
(wie in R) oder es gibt automatisch zwei Lösungen, und - anders als bei positiven reellen Zahlen!! - gibt es keine Möglichkeit, eine dieser beiden besonders auszuzeichnen (etwa als "positiv"). Man möge nicht etwa denken, die eine (nämlich -i) sei "negativ", weil sie "mit einem Minuszeichen anfängt" - das ist ein weiterer Irrglaube.
Daher ist es auch unsinnig, von "der" Wurzel aus -1 zu reden. Die Schreibweise mit dem Wurzelzeichen und -1 als Radikanden hat tatsächlich keinen Sinn, so oft man sie auch sieht: Sie verwirrt nur den Geist und kann sehr leicht Fehler erzeugen.
Diese ganze Diskussion will ein Lehrer / eine Lehrerin vor der Klasse natürlich vermeiden, weil sie einen Rattenschwanz von Fragen nach sich ziehen würde, die weit aus dem Schulkanon hinaustragen. Und aus dem von mir angegebenen Grund ist es ja tatsächlich richtig, dass es eine "Wurzel aus -1" nicht gibt: Es gibt allenfalls zwei Zahlen, deren Quadrat -1 ergibt. Das ist aber etwas anderes!
Man soll daher nicht vorschnell schließen, dass die Lehrerin zu ungebildet sei, um sich mit i auszukennen. Es kann sehr wohl so sein, dass ihr bewusst ist, welcher Unfug mit dem Halbwissen um i getrieben wird (siehe auch in diesem Thread!) und sich darauf gar nicht erst einlassen will.
Die komplexen Zahlen lC werden definiert durch die Adjunktion IC:=lR(i) der Lösung (Wurzel) i:=Wurzel(-1) der Gleichung i^2=-1 zu den reellen Zahlen lR.
Quelle:
Wozu zitierst du diese Seite? Schrieb ich nicht, dass man die unsinnige Notation "Wurzel aus -1" oft sehen kann? Natürlich hat dies historische Gründe. Daher kann man am laufenden Band Quellen zitieren, die sie verwenden.
Jeder algebraische Erweiterungskörper eines Grundkörpers K entsteht "durch Adjunktion einer Nullstelle eines Polynoms über K" - eine klassische, aber deswegen nicht unbedingt gute Ausdrucksweise: Ist "Adjunktion" eine Tätigkeit? Man muss auch diesen Begriff erst einmal vernünftig definieren; sonst könnte man ihn naiv so lesen, als "täte man, um C zu bekommen, zu R das Element i hinzu".
Du sprichst mit deinem Zitat nur eine weitere Baustelle in der algebraischen Terminologie an. Denn historisch hat sich eine Doppelverwendung des Begriffs "Wurzel" ergeben:
a) die Wurzel aus einer Zahl. Davon war bislang in diesem Thread immer die Rede.
b) eine Wurzel eines Polynoms. Das ist ein historisch entstandener Name für eine Nullstelle eines Polynoms. Nicht umsonst verwenden modernere algebraische Texte (seit langem!) den letzteren Begriff - nämlich um die Verwirrungen durch die erwähnte Doppelverwendung des Wurzelbegriffs zu vermeiden; gerade daher rührt ja insbesondere die ganze Unklarheit der Reden über i.
Spricht man von "der Wurzel", so ist der bestimmte Artikel nur im Falle von Eindeutigkeit sinnvoll. Im Falle negativer Radikanden ist eine solche nicht zu erzielen. Daher ist die Ausdrucksweise "die Wurzel aus -1" unsinnig.
Spricht man von "einer Wurzel", so ist damit der Sprachgebrauch b) gemeint. In diesem Sinne ist i eine Wurzel (=Nullstelle) des Polynoms x²+1 über R. Man muss sich bewusst sein, dass man hier "Wurzel" in einem anderen Sinn verwendet als im Sprachgebrauch a) - und das sollte man tunlichst vermeiden, indem man "Nullstelle" sagt. Würde man das konsequent tun, wäre ein großer Teil der historisch bedingten Verwirrung sofort beseitigt. Aber Stellen in solchen Texten wie in dem von dir zitierten sind offenbar unausrottbar.
Es gibt einen objektiven Grund, weswegen man den Sprachgebrauch b) wahrscheinlich nie los werden wird, obwohl er ein Hauptgrund der ewigen und völlig unnötigen Diskussionen insbesondere um die Zahl i ist: Denn einer der ganz wichtigen Begriffe in der Theorie der Körpererweiterungen ist der der
n-ten Einheitswurzel .
Sind ein Körper K und eine natürliche Zahl n, gegeben, so bezeichnet man als eine n-te Einheitswurzel über K eine Nullstelle des Polynoms
x^n - 1,
d.h. eine Lösung der Gleichung x^n - 1 = 0, die natürlich äquivalent ist zu
x^n = 1.
Über dem rationalen Zahlkörper Q hat diese Gleichung genau n Lösungen; dies sind die n-ten Einheitswurzeln (über Q). Eine davon (die "langweiligste") ist die Zahl 1.
Aber die n-te Wurzel aus der Zahl 1 (Sprachgebrauch a)) ist und bleibt die Zahl 1. Dafür interessiert überhaupt nicht, dass das Polynom x^n - 1 noch n-1 weitere Nullstellen hat (die man in historischer Verkleisterung auch seine "Wurzeln" nennt (Sprachgebrauch b)).
Die Verwendung desselben Wortes in zwei verschiedenen Bedeutung ist, wie jeder Mathematiker weiß, ein Grundübel. "Der" Wurzelbegriff (schon dieser bestimmte Artikel ist falsch verwandt, weil es eben nicht nur eine begriffliche Verwendung des Wortes "Wurzel" gibt) ist ein warnendes Beispiel dafür, welche Wirrnis ein Verstoß gegen Doppelbelegungen von Wörtern in der Terminologie hervorrufen kann. Texte wie der von Wikipedia sind kein "Gegenargument" dazu, sondern pflegen (an brisanten Stellen, natürlich nicht insgesamt) den historisch angelegten Sumpf.
Der Arm der Geschichte ist gerade in diesem Fall besonders lang, weil ausgerechnet die Frage nach den Lösungen algebraischer Gleichungen (~ Nullstellen von Polynomen) das einheizende Problem war, das zur Keimzelle der gesamten modernen Algebra wurde. Und aus jener Tradition stammt die unklare Verwendung des Wortes "Wurzel". Dass die Großen unter den Alten immer wussten, was sie damit meinten, ändert nichts daran, dass für heutige Ansprüche an Klarheit einer Theorie Doppelverwendungen von Wörtern absolutes "NoGo" sein sollten. Übrigens kämpfte selbst ein Gauss noch mit der Sorge seiner Zeit, die "imaginäre Größe i" könne Teufelswerk sein. Meines Wissens verwendet Gauss die ("unheimliche") Zahl i und das Arbeiten mit komplexen Zahlen nur in seinen Tagebüchern.
Kleine Anmerkung: Es gibt auch Verfahren um Wurzeln aus komplexen Zahlen näherungsweise zu berechnen, beispielsweise das Newton-Raphson Verfahren.
Das Newton(-Raphson)-Verfahren bezieht sich auf stetig differenzierbare Funktionen von R nach R. Als Spezialfall erhält man daraus auch eine näherungsweise Berechnung von Wurzeln aus positiven reellen Zahlen.
... und aus komplexen Zahlen. Dabei entstehen sogar sehr hübsche Grafiken:
Ok, dann spricht man von Fraktalen, Julia-Mengen usw., Themen der modernen Funktionentheorie. Ich weiß nicht, wer das ernsthaft noch als "Newton(-Raphson)-Verfahren" bezeichnen will, auch wenn das daraus erwachsen ist. Wer will, soll's tun.
Versteh das bitte nicht als persönliche Kritik, so war das nicht gemeint :)
So wie man dieses Verfahren auf reelle Zahlen anwendet, so kann man es fast analog auch auf komplexe Zahlen anwenden. Dann setzt man keine stetig differenzierbaren, sondern eben meromorphe Funktionen voraus.
Das hat eigentlich nichts mit der ursprünglichen Frage zu tun, ich wollte das nur nochmal anmerken, falls es User gibt die sich dafür interessieren.
Ich denke, dass das so ist, damit die Lehrer die Schüler nicht zu sehr verwirren. Das ist leider sehr oft so, was ich auch sehr schade finde, da z.B. ich sehr viel nach Wissen strebe, und ich daher nicht möchte, dass mir "falsche" Sachen beigebracht werden.
Vielleicht wissen sie es aber auch einfach nur nicht.
Vielleicht wurde ja zumindest einmal irgendwann dazu gesagt: "in den reellen Zahlen", und du hast es überhört
Nein, als wir letzten Wurzelgesetze gesammelt haben, habe ich gesagt ein Wurzelgesetz wäre noch ,,die Wurzel aus -1 ist gleich ,,i“ , da hat unsere Lehrerin gesagt das ist falsch aus negativen Zahlen kann man keine Wurzel ziehen.
Auf welche Schule gehst du, hat deine Mathematiklehrerin studiert?
Die Lehrerin hat recht - im Sinne meiner in diesem Thread gegebenen Antwort!
Im Bereich der reellen Zahlen kann man tatsächlich keine Wurzel aus negativen Zahlen ziehen.
Ich weiß, das klingt jetzt bescheuert, aber ich habe Erfahrung damit gemacht: Wenn dir deine Lehrer etwas nicht glauben, versuche doch mal, dass du es ihnen erklärst. Denn auch bei mir ist es oft so, dass meine Lehrer etwas falsches erzählen, und ich es ihnen dann erkläre.
Was ich meine ist: Du solltest auf deinen Lehrer hören, außer du kannst euch beide von dem Gegenteil überzeugen. Es kann aber auch sein, dass dir dein Lehrer immer noch nicht glaubt. Wenn das der Fall ist, ist dass auch nicht so schlimm, wenn du wirklich mit guten Argumenten selber weißt, dass es stimmt.
Im Zahlenbereich der reellen zahlen geht das auch nicht. Genauso wie man im Zahlenbereich der ganzen zahlen nicht 2 / 3 rechnen kann. Oder im Zahlenbereich der natürlichen Zahlen 3-5 rechnen kann.
Man sagt es nicht weil es im Grunde mehr Probleme geben wird wenn man es tut.
Weil um das zu verstehen muss man die komplexen zahlen erklären. Und um dann mit I zu rechnen muß man die Rechenregeln der komplexen zahlen kennen.
Es bringt also einem schüler absolut 0 das man ihm das sagt.
Genauso wenig wirste in der Schule ggf. Gehört haben das der Satz des Pythagoras nur ein Sonderfall des cosinus Satzes ist. (Setzt man in dem den 90 Grad Winkel ein dann vereinfacht sich der cosinussatz zum Satz des Pythagoras)
"Die komplexen Zahlen werden definiert durch die Adjunktion der Lösung (Wurzel) der Gleichung zu den reellen Zahlen ."
Quelle:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Wurzel_(Mathematik)