Warum klingelt KEIN EINZIGER Radfahrer wenn er einen Fußgänger überholt?

6 Antworten

Es gibt mehrere Gründe:

1. In § 64a StVZO (Einrichtungen für Schallzeichen) heißt es:

Fahrräder und Schlitten müssen mit mindestens einer helltönenden Glocke ausgerüstet sein[...] Andere Einrichtungen für Schallzeichen dürfen an diesen Fahrzeugen nicht angebracht sein. [...]

Bei einer Klingel/Glocke handelt es sich also um eine Einrichtung für Schallzeichen. Und nach § 16 Abs. 1 StVO gilt:

Schall- und Leuchtzeichen darf nur geben,
1. wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholt (§ 5 Absatz 5) oder
2. wer sich oder Andere gefährdet sieht.

Mit einer Klingel gebe ich ein Schallzeichen und dies ist innerorts nur zur Warnung vor Gefahren erlaubt. Und bloßes Nähern von hinten stellt noch keine konkrete Gefahrenlage dar. Denn nach § 1 Abs. 2 StVO hat man sich im Verkehr so zu verhalten, dass man Andere nicht gefährdet. Das heißt, wenn man aufmerksam ist und seine Geschwindigkeit anpasst, sollte es nicht zu einer Gefahrensituation kommen. In manchen Fällen ist also auch auf Überholen zu verzichten, wenn dies nicht gefahrlos möglich ist. Die Klingel sollte dabei nicht zum „Wegklingeln“ von Fußgängerinnen verwendet werden. So benutzt man eine Hupe schließlich auch nicht.

Es gibt hierzu auch ein schönes Urteil des OLG Nürnberg: Rücksichtnahmepflicht des Radfahrers auf Fußgänger

Der Leitsatz lautet:

Das für Fahrradfahrer geltende Gebot, auf kombinierten Fußgänger-/Radfahrerwegen auf Fußgänger im besonderen Maß Rücksicht zu nehmen, begründet keine generelle, situationsunabhängige Pflicht, Fußgänger durch ein Klingelzeichen auf sich aufmerksam zu machen oder sich Fußgängern nur mit Schrittgeschwindigkeit anzunähern.

Außerdem heißt es dort:

Zwar mag die (abstrakte) Gefahr bestehen, dass ein Fußgänger [...] unerwartet und unvermittelt zur Seite tritt und in ein sich von hinten näherndes Fahrrad hineinläuft. Auch wenn Fußgänger nicht fortwährend nach Fahrradfahrern[...] Ausschau zu halten brauchen, weil sie den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite benutzen dürfen und Fahrradfahrer dort keinen Vorrang haben, muss mit einer solchen Sorglosigkeit aber nicht gerechnet werden. Insbesondere haben Fußgänger ihr Verkehrsverhalten ebenfalls auf die besondere Situation, die sich aufgrund des Mischverkehrs ergibt, auszurichten; kombinierte Radfahrer-/Fußgängerwege erfordern gegenseitige Rücksichtnahme. [...]

Aber auch:

Auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg können Fußgänger ohne Zweifel erwarten, dass überholende Radfahrer Abstand und Geschwindigkeit so wählen, dass die Begegnung gefahrlos möglich ist. [...]

Wenn also beide gegenseitig auf sich Rücksicht nehmen, ist in der Regel kein Klingeln erforderlich.

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2. Klingeln wird von vielen Fußgängerinnen als unhöflich angesehen, selbst wenn vorzeitig aus weiter Entfernung geklingelt wird, um diese nicht zu erschrecken. Es gibt leider sowohl Leute, die sich darüber beschweren, dass man klingelt, als auch Personen, die es überhaupt nicht mögen, wenn man nicht klingelt. Erstere sind aber, soweit ich das einschätze, in der Überzahl. Aber man kann es leider nicht allen recht machen. Es scheint, wie man es macht, macht man es falsch.

3. Klingeln führt teilweise zum gegenteiligen Effekt. Die meisten Leute drehen sich um und schauen einen an, nachdem man geklingelt hat. Das führt dazu, dass sie genau den zuvor freien Weg versperren. Klingelt man dagegen nicht, gehen die Leute erstaunlicherweise einfach weiter, auch wenn sie einen bemerkt haben.

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Ich handhabe das jedenfalls so, dass ich grundsätzlich nicht klingel. Stattdessen beobachte ich bereits frühzeitig die Lage (Verkehr hinter mir, Gegenverkehr, Bewegungen und Absichten der Personen) und sorge dafür, dass ich auch ohne klingeln wahrgenommen werde, indem ich bspw. einen Gang vor und wieder zurück schalte. Dann fahre ich mit angepasster Geschwindigkeit und großem Abstand vorbei, wobei ich bremsbereit bleibe.

Ich klingel (außer natürlich in konkreten Gefahrensituationen) nur manchmal, wenn z. B. die Personen mich nicht frühzeitig bemerken bzw. offensichtlich abgelenkt sind und sich unberechenbar verhalten. Beim Vorbeifahren bedanke ich mich dann, damit dies nicht unhöflich herüberkommt. Sollte nicht ausreichend Platz zum Überholen vorhanden sein, quetsche ich mich nicht durch, sondern bleibe dahinter. Viele gehen dann freundlicherweise beiseite, z. B. auf das Gras.

Ich habe mir da wahrscheinlich zu viele Gedanken gemacht, aber ich hoffe mal, das ist einigermaßen verständlich :-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

...wen interessieren denn noch Radfahrer auf dem Gehweg, oder Fußgänger auf dem Radweg?

Der neuste Aufreger Hit sind meiner bescheidenen Meinung nach..... diese dämlichen E-Roller, die jetzt überall kreuz & quer, einfach auf den Gehwegen abgestellt werden, so dass man als Fußgänger gar keinen Platz mehr hat, daran vorbei zu gehen. :)


Beonura 
Beitragsersteller
 01.07.2020, 17:41

Diese dämlichen Roller finde ich auch nicht so dolle, diese Stolperfallen liegen überall herum!

1

Sollte er das? Genügend Abstand und langsam fahren wäre besser.

Sie haltes es nicht für notwendig; die eigene Geschwindigkeit wird nicht als zu schnell wahrgenommen; sie sehen die Fußgänger schon recht lange und der Platz reicht zum Vorbeifahren.

Für den Fußgänger kommt der Radfahrer urplötzlich "aus dem Nichts" und viele erschrecken sich dann. Und die 4fache Geschwindigkeit (20 km/h) erscheint dann schon sehr schnell!

Ganz gefährlich, wenn Hunde im Spiel sind; die laufen nämlich gerne ohne Vorwarnung vors Rad...

Und Fußgänger sind auch nicht berechenbar (spontane Richtungsänderungen, Stehenbleiben usw.); daher passen Sie auch nicht mit Radfahrern auf eine Wegfläche (wird von Verkehrtplanern leider ständig mißachtet und durch blaue Schilder zementiert).

Bitte an die Radfahrer: RECHTZEITIG klingeln und Tempo beim Überholen runter, dann können alle damit gut leben

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich fahr auf dem Radweg. da muss ein Fußgänger selber aufpassen. Falls es Rad/Fußgängerwege sind, klingel ich nur, wenn über die ganze Breite Fußgänger laufen. Sonst fahr ich im großen Bogen um die herum und erschreck die nicht noch extra mit Klingeln. Ich hab nämlich oft erlebt, dass die dann erschreckt zu einer Seite springen, oder auseinander... Fußgänger scheinen kein Rechtsfahrgebot zu kennen....

Zudem tragen viele Stöpsel im Ohr und hören das Klingeln eh nicht