Gibt es real irgendetwas was wirklich unendlich oft vorkommt?
Es gibt im Universum z. B. "wahnsinnig" viele Atome, aber "echt", im mathematischen Sinn, unendlich viele? Oder was auch immer, was könnte es wirklich unendlich oft geben?
7 Antworten
Nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Kenntnisstand ist die Energie im beobachtbaren Universum begrenzt, und damit auch die Zahl der Zustände, die diese Energie annehmen kann. D.h. es gibt tatsächlich eine größte darstellbare Zahl, auch wenn diese mit geeigneten Schreibweisen wie z.B. der
https://de.wikipedia.org/wiki/Pfeilschreibweise
dargestellt wird. Das schöne an der menschlichen Vorstellungskraft ist aber, dass wir das Unendliche trotzdem beschreiben können. Eine Einführung darin wie die Mathematik dies geschafft hat findest du in diesem schönen Buch eines der Professoren meiner Alma Mater
Theoretisch anfassbare Beispiele habe ich dir in anderen Kommentaren schon gegeben, den Umfang eines Kreises mit Radius 1 und die Diagonale eines Quadrates mit Seitenlänge 1. Real sind diese aber nicht messbar, die Konstruktion scheitert bereits an mangelhaftem Konstruktionswerkzeug (incl. unserer Hände) und das Messen sowohl an den beschränkten Messwerkzeugen wie am beschränkten Auflösungsvermögen des menschlichen Auges.
Vielleicht interessiert dich neben dem Buch von Heuser noch ein wenig Beschäftigung mit der
https://de.wikipedia.org/wiki/Grundlagenkrise_der_Mathematik
In der modernen Mathematik wird zugunsten der Einfachheit auf die Forderung nach der "realen Konstruierbarkeit" verzichtet. Der Grund ist dass wenn man die Konstruierbarkeit fordert zusätzliche Widersprüche entstehen, die niemand bruachen kann.
Habe das noch nicht ausführlich gelesen, habe aber allemal darüber nachgedacht. Was macht Mathematik eigentlich: Sie "sortiert" Eigenschaften von jeweils für eine Sichtweise, für ein Ziel sinnvolle Weise. Zwei Stücken Obst könnten ein Apfel und eine Birne sein, daraus ergibt sich, ein Apfel, eine Birne und zwei Stücken Obst.
So gesehen ist, meine ich, Mathematik ein Werkzeug, welches real an Eigenschaften geknüpft ist. Ohne Eigenschaftszuordnung, also rein abstrakt ist Vieles möglich, was real schlicht nicht machbar ist.
Um bei diesem Thema wirklich mit diskutieren zu können musst du dir deutlich mehr Wissen über Mathematik und gerade auch über abstrakte Mathematik aneignen. Die Zusammenhänge, die dabei ans Tageslicht treten sind so erstaunlich, dass sie die die rein abstrakte Betrachtung rechtfertigen. Nur zwei Beispiele
- Die Zahlentheorie liefert tiefgreifende Einblicke in das ganz reale Gebiet der Kryptographie. Aber die Zahlentheorie wird erst richtig fassbar durch die analytische Zahlentheorie, und die wiederum fußt auf den Prinzipien der Analysis und damit "dem Unendlichen".
- Grundlegende Formulierungen der Relativitätstheorie erhält man über die Differentialgeometrie, der Verknüpfung der ach so anschaulichen Geometrie mit der Analysis.
und es gibt viele weitere.
Ich selbst habe mich in meinem Fachgebiet mit der numerischen Lösung von Differentialgleichungen beschäftigt. Hier werden Methoden des unendlichen (z.B. Konvergenztheorien) verwendet, um zu beweisen dass endliche Verfahren bei hinreichend langer Anwendung zu einer kontinuierlichen Lösung eines analytischen Problems führen. Dabei können auch Fehlerschranken berechnet werden, die darstellen wie lange gerechnet werden muß um ein Problem mit vorgegebener Genauigkeit lösen zu können. Dies wiederum ist wesentlich für Modellrechnungen in allen Natur- und Ingenieurswissenschaften.
Du siehst, die Grenze zwischen "ist rein abstrakt" und "kann auf die Realität angewendet werden" ist schlicht nicht haltbar, mit ein Grund warum der Grundlagenstreit inzwischen als beendet gilt.
<<< ... dass endliche Verfahren bei hinreichend langer Anwendung zu einer kontinuierlichen Lösung eines analytischen Problems führen. Dabei können auch Fehlerschranken berechnet werden, die darstellen wie lange gerechnet werden muß um ein Problem mit vorgegebener Genauigkeit lösen zu können. ... >>>
Genau! "hinreichend lange Anwendung", perfekt gesagt. Bedeutet real aber auch, man nähert sich "nur" asymptotisch einer absoluten Genauigkeit an.
Nein, real gibt es von nichts unendliche Mengen. Aber vielleicht unendliche Mengen von Nichts. Denn außerhalb des Universums ist ja auch Nichts.
Materie kenne ich keine die unendlich oft vorkommt.
Aber im mathematischen Sinne ist das nichts besonderes, es gibt Funktionen die unendlich viele Nullstellen haben.
Alles was sich in diesem Universum befindet ist endlich und in permanenten Wandel. Vielleicht jenseits des Universum gibt es sowas.
Nachkommastellen von Pi? Das ist mehr als real und dazu noch ziemlich cool.
LG, LoverOfPi! :P
Pi scheint mir eh die Mathematik veräppeln zu wollen. Wir werden niemals genau Kreisdaten berechnen können. Aber ist auch für sich nur eine abstrakte Zahl, nichts direkt real existierendes — oder?
Reale Punkte könnten nur Elementarteilchen sein, mathematisch abstrakt ist ja nicht realisierbar, nur denkbar.
Naja, sehr gute interessante Antwort, werde mir das Buch mal anschauen. Aber dass es real(!) irgendwas unendlich oft geben kann... also eben nicht "zusammenfassend", abstrakt. sondern (theoretisch) "anfassbar"... noch bin ich nicht überzeugt.