Bei der Polizei Aussagen als beschuldigter?

17 Antworten

Von Experte vanOoijen bestätigt

Ich rate grundsätzlich dazu, als Beschuldigter bei der Polizei keine Aussage zu tätigen. Polizeibeamte werden dich auch auf dieses Recht hinweisen. Dir entstehen dadurch auch keine Nachteile - du bist deswegen nicht "besonders verdächtig".

Dazu ist es hilfreich zu wissen, was Aufgabe der Polizei in Ermittlungsverfahren ist. Ihr Job besteht darin, alle Fakten zum Fall zusammenzutragen. Einschätzungen und Bewertungen erfolgen nur in sehr begrenztem Rahmen.

Die eigentliche juristische Bewertung erfolgt dann durch die Amts- bzw. Staatsanwaltschaft, die entscheidet, ob sie einen Gerichtsprozess anstrebt.

Gerade wenn ein Fall scheinbar klar ist - etwa direkt beim Taschendiebstahl gefilmt und erwischt worden - ist es umso wichtiger, keine Aussagen ohne rechtlichen Beistand zu tätigen.

Nehmen wir an, du sagst in so einem Fall: "Das habe ich noch nie gemacht, aber ich wollte es mal ausprobieren", kann man das entweder positiv werten - du bist Ersttäter, kein gewohnheitsmäßiger Dieb - oder aber man bewertet es negativ und sieht die Bereitschaft zu kriminellem Handeln aus purer Neugierde.

Der Fakt "Er hat gestohlen, die Kamera beweist es", lässt als Tatbestand zunächst einmal nur irgendeine Form von Diebstahl zu. Je nachdem wie du aussagst, kann das aber unterschiedlich bewertet werden.

Wo keine Aussage kommt, kann auch nichts bewertet werden.

Ein Rechtsanwalt (Pflichtverteidiger sind übrigens besser als ihr medialer Ruf) kann dich in Art und Umfang deiner Aussage beraten.


superseegers  08.08.2024, 17:17

Was gibt es denn z.B. bei einem Ladendiebstahl zu leugnen?

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superseegers  10.08.2024, 09:31
@Enzylexikon

Wenn ich direkt beim Klauen erwischt werde, was soll ich da noch bestreiten, einen Anwalt nehmen oder sonstwas? Egal, was andere oder gar Anwälte raten. Einfach Unsinn.

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Agamemnon712  08.08.2024, 08:59
Pflichtverteidiger sind übrigens besser als ihr medialer Ruf

Wie kommst Du zu dieser Aussager?

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Ich würde auf keinen Fall hingehen! Die erzählen zwar gerne, dass es vielleicht eingestellt wird wenn deine Aussage dich entlastet, aber damit wollen sie dich nur dahingehend manipulieren, dass du zur Vernehmung erscheinst. Die Polizei lädt dich nicht vor um die Sache zu klären, und dann zu entscheiden ob es vor Gericht geht, das ist auch gar nicht Sache der Polizei. Denen geht es einzig und allein darum, Beweise und Indizien gegen dich zu sammeln.

Eingestellt wird die Sache dann, wenn nicht genügend belastendes für eine Verhandlung gefunden wird. Wenn du nichts getan hast und nicht aussagst werden sie auch nichts finden, aber wenn du aussagst kann eventuell jede unbedachte Äußerung oder jede Unstimmigkeit in deiner Aussage zum Problem werden und dich schuldig erscheinen lassen. Und die Polizisten sind darin geschult zu versuchen dich in Wiedersprüche zu verstricken. Das ist kein Risiko das man eingehen sollte. Und falls du tatsächlich schuldig bist, solltest du sowieso auf keinen Fall etwas sagen.
Du kannst bei einer solchen Vernehmung nichts gewinnen sondern nur verlieren.


superseegers  08.08.2024, 17:19

Das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist, dass die Polizei auch Entlastendes ermitteln und vermerken muss, das ist ihre Aufgabe. Ein Polizist bekommt keinen Pfennig mehr oder weniger, ob jemand kommt oder nicht, ob jemand aussagt oder nicht oder ob jemand gesteht.

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Tu es nicht. Eine Vorladung der Polizei ist nichts weiter als eine Einladung, die selbstverständlich abgelehnt werden kann. Als Beschuldigter hast du das Recht, die Aussage zu verweigern (s. § 136 StPO), was aus mehreren Gründen sinnvoll ist:

  1. Alles, was du sagst, kann gegen dich verwendet werden. Beispiel: Die Polizei konfrontiert dich mit ihren Ermittlungen und du antwortest, dass die Situation ganz anders war. Damit gibst du zu, dass du am Tatort warst.
  2. Polizisten sind geschult, Dinge aus dir herauszukitzeln. Du sagst ihnen möglicherweise Dinge, die du ihnen gar nicht sagen wolltest, weil sie dich belasten.
  3. Möglicherweise wird das Strafverfahren wegen Mangel an Beweisen, Geringfügigkeit, Verjährung, ... eingestellt. Wenn du jedoch der Polizei Beweise frei Haus lieferst, dann ist es wahrscheinlich, dass es weiter geht (Strafbefehl, Prozess, ...).

Es gibt auch einen sehr unterhaltsamen und informativen Vortrag von Udo Vetter (Strafverteidiger), der sich mit dem Thema Aussageverweigerung und dem Verhalten gegenüber Polizei und Co beschäftigt: https://www.youtube.com/watch?v=bpPv1WEi6ZY

Kannst Du immer beurteilen ob die Lage eindeutig ist?

Polizisten sind Zuträger der Staatsanwaltschaft. Ihre Aufgabe ist es belastbare und eindeutige Beweise zu generieren. Und die meisten Beschuldigten neigen dazu sich um Kopf und Kragen zu reden in einem Verhör.

Daher raten fast alle Rechtsanwälte zunächst einmal dazu die Aussage in einer polizeilichen Vernehmung zu verweigern.

Man kann sich auch später noch schriftlich und überlegt als Beschuldigter zu den Vorwürfen äußern, oder das durch eine Erklärung durch seinen Anwalt gegenüber der Staatsanwaltschaft machen lassen.

Ein Indizienprozess ist zudem immer schwerer für die Staatsanwaltschaft.

Ob man gesteht kann man sich dann in der Hauptverhandlung noch immer überlegen. Macht man das dort vor dem Schuldspruch wird einem das ebenso positiv ausgelegt. Niemand muss gleich gegenüber der Polizei alles zugeben, und das sollte man auch nicht.

P.S. Wenn es eine Vernehmung ist, kannst Du das Protokoll durchlesen und unterschreiben. Was Du mit den Polizisten auf der Straße quatschst wird hingegen nicht protokolliert und dementsprechend wirst Du auch nicht darüber informiert was die in ihr Tagebuch schreiben. Die Anzeige kommt dann später.per Post.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Tätigkeit in einer Kanzlei, Ex-Partnerin ist Rechtsanwältin

Ich würde tatsächlich nie als Beschuldigter aussagen, sofern es nicht eine glasklare Aussage gibt, die dich entlastet.

die Polizisten sagen zwar "alles was sie sagen kann vor Gericht gegen sie verwendet werden" dabei ist es häufig so, dass alles vor Gericht gegen dich verwendet wird.

dann besser gar nichts sagen und vor Gericht gezielt fragen beantworten, statt eine Aussage zu machen, an die du dich irgendwann nicht mehr richtig erinnern kannst und dann Misstrauen erwecken, weil Lücken in der story sind.


superseegers  08.08.2024, 17:21

Du zitierst hier Belehrungen aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum?

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