Wie viel Ähnlichkeit hat die Schweizer SVP mit der deutschen AfD?

5 Antworten

Die Schweizer SVP und die deutsche AfD haben einige Gemeinsamkeiten, insbesondere in ihrer strikten Migrationspolitik und ihrer kritischen Haltung gegenüber der EU. Beide Parteien setzen auf nationale Souveränität und sind gegen unkontrollierte Zuwanderung. Allerdings gibt es auch Unterschiede: Die SVP ist marktliberaler und akzeptiert die demokratische Grundordnung, während die AfD oft als demokratiefeindlich eingestuft wird.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

SVP und AfD sind rechtspopulistische Parteien mit gemeinsamen Zügen, Nationalismus, Einwanderungskritik, populistische Rhetorik und wirtschaftsliberale Tendenzen. Beide positionieren sich als Vertreter des "kleinen Mannes" gegen das "Establishment". Trotz ähnlicher Grundzüge unterscheiden sie sich in ihrer ideologischen Breite, ihrem Umgang mit Extremismus und ihrem politischen Umfeld. Die SVP ist stärker verwurzelt und agiert in einem direkten demokratischen System, während die AfD in Deutschland eine heterogenere Basis hat und mit rechtsextremen Strömungen "in Verbindung" gebracht wird.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

Echo999 trifft es recht gut. Ich denke, der Unterschied basiert vor allem auch im Umgang mit diesen Parteien. In der Schweiz haben wir ein Kollegialsystem: Alle grossen Parteien bilden zusammen die Regierung. Also ist auch ein -oder sogar zwei- Vertreter der SVP im siebenköpfigen Bundesrat. In Deutschland gibt es eine Gesprächsverweigerung. Die führt dazu, dass sich jeder entscheiden muss, ob er für die AfD ist oder gegen sie. Wenn jemand eine härtere Migrationspolitik will, muss er in Deutschland die AfD und Höcke wählen, obwohl auch die meisten AfD-Wähler Höckes Position zu extrem finden. In der Schweiz wird dann ein gemässigter SVP-Vertreter in die Regierung gewählt.

Ich sehe sehr viele Gemeinsamkeiten. In der Migrationspolitik, Sicherheitspolitik, Finanz- und Wirtschaftspolitik, Staatspolitik, Bildungspolitik, Energiepolitik, Familienpolitik, Gesellschaftspolitik, Aussenpolitik, Klimapolitik, Drogenpolitik und Verkehrspolitik sind die Programme beider Parteien sehr ähnlich.

Während die SVP in einem Land zu Hause ist, in welchem die direkte Demokratie seit langer Zeit bereits eingeführt ist, ist es ein Kernanliegen der AfD, die direkte Demokratie nach Deutschland zu bringen.

Wie die FPÖ gibt es die SVP schon lange, und entsprechend sind die beiden Parteien schon deutlich besser in den jeweiligen Ländern akzeptiert, während die AfD trotz einer guten Dekade Erfahrung, immer noch hart gegen die Mainstreamedien, das politische Establishment (Altparteien) und eine deutsche Besonderheit - den Verfassungsschutz - ankämpfen muss. Das sieht man unter anderem daran, dass jedwede Forderung der AfD von den Medien und Konkurrenzparteien sofort in die Nazi -und Rechtsextremismusecke gestellt werden, während gleichwertige Forderungen in Österreich oder der Schweiz von FPÖ resp. SVP nur noch selten für einen derart grossen medialen Wirbel sorgen. Gemäss eines Zeitungsartikels hat die Schweiz bereits neun Kernanliegen der AfD teilweise oder ganz umgesetzt, ohne dass jemand auf die Idee käme, die Forderungen der SVP mit Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen. Was in Deutschland gerne als nationalsozialistisch bezeichnet wird (z.B. die Forderung, kriminelle Ausländer und Gefährder abzuschieben), ist in der Schweiz völlig normal. Es gibt zwar schon ein Theater, wenn die SVP eine neue Initiative z.B. im Asylbereich startet, aber dann nimmt die Stimmbevölkerung wider den Medienkampagnen die Intiative an, und nachher kehrt Ruhe ein. Deshalb müsste es in Deutschland eigentlich klar werden, dass die meisten AfD-Forderungen absolut diskutabel und auch vernünftig sind - was sich auch an der zunehmenden Wählerzahl zeigt.

Die SVP ist als klassische Bauernpartei entstanden, dementsprechend gibt es viele Landwirte die entweder für die SVP politisieren und sie wählen. Die SVP vertritt denn auch prioritär die Anliegen der Landwirtschaft. Die AfD ist ursprünglich aus Kritik an der Euro-Politik/ Währungspolitik der EU entstanden und hatte zu Beginn eine mehrheitlich akademische Personalaustattung. Ein besonderer Fokus auf die Landwirtschaftspolitik konnte ich bei der AfD bisher nicht vernehmen, einmal abgesehen vom einmaligen Thema der Agrardieselsubventionen.

Ein deutlicher Unterschied zwischen SVP und AfD liegt in der internationalen Zusammenarbeit mit anderen ähnlichen Parteien, z.B. mit rechtsbürgerlichen Schwesterparteien der Nachbarstaaten. Aus mitunter historischen Gründen, vermutlich auch der Neutralität der Schweiz geschuldet, betreibt die SVP offiziell keine Zusammenarbeit mit ausländischen, gleichgesinnten Parteien, während etwa AfD und FPÖ sich regelmässig austauschen. Inoffiziell gibt es aber wohl schon einen gewissen Austausch zwischen SVP-Exponenten und ausländischen Parteichefs. Alt Bundesrat Blocher (SVP) sieht in den ausländischen Parteien neben einer möglichen fruchtbaren Zusammenarbeit immer auch ein gewisses Risiko, dass die eigene Partei in den Dreck gezogen wird, wenn eine ausländische Partei, mit der man intensiv zusammenarbeitet, sich einen groben Schnitzer leistet. Deshalb denke ich, dass die SVP den Austausch mit anderen Parteien im Ausland, wenn überhaupt, lieber nur auf informeller Ebene und für die Öffentlichkeit nicht sichtbar durchführt.


Eisenschlumpf  13.09.2024, 13:35
Was in Deutschland gerne als nationalsozialistisch bezeichnet wird (z.B. die Forderung, kriminelle Ausländer und Gefährder abzuschieben), ist in der Schweiz völlig normal.

Das wird nicht als nationalsozialistisch bezeichnet, außer von Einzelfällen.

während die AfD trotz einer guten Dekade Erfahrung, immer noch hart gegen die Mainstreamedien, das politische Establishment (Altparteien) und eine deutsche Besonderheit - den Verfassungsschutz - ankämpfen muss.

muss sie nicht.

Und die AfD ist mittlerweile auch eine Altpartei, weil sie genau das macht, was sie den Altparteien vorwirft.

Bei der SVP gibt es zwar auch Nationalisten, aber der schweizerische Nationalismus ist nicht mit dem deutschen vergleichbar. Sie ist sehr EU-kritisch, hat viel Populismus und teils Parolismus.

Die SVP ist konservativ bis ultrakonservativ und hat kaum braune Flecken wie die AfD. Es gibt in der Schweiz nur sehr wenige, die "an das Deutsche Reich denken", Hitler verehren oder ähnliche Ideen haben, die man mit dem Nationalismus in Deutschland verbindet. "Echte" Nationalisten sind in der SVP eher nicht, sondern z. B. bei den Schweizer Demokraten.

Die SVP ist antiautokratisch und besteht ganz klar auf Demokratie als Herrschaftsform. Demokratiefeinde sind in der SVP fehl am Platz.

Der schweizerische Nationalismus ist nicht nach außen geprägt imperialistisch, invasorisch, weltherrschaftlich und rassenideologisch, sondern nach innen geprägt eigenbrötlerisch, abgrenzend, übervorsichtig und selbstgenügsam.

Die SVP war früher "die Altmannenpartei", die man gewählt hat, wenn man langsam kalkig geworden ist. Sie ist sehr schnell sehr groß geworden und daran zerbrochen. Sie hat sich gespaltet in die SVP und BDP, wobei die BDP mittlerweile mit der CVP zur Mitte fusioniert hat.