Hat jemand von euch der POLITIK den Rücken gekehrt und interessiert sich nicht mehr dafür?


12.10.2024, 16:41

Korrektur läuft: gekehrt ;)

Nein, ich bin noch dabei! 52%
Ja, ich habe der POLITIK den RÜCKEN gekehrt 26%
Beschäftige mich aktiv, aber frage mich immer mehr wieso 12%
Ich war nie im THEMA POLITIK 10%

42 Stimmen

Philippus1990  12.10.2024, 19:26

Was meinst Du mit "der Politik den Rücken gekehrt"?

verreisterNutzer 
Beitragsersteller
 12.10.2024, 19:47

Nicht mehr mit BESCHÄFTIGEN, bewusst das Thema auch vermeiden, aber grundsätzlich: nicht mehr aktiv etwas machen (auch informieren) usw.

15 Antworten

Beschäftige mich aktiv, aber frage mich immer mehr wieso

Ich war jahrelang Parteimitglied.

Erst in der SPD und da schnell mit Parteiamt (Mitglied im UB-Vorstand, JUSOS). Das war zur Zeit als Schröder Kanzler war. Ich war, trotz Amt, nie aus Karrieregründen dort, sondern versuchte intern das Ruder nochmal herumzureißen als mir die SPD aufgrund der Agenda 2010 nicht mehr gefiel und ich auch den Absturz dieser Partei kommen sah - der hat sich leider Jahre später bewahrheitet, aber die neoliberale Agenda-Politik war nicht aufzuhalten. Ich war Mitte zwanzig und bildete mir ein etwas schaffen zu können was ein paar Jahre zuvor nicht mal Lafontaine sich mehr zutraute intern zu schaffen. Na jedenfalls habe ich es versucht, bin nach einigen Jahren dann aber ausgetreten und habe dann auch lange keine Parteipolitik gemacht, sondern Aktivismus, Journalismus und bloggen.

Danach zog ich mich wieder einige Jahre zurück und probierte dann nochmal kurz mein Glück in der Linken, aber das war es auch nicht mehr wirklich und ein Amt hatte ich da nie.

Mein Fokus liegt halt auf dem Sozialen, aber mit dem neuen, woken, grünen Links kann ich ebensowenig anfangen wie mit Beton-Sozialisten. Ich bin tatsächlich am ehesten Sozialdemokrat der Ära vor Schröder. Wäre ich alt genug hätte ich Brandt und Schmidt mit Überzeugung gewählt.

Heute bin ich noch immer politisch heimatlos, aber BSW trifft meine Vorstellungen momentan am ehesten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter

verreisterNutzer  12.10.2024, 18:57

Also einiges an Erfahrung. Danke für die Antwort :)

vanOoijen  12.10.2024, 19:05
@verreisterNutzer

Ja, vor 25 Jahren bin ich erstmals in eine Partei eingetreten.

Ein politischer Mensch war ich solange ich denken kann. Das gehört zu meiner Persönlichkeit und Identität und abschütteln kann ich es nicht.

Es ist für mich keine Entscheidung politisch oder unpolitisch zu sein. Nur wie ich das gestalte.

Beschäftige mich aktiv, aber frage mich immer mehr wieso

Wirklich Zeitverschwendung und versuche immer wieder mich nicht darum zu kümmern und lese kaum deutsche Nachrichten, da sie heute gleichgeschaltet und moralisiert sind.

Als logisch und intellektuell denkender Mensch kommt meistens eine Partei heraus, die der Spiegel verachtet, also ab FDP/Freie Wähler nach rechts.

Nein, ich bin noch dabei!

Zwar mühsam, aber sehr wichtig.

MfG

Ja, ich habe der POLITIK den RÜCKEN gekehrt

Äußere mich hier manchmal noch auf gutefrage.net, aber nicht mehr so aktiv wie früher. Kommt eh nichts bei rum. Früher habe ich oft stundenlang mit Leuten diskutiert. Heute mache ich mir die Mühe erst gar nicht mehr.

Ja, ich habe der POLITIK den RÜCKEN gekehrt

So ziemlich ja - ich mache immer noch von meinem Wahlrecht Gebrauch und bin politisch interessiert, bin aber nicht mehr in irgendeiner Weise aktiv und plane es auch nicht mehr. Generell habe ich mich von allen Ehrenämtern gelöst, aus einem weiteren scheide ich zum Jahresende aus, wenn alles klappt und strebe dann auch nichts mehr dergleichen an.

Meine Spielwiese war immer die Kommunalpolitik (erst CDU, dann parteilos), aber da waren mir in meiner Heimatstadt zu viele Pharisäer, Selbstdarsteller, Schaumschläger, Phrasendrescher und Hornochsen (tut mir leid für den Ausdruck) unterwegs und das in allen Fraktionen. Das ist nicht meine Welt gewesen. Außerdem wurde man ausgebremst, wo es nur ging und musste den Altvorderen nachreden, sonst lief nix - doch ich habe meinen eigenen Kopf. Ich bin nicht unverträglich und kein Schreier, aber ich wollte Politik für die Leute machen und keine Eigen- oder Fraktionsinteressen. Erst ging ich nicht mehr auf Sitzungen, dann kandidierte ich nicht mehr und sodann war's das.

Für den CDU-Ortsverein war ich übrigens nur eine Art Quotenausländer und Nachwuchshoffnung, der zum Kreistagskandidaten mit Ziel Landtag aufgebaut werden sollte - Chancen hätte ich gehabt, habe mich aber dagegen entschieden. An der Reaktion der Leute darüber merkte ich sofort, dass es richtig war und ich habe es nie bereut. Natürlich war ich ersetzbar. Kaum dass ich weg und ausgetreten war, haben sie einen anderen in meinem Alter geködert, der dann sogar als Bürgermeisterkandidat aufgebaut wurde und krachend versagte - und dann ebenso fallen gelassen wurde. Ich kannte den von der Schule und fand ihn nicht allzu sympathisch, aber in dem Moment tat er mir leid.

XXX

Das alles oben war in meiner Heimatstadt.

In meiner Wahlheimat bin ich Mitglied der CDU, aber nicht aktiv und würde nie ein Amt bekleiden, selbst Pressewart oder Beisitzer nicht. Dafür sind die Leute hier nett, es ist ein anderer Menschenschlag und ich habe hier einige Leute auch in meinem Alter kennen gelernt, die nett sind und mit denen ich mich gut und nicht nur über Politik unterhalten kann.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

vanOoijen  12.10.2024, 19:29

Das kann ich sehr gut verstehen und nachvollziehen, auch wenn uns da so Einiges unterscheidet, wie ich aus unserer bisherigen Kommunikation weiß.

Das Problem migrantisches Aushängeschild für die verkrusteten Altvorderen einer "Kleberpartei" zu sein hatte ich glücklicherweise nie.

Bei mir waren das andere Gründe über die Du vielleicht lachen würdest und wegen derer ich mich heute auch teils als Hornochse und zu stolz bezeichnen muss.

Deine Gründe sind da wesentlich besser.

rotesand  12.10.2024, 19:46
@vanOoijen

Ich habe das wenigstens noch rechtzeitig gemerkt und interpretierte gewisse Anzeichen richtig - das gefiel denen auch nicht, weil sie dadurch gemerkt, mich unterschätzt zu haben und nicht richtig zu liegen in ihrer Einschätzung meiner Person/meiner Art ... aber es war richtig und ich denke, vielleicht haben die auch was für sich mitgenommen, wer weiß.

Egal welche Gründe du hattest, sie hatten aus damaliger Sicht ihre Berechtigung und haben sie heute auch noch - so was ist immer rein emotional, das muss jeder für sich ausmachen. Mir haben auch einige gesagt, ich hätte die Zähne zusammenbeißen und weitermachen sollen, aber das konnte ich mit meiner Ehre und Erziehung nicht vereinbaren, ich bin nicht "so einer", ich bin kein Falschspieler und wollte keiner "von denen" sein.

vanOoijen  12.10.2024, 20:07
@rotesand

Ja, ich bin mit jedem der zwei Austritte d'accord und kann die meisten meiner politischen Ansichten von vor über 20 Jahren heute noch unterschreiben und denke nach wie vor so.

Aber ich hätte es intelligenter und weniger konfrontativ gestalten und meine damaligen Gestaltungsmöglichkeiten mehr wertschätzen und nutzen sollen anstatt zornig hinzuwerfen.

Meine Austrittserklärung aus dem JUSO-Vorstand hatte übrigens dieselbe Begründung wie Kühnert: "gesundheitliche Gründe" - okay, ich war zwei Wochen bevor ich die schrieb (und mein Ressort waren die Finanzen, ich musste eine ausgeglichene Bilanz vorlegen zwischen Einnahmen und Ausgaben, sehr undankbares Amt) tatsächlich fünf Wochen im Krankenhaus, trotzdem war der Grund vorgeschoben, um nicht das ganze Prozedere mit Entlastung des Vorstandes und Wahl eines nachfolgenden Vorstandes mitmachen zu müssen.

Meine Austrittserklärung aus der Linken, kurz PET Mail im Corona-Lockdown getippt, war hingegen zum schämen unterirdisch und auch der Grund warum mich BSW mit dem strengen Hintergrundcheck zur Zeit ganz sicher als Mitglied ablehnen würde.

Die hätte es in der Zeit der Briefe so nie gegeben...

rotesand  12.10.2024, 20:13
@vanOoijen
Ja, ich bin mit jedem der zwei Austritte d'accord und kann die meisten meiner politischen Ansichten von vor über 20 Jahren heute noch unterschreiben und denke nach wie vor so.

Das ist das einzig Wahre und man muss nach dem Herzen gehen - das hast du schon richtig gemacht. Man muss dahinter stehen - und wenn du das 20 Jahre später immer noch kannst, ist es richtig und war es richtig. Das ist das einzige, was zählt.

Mein damaliger Abgang hatte auch nicht unbedingt Stil auf seine Weise, aber damals war mir "alles völlig egal" und es war sowieso geplant, dass ich wegziehe und mich beruflich neu orientiere - ich wusste, dass ich nur noch ein paar Monate mit "Konsequenzen" verärgerter CDU-Leute leben müsse und habe dann alles auf eine Karte gesetzt.

Nein, stilvoll war das nicht und eigentlich weit unter meinem Niveau, aber vielleicht ist deswegen so nachdrücklich und endgültig erschienen und wurde zur Kenntnis genommen - weil offensichtlich war, dass ich erbost war, mir alles nur noch egal war und ich suggeriert hatte - das Maß ist voll, da geht nichts mehr, da kommt jetzt auch nichts mehr.

Mir wurde und wird mitunter zwar vorgeworfen, ich würde immer die Gefahr des geringsten Widerstands gehen ... das leugne ich nicht, aber ich habe im Gegensatz zu denjenigen, die so was sagen, wenigstens am Abend ein reines Herz und ein reines Gewissen mir gegenüber und die sicherlich gesündere Lebensführung. Mir wurde auch schon gesagt, ich hätte "keinen Stolz", weil ich mir Schwächen eingestehe, das kam auch aus dieser Ecke, aber damit kann ich leben, weil ich niemandem mehr irgendwas beweisen muss, auch mir nicht mehr.

vanOoijen  12.10.2024, 20:38
@rotesand

🤝 Ich kann Dich sehr gut verstehen und es ist nun manchmal so in der Politik. Der Schritt von Lafontaine damals als Finanzminister im Kabinett Schröder hinzuwerfen wird ihm bis heute von vielen Menschen nicht verziehen. Trotz meines jungen Alters nahm ich ihm das nicht übel, obwohl ich die Hybris hatte erstmal selbst in die SPD einzutreten und on my own zu versuchen was er schon als aussichtlos abgehakt hatte.

Und teilweise ist das mit dem Aachener Memorandum 2003 auch fast gelungen. Mehr Einfluss hatte ich nicht.

Im Aachener Memorandum spricht sich der komplette UB☆Vorstand Aachen-Stadt 2003 gegen die Agenda 2010 in ihrer Gänze aus, nicht nur gegen HartzIV, was es damals noch gar nicht gab.

Dafür muss ich mich nicht schämen.