Hält der demokratische Staat verfassungswidrige Meinungen aus?

Ich bin gerade über diesen Artikel gestolpert.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/im-zdf-zur-meinungsfreiheit-warnung-vor-langsamen-erstickungstod-der-demokratie/ar-BB1jHngO?ocid=hpmsn&cvid=22b1737550e84c8cad2714870245829f&ei=41

"So fragt er angesichts des "schwammigen Begriffs" der "Delegitimierung des Staates", eingeführt im Verfassungsschutzbericht 2021, danach, ob denn einfach davon auszugehen ist, ob der Staat dafür die Deutungshoheit beanspruchen kann?"

Tja, die Deutungshoheit ist immer so eine Sache.

Ich frage mich schon, wie das alles zusammenpassen soll. Nun werden schon manche Maßnahmen gegen Extremismus als demokratiefeindlich bezeichnet und einfach so vollmundig behauptet, die Demokratie hielte schon alles irgendwie aus.

Auch die persönliche Ehre im Falle einer Beleidigung ("vorsätzliche Ehrverletzung") ist so ein schwammiger Begriff. Und wenn so etwas vor Gericht kommt, hat letztlich der Richter die Deutungshoheit darüber, was beleidigend ist und was nicht. Das passt für mich nicht zusammen.

Warum schützt man die persönliche Ehre, warum ist aber der Staat anscheinend ein "ehrloses" Subjekt, bei dem man auch die Verhöhner schützen müsste?

"Selbstverständlich erlaubt es die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes, den Staat zu verhöhnen. Sie schützt sogar verfassungswidrige Meinungen. Das hält der demokratische Staat aus."

Und was ist die Begründung dafür, dass der Staat das aushält?

Die Begründung fehlt.

"Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat."

Freiheitlichkeit geben wir jeden Tag aus guten Gründen auf. Wenn ein Raser im Wohngebiet bestraft wird, weil er mit 100 durch eine 30er Zone gebrettert ist, ist das eine Aufgabe von Freiheitlichkeit. Aber aus gutem Grund: besser so, als wenn er das nächste Mal ein Kind umnietet.

Und immer dieser Satz "der X (oder die Y) hat die Demokratie nicht verstanden".
Das ist auch nur eine Meinung, und ich darf auch der Meinung sein, dass gerade solche "optimistischen" Juristen (die aber im Grunde gar nicht in Regierungsverantwortung stehen) bei mir die Politikverdrossenheit erhöhen.

"Vielleicht wäre ein Mentalitätswandel zu einer verstärkten Demokratietüchtigkeit vorrangig gegenüber der Forderung nach mehr Kriegstüchtigkeit. Die Debattenkultur könnte das gut gebrauchen."

Der Satz ärgert mich gleich doppelt. Zum einen werden hier - völlig unnötig - 2 Sachen gegeneinander ausgepielt. Zum anderen dieses "vielleicht", und wie wollen die Herren Juristen denn diesen "Mentalitätswandel" herbeiführen? Mit klugen aber realitätsfernen Sätzen?

Und was ist das denn für eine Debattenkultur, wenn man dem anderen gleich unterstellt, er habe die Demokratie nicht verstanden?

Deutschland, Politik, Recht, Frieden, Demokratie, Grundgesetz, Staat

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