Wurftechniken zur Selbstverteidigung?
Habt Ihr zu Eurer Selbstverteidigung schon mal jemanden mit einer Wurftechnik auf den Rücken gelegt? Bitte erläutern.
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8 Antworten
Ich habe tatsächlich einmal einen Messerangreifer unter anderem durch einen Harai Goshi unschädlich gemacht. Auslöser war sein Versuch, meine Mutter zu vergewaltigen und das ich ohn daran gehindert habe. Es ereignete sich in der Türkei.
Allerdings habe ich den Wurf nicht direkt angewendet. Ich habe den ersten Stich (obere Körperregion/Hals) geblockt und ging sofort über ihm ins Gesicht zu boxen und den Waffenarm zu fixieren. Aus Gewohnheit habe ich ihn mit besagtem Wurf zu Boden geschleudert. Leider auch aus Gewohnheit habe ich einen Würgegriff zur Hälfte angesetzt (zur Hälfte weil mich recht schnell die Geistesgegenwart einholte das er sein Messer noch hatte und ich deshalb mit einem Arm sehr beschäftigt war seinen Arm zu fixieren um mir keinen Stich einzufangen). Das Messer warf er letztendlich freiwillig aus der Hand, nachdem ich ihm das Genick bis kurz vorm Brechen hebelte während ich den Messerarm noch immer unter Kontrolle hatte. Gutgläubig wie ich war lies ich dann los nur um festzustellen das beim Angreifer jetzt alle Sicherungen durchgebrannt waren und er wie wild anfing auf mich einzuschlagen. Zum Glück war er mir ohne sein Messer völlig unterlegen und der Rest des Kampfes in dessen Verlauf ich ihm die Schulter, mehrere Finger und ich glaube auch die Nase gebrochen habe war dann ziemlich kurz.
Als er sichtlich benommen und verletzt war, hab ich meine Mutter angeschrien das sie loslaufen soll (sie war kurzzeitig erstarrt vor Angst) und bin dann hinterher. Wir haben der örtlichen Militärpolizei den Vorfall geschildert. Laut deren Aussage haben sie an dem Ort niemanden vorgefunden und es wurden keine weiteren Ermittlungen eingeleitet.
Zitat: "Das hast du ja gut geregelt"
War kein schönes Erlebnis, somal ich damals erst 17 war. Aber der Wurf war nützlich! Ist meiner Empfindung nach der Wurf aus dem Judo/Jiu Jitsu/ Sambo der sich am besten außerhalb dieser Regelwerke anwenden lässt, da man die Jacke nicht greifen muss um ihn gut anzuwenden.
Bedauerlicherweise befand ich mich dreimal in realen Gefahrensituationen, in denen ich entweder mich selbst, oder andere schützen musste.
Da ich Aikido trainiere, wandte ich im Wesentliche Hebel und Würfe an.
Dazu gehört der "Irimi nage" - das Video zeigt verschiedene Variationen:
https://www.youtube.com/watch?v=M5BGLsyiOvI
Auch den "kote-gaeshi" setzte ich bereits im Ernstfall ein - hier diverse Variationen.
https://www.youtube.com/watch?v=TKjKGcNR5MU
Wichtig ist dabei meiner Meinung nach, sich nicht gleich sichtbar als Person mit Kampfkunst-Hintergrund zu outen, indem man sich offensichtlich in eine stereotype Körperhaltung begibt, die Angreifer vorwarnt, sondern die Überraschung zu nutzen
Man schnellt also vom normalen Stand erst bei der Ausführung der Technik in die charakteristische Position und platziert ggf. ein "Atemi" (Offensivtechnik), um den Angreifer zu destabilisieren.
Hintergrund
In zwei Fällen war es ein versuchter Raubüberfall, in einem Fall sexuelle Belästigung, bei der ich einschreiten musste, weil die betrunkenen Täter handgreiflich wurden.
Volle Zustimmung und mein Bedauern, dass Du in so schlimme Situationen gekommen bist. Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass jeder vermiedene Kampf ein gewonnener ist und dass man solche Situationen nicht mutwillig heraufbeschwören soll. Es ist also eine Just-in-Case-Betrachtung und da ist Dein Hinweis bzgl. des Überraschungsmoments für mich ein guter Punkt, den ich mitnehme.
Das sehe ich genau so...wer tatsächlich solche Gefahrensituationen bewusst provoziert, sollte unbedingt an sich arbeiten.
Es gibt da eine tolle Schilderung von Terry Dobson, einem Aikidoka, die bereits mehrfach und auch mit Änderungen veröffentlicht wurde:
Terry Dobson hatte noch beim Begründer des Aikido selbst gelernt und respektierte dessen Friedensphilosophie, hoffte aber insgeheim auf eine Situation, in der er ganz legitim sein Aikido im Ernstfall einsetzen und so erproben könne.
Eines Tags, in einem Zug, der durch die Vororte von Tokyo fuhr, schien die Gelegenheit gekommen - ein betrunkener Arbeiter randalierte und wurde gegenüber anderen Fahrgästen handgreiflich.
"Endlich" dachte sich Terry Dobson und sah die Möglichkeit, sein Aikido ganz legitim als Nothilfe für Andere einsetzen zu können, Er stand auf, blickte den Arbeiter verächtlich an und warf ihm provozierend einen Kussmund zu.
Der Betrunke fühlte sich provoziert und war kurz davor auf ihn loszugehen.
Gerade als der Betrunke angreifen wollte, schaltete sich ein alter Japaner ein. Er ignorierte Terry völlig und fragte den Betrunkenen, was er denn getrunken habe.
Dieser war immer noch aggressiv, erklärte aber, er habe Sake getrunken.
Der alte Mann war ganz begeistert, erklärte, dass er und seine Frau auch gerne Sake trinken - am liebsten am Abend, leicht angewärmt unter dem Kaki-Baum im Garten, um den er sich aber wegen des harten Winters Sorgen machte.
Der Betrunkene hatte Schwierigkeiten dem Informationsfluss zu folgen, entspannte sich und sagte dann schlicht, dass er Sake eben auch möge.
Auf die glückliche Aussage des Alten, er habe doch sicher auch eine tolle Frau, schüttete dieser ihm sein Herz aus...keine Frau...keine Arbeit...und jetzt auch noch keinen Platz mehr zum schlafen...er schäme sich so.
Er weinte und der alte Mann tröstete ihn.
Terry musste nun an seinem Bahnhof aussteigen, sah aber noch, dass nun beide auf der Sitzbank saßen und der Alte den arbeitslosen Obdachlosen weiter tröstete.
Nun war es Terry der sich schämte - für seine Selbstgerechtigkeit und seine Arroganz. Er erkannte, dass das, was er gerade erlebt hatte, wahres Aikido war - und dass er selbst noch viel lernen müsse.
Eine rührende Geschichte und sehr nachdenkenswert!
Also da ich nie richtigen Kampfsport oder Selbstverteidigung im Verein gelernt hab und Situationen, in denen ich kämpfen musste einfach auf gut Glück gemeistert oder nicht gemeistert hab 😬, bin ich maximal mal mit dem Gegner gleichzeitig zu Boden gegangen oder konnte mich mit ihm zu Boden bringen aber das hatte dann nichts mit einer gelernten Wurftechnik zutun.
Respekt an jeden, der das nicht nur auf der Matte beim Training kann sondern auch wenn es eine ernste Auseinandersetzung ist und man an nem Fight nicht vorbeikommt!
Ich hab so einen beschissenen Schulterwurf mal bei einem Schulkollegen gemacht.
Der war 2 Jahre älter und ca 50% schwerer als ich, er ist so seitwärts über meine Schulter gerollt, hingefallen und ich bin weggerannt.
Im Straßenkampf würde ich es vorziehen, wenn sich das auf größere Distanz als Wurfreichweite regelt.
Aber so beschissen kann er ja nicht gewesen sein, der Wurf, Du hast ihn ja gelegt.
Doch, war ganz scheiße.
Ich hab ihn praktisch auf meinen Rücken gehoben, indem ich mich vorgebeugt habe und er ist dann so seitwärts von meinem Rücken gefallen.
Aber es war halt eh in der Schule und kein Ernst.
Er wollte mich so bissle würgen.
Der war 2 mal sitzen geblieben und richtig fett, aber kleiner als ich.
War lustig.
ich war 16 und er 18
Im Judo hat man so Sachen ziemlich direkt am Anfang. Ich glaube, Seoi Nage hieß der. Habe aber noch nie die Notwendigkeit gesehen, irgendwas außerhalb der Judo-Halle anzuwenden.
Ich würde grundsätzlich dazu raten, wann immer möglich lieber zu fliehen oder aber mit dem Angreifer zu kooperieren, um der Gefahr zu entgehen.
Verletzter Stolz tut zwar auch weh - hinterlässt aber schönere Leichen. ;-)
Wer sich vorsätzlich auf Schlägereien einlässt, oder regelmäßig zum Ziel von Angriffen wird, sollte seine innere Einstellung und sein Auftreten überdenken.