Wie nehmen Lehrer/innen ihre Schüler/innen wahr?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin Berufsschullehrer und habe fast nur erwachsene Schüler.

Klar baue ich eine emotionale Beziehung auf, alleine weil ich den Humor mit den Schülern schätze. Ja, ich mag grundsätzlich meine Schüler. Lieblingsschüler habe ich auch. Gerade fleißige, selbstbewusste, oder kreative Schüler mag ich. Warum? Weil ich auch nur ein Mensch bin und mir manche Menschen natürlich sympathischer sind als andere.

Manchmal merke ich, wenn es denen nicht gut geht. Nur selten spreche ich sie darauf an. Eigentlich immer wenn ich das Gefühl habe, dass ich dem Schüler durch das ansprechen helfe, dann tue ich das. Klar, einerseits wünsche ich ihnen Erfolg. Aber es ist auch deren Sache, also ist es mir nach Feierabend auch relativ egal.

Klar, manchmal wächst mir eine Klasse wirklich ans Herz und dann macht mich das etwas traurig, wenn die Schüler fertig werden. Aber die Trauer ist auch sehr schnell wieder vorüber.

Was ich nicht mache, ist mich privat mit Schülern zu treffen. Das möchte ich nicht. Ich möchte keine Freundschaften aufbauen, da ich die Schüler ja schließlich gerecht bewerten will.

Ich bin m40 und unterrichte eher im technischen Bereich. Ich denke ich bin kein schlechter Lehrer. Aber um ein Vorherigelehrer zu sein, müsste ich etwas fleißiger und disziplinierter sein. Ich gebe mir schon Mühe, aber ich genieße auch meine Freizeit gerne.


meuszn 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 22:49

Dankeschön, Ihre Antwort ist sehr hilfreich weil sie so detailliert ist. Mit den Lieblingsschülern verstehe ich das total. Als Schülerin kann ich auch sagen, dass meine Freunde und ich manche Lehrer mehr mögen als andere, aber das ist sehr subjektiv und es ist auch okay.

Manche Lehrer wachsen uns Schülern auch ans Herz, bei mir z.B. fast alle meine Lehrer aus meiner alten Realschule vermisse ich ab und zu mal und ich denke oft an meinen alten Mathe Lehrer, weil er echt gut war und ich dank ihm jetzt in der Berufsschule gut in Mathe mitkomme und da keine Probleme habe, aber das Leben geht weiter und ich denke, bald werde ich nicht mehr daran denken.

Sich privat mit den Lehrern zu treffen finde ich auch nicht okay, weil eine Beziehung zwischen Lehrern und Schülern immer noch 'professionell' ist und auf Respekt sowie Autorität basiert, auch wenn man sich gut mit ihnen versteht.

Es ist schön, dass Sie sich so einschätzen und auch Ziele haben um sich zu verbessern. Ich denke, als Schülerin kann ich auch noch an mir arbeiten.

Danke für Ihre Antwort.

teehouse  20.11.2024, 08:42
@meuszn

Gern geschehen. Aber bitte duze mich. Ich mag das Siezen überhaupt nicht und schließlich bist du auch nicht meine Schülerin.

Na klar, das war bei mir auch so. Es gab durchaus einige nervige Lehrer. Entweder waren sie zu konservativ, zu verpeilt oder haben mit den immer gleichen Themen genervt. Richtig positiv habe ich meinen Geographie-Lehrer aus der 11. Klasse in Erinnerung. Er war streng, aber zugleich sehr motivierend. Wenn wir fleißig mitgemacht haben, ohne Scheiße zu bauen, hat er immer seine humorvolle Seite gezeigt. Ganz stark!

Lehrer zu vermissen ist eine Sache. Es sollte nur nicht in totale Enttäuschung übergehen. Letzten Endes ist das wichtigste, wie man selber zum eigentlichen Fach steht. Man kann sich auch ohne Lehrer Dinge gut selbst beibringen. Das kann man mit 17 vermutlich nicht so gut wie mit 25, aber es geht.

Ja, ich plane durchaus, besser vorbereitet zu sein. Aber ich bin absolut zufrieden, wenn ich 50% meiner Mangel beseitigen kann. Ansonsten müssen die Schüler halt damit leben, dass es gut, aber eben nicht optimal läuft.

Ja, Respekt finde ich wichtig. Man sollte sich schon im Klaren darüber sein, wer das Sagen hat, bzw. wer den Lernprozess steuert. Zugleich finde ich allzu viel Autorität auch kontraproduktiv. Es gibt so ein paar Regeln, die ich gewusst etwas eingeschränkt habe. Natürlich soll keiner sein Handy benutzen, während ich oder ein Schüler gerade etwas erzählt. Aber wenn die Schüler eine Aufgabe abarbeiten und jemand vorzeitig fertig ist, dann kann derjenige auch meinetwegen am Handy oder Laptop etwas zocken, natürlich lautlos. Sobald die Aufgabe besprochen wird, erwarte ich natürlich, dass das zocken unterbrochen wird.

meuszn 
Beitragsersteller
 20.11.2024, 14:39
@teehouse

Ich kann dem allem nur zustimmen! Danke dir

Hallo liebe meuszn,

ich würde sagen, dass ich keine wirkliche emotionale Bindung aufbaue, weil der Schulalltag oft stressig ist, die Kinder sich nicht mehr benehmen können und die Disziplin völlig verloren gegangen ist. Lieblingsschüler habe ich keine, obwohl es eventuell so herüberkommen kann, wenn so manche Kinder das Schleimen anfangen... Da versucht man nett zu sein, denkt sich jedoch das Gegenteil. Natürlich bemerkt man als Lehrerin manchmal, dass es einem Schüler nicht gut geht und man beobachtet es dann sorgfältig. Das Gespräch suche ich erst nach ein paar Wochen und nicht direkt, weil man nie weiß wie lange so eine Phase bei Jugendlichen anhält. Selbstverständlich wünsche ich meinen Schülern von Herzen Erfolg, auch auf dem weiteren Lebensweg. Traurig bin ich nicht, wenn die Schüler die Schule verlassen, weil das Leben weitergeht und so viel mehr zu bieten hat und die Schüler die Gelegenheit dazu haben, die Welt und das Leben zu entdecken.

Liebe Grüße

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ich unterrichte zurzeit zehn- bis dreizehnjährige Schülerinnen und Schüler. Sie sind mir sehr ans Herz gewachsen. Ich mag sie alle, aber ehrlich gesagt habe auch meine Lieblingsschülerinnen und -schüler. Das darf man nicht laut aussprechen, aber ich denke, es ist menschlich.

Ich habe den Eindruck, dass meine Schülerinnen und Schüler mich auch sehr schätzen. Ich merke das daran, dass sie mich anlächeln, wenn sie mich sehen, dass sie morgens fröhlich grüßen und dass sie ganz besorgt sind, wenn es mir mal nicht gut geht.

Ich versuche so gut wie ich kann, allen gerecht zu werden und mit Wertschätzung zu begegnen.

Ich war DaF-Lehrerin. Meine Lernenden beudeuten mir viel und ich habe immer mit ihnen gesprochen und gelacht. Ehrlich gesagt habe ich sie als meine Freunde betrachtet. Die waren auch Erwachsene, keine Kinder.

Deswegen habe ich es bemerkt, wenn es jemandem nicht gut geht. Ich bin der Meinung, dass die Emotionen wichtiger als das Gelernte sind. Der Lernende wird auf mich gar nicht hören, wenn er mich nicht mag.

Ich hatte ja Lieblingsschüler, weil sie höflich sowie fleißig waren. Trotzdem habe ich (fast) alle Schüler geliebt und sowieso wünsche ich allen alles Gute, von meinem Herzen!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

meuszn 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 22:35

Dankeschön, das ist eine echt schöne Antwort. Ich bin als Schülerin auch der Meinung, dass wenn man die Lehrer mag oder okay findet, man viel mehr vom Unterricht mitnimmt und es macht auch allgemein die ganze Schulerfahrung sooo viel besser wenn man sich mit den Lehrern versteht. Eine Frage, was bedeutet DaF?

Natürlich bauen Lehrer und Lehrerinnen eine Bindung zu ihren Schülern auf. Es ist wie sonst im Leben, manche wirken auf mich sympathisch, stehen mir innerlich näher, aber das darf sich nicht auf den Unterricht oder die Bewertung auswirken


meuszn 
Beitragsersteller
 20.11.2024, 08:15

Ja ich sehe das auch so, danke!