Weshalb die Russen den Krieg geben Ukraine verlieren werden?

6 Antworten

Von Kessie1 und bestätigt

Russland wird letztendlich aus zwei Gründen verlieren.

  1. Weil man niemals einen Krieg gewinnen kann, wenn man die dort lebende Bevölkerung gegen sich hat. Und mindestens 80% der ukrainischen Bevölkerung hassen die Russen und werden nicht aufgeben, bis die wieder aus ihrem Land vertrieben sind. Auch militärisch weit stärkere Armeen (sogar Nuklearmächte) haben Kriege immer wieder verloren, wenn die Bevölkerung gegen sie war. Beispiele: USA in Vietnam, Sowjetunion in Afghanistan, NATO-Koalition in Afghanistan.
  2. Weil Russland wirtschaftlich zusammenbrechen wird.

Militärisch wird die Ukraine die Russen nicht besiegen können. Die Ukraine muss aber militärisch so lange gegenhalten, bis Russland wirtschaftlich ruiniert ist und sich zurück ziehen wird.

Dass das BIP in Russland stärker wächst als in Deutschland, ist kein Hinweis auf die tatsächliche Verfassung der russischen Volkswirtschaft. Diese wächst nur noch, weil sie komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt wurde. Sie ist aber alles andere als nachhaltig.

Hinweise des wirtschaftlichen Niedergangs von Russland sind:

  • dramatischer Einbruch der russischen Lieferungen von Energierohstoffen nach Europa
  • China kann als Ersatzkunde für russisches Erdgas die Mengen nicht kompensieren
  • die Pipeline Power-Siberia-2 nach China wird wahrscheinlich niemals gebaut
  • auch der Transport mit LNG ist bereits an den Kapazitätsgrenzen, Russland verfügt nur über drei LNG-Terminals
  • für den weiteren Ausbau von Pipelines oder LNG-Terminals benöigt Russland westliche Technik (wie Turbinen), die aber sanktioniert sind, auch Reparaturen werden immer schwieriger
  • die einstige Cashcow "Gazprom schreibt Milliardenverluste und steht kurz vor der Pleite
  • auch die Lieferungen von Rohöl gehen zurück, die Fördermengen wurden gesenkt
  • große Teile dieser russischen Schattenflotte mit Tankschiffen, die wegen der Umgehung des westlichen Ölpreisdeckel aufgebaut wurde, finden keine Häfen mehr
  • selbst Indien hat in diesem Jahr die Abnahme russischen Öls um -75% gesenkt
  • Indien und China wollen und können nicht in Rubel zahlen
  • Russland kann dagegen mit indischen Rupien nichts anfangen
  • ist halt blöd, wenn der internationale Handel vor allem auf den US-Dollar ausgerichtet ist und besonders Rohöl an den US-Dollarpreis gekoppelt ist
  • das Handelsdefizit Russlands ist enorm angewachesen, Russland exportiert (außer Rohstoffen) kaum noch Waren, die Importe aus China sind dagegen um 50% stark angewachsen, können aber trotzdem den fehlenden Handel mit der EU nicht ausgleichen
  • die Hälfte der chinesischen Banken hat den Finanztransfer mit russischen Unternehmen bereits eingestellt
  • Russland muß wegen der Sanktionen häufig über Drittländer viele westliche Waren beziehen und sehr viel höhere Preise bezahlen
  • durch den brain-drain sind viele gut ausgebildete Fachkräfte ins Ausland geflohen, es fehlen mehr als 1 Million Arbeitskräfte, auch in der Rüstungsindustrie
  • der Westen hat etwa 330 Millarden Euro der russischen Devisenreserven eingefrohren, die russische Zentralbank ist vom Westen sanktioniert
  • Russland ist von SWIFT ausgeschlossen
  • Russlands Exporte in der Rüstungsindustrie sind ebenfalls stark zurück gegangen, Länder wie Ägypten, Katar und Indien haben ihre Bestellungen von Kampfflugzeugen wieder storniert und bestellen jetzt französische Rafale-Jets
  • auch an Raketenabwehrsystemen wie die S-400 haben inzwischen Indien und die Türkein keinen Bock mehr, wenn sie erleben, wie die Dinger reihenweise von der Ukraine zerschossen werden
  • die neuen Sanktionen treffen Putin hart: Russlands Wirtschaft droht eine Finanzkrise
  • die Inflation in Russland beträgt offiziell etwa 8,5%
  • die russische Zentralbank mußte zur Stützung des Rubels allerdings auch den Leitzins auf gegenwärtig 16,5% anheben
  • dieser extrem hohe Leitzins schwächt zwar die Inflation ab, hat aber als unangenehmen Nebeneffekt zur Folge, dass Investitionen in Russland ausbleiben, sowohl inländische als auch ausländische Investoren investieren gegenwärtig fast gar nicht mehr in Russland
  • praktisch finden Investitionen nur noch in der Rüstungsindustrie statt
  • die Wirtschaft wird inzwischen durch den nationalen Wohlstandsfond fiananziert, der über Jahre von Putin angehäuft wurde
  • dieser nationale Wohlstandsfond ist aber nun auch bereits zu zwei Dritteln verbraucht
  • Putin sah sich nun gezwungen, die Steuern (Körperschaftssteuer und Einkommenssteuer) zu erhöhen wie noch niemals zuvor
  • die Gehälter sind praktisch nur beim Militär und in der Rüstungsindustrie (zum Teil sehr stark) gestiegen, in allen anderen Bereichen passiert nichts

Auf Dauer kann Russland das nicht durchhalten.

Der Westen hat dagegen noch nicht einmal richtig mit der Unterstützung der Ukraine losgelegt. Der Westen könnte noch so viel mehr, muß gar nicht auf Kriegswirtschaft wie die Russen umstellen.

Allein eine Abgabe von 0,25% des BIP von jedem NATO-Land würde ausreichen, um die Ukraine so zu unterstützen, dass sie auch militärisch siegen könnte.

Das macht man im Westen allerdings nicht. Wahrscheinlich sieht die Strategie des Westens so aus, dass man Russland wirtschaftlich ausbluten lassen will.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – interessiere mich sehr für politsche Themen

Grautvornix  18.06.2024, 19:20
Wahrscheinlich sieht die Strategie des Westens so aus, dass man Russland wirtschaftlich ausbluten lassen will.

Grausame Strategie für die, die dewegen sterben, aber langfristig sinnvoll.

Passt auch zur Menschheit.

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Bluemie  19.06.2024, 10:39
@Grautvornix

Sinnvoller wäre es, alles zu liefern, was zum Sieg notwendig ist.

Man wählt aus meiner Sicht deshalb diese längerfristige Strategie, weil man politische Gegenwehr in den westlichen Ländern befürchtet. Besonders in den USA und Deutschland.

Man merkt sofort, in welchen westlichen Ländern diese politsche Gegenwehr sehr viel geringer ist - Skandinavien, Polen, die baltischen Länder.

In den USA stehen im November Präsidentschaftswahlen an. Und diese MAGA-Fraktion von Trump hat leider sehr großen Einfluß auf die Stimmung der Amerikaner.

In Deutschland fürchtet man ein weiteres Erstarken von AfD und BSW, die in einigen ostdeutschen Ländern ja schon zusammen auf einen Stimmenanteil von etwa 50% kommen.

Deshalb wird die Ukraine leider nur mit angezogender Handbremse unterstützt.

Und genau deshalb tragen auch alle diese "Friedenstäubchen", Putin-Versteher, Russland-Unterstützer und Verhandlungsschwurbler in den westlichen Staaten eine gewisse Mitschuld, dass Putin diesen Krieg in unvermindeter Härte weiterführen kann.

1
Grautvornix  19.06.2024, 12:30
@Bluemie

Und am Anfang war ja noch nicht absehbar, dass er wirklich nur mit heißer Luft droht, was sicher auch zu einem zögerlichen Beginn der Waffenlieferungen beitrug. 5000 Helme.^^

2
okieh56  18.06.2024, 21:29

Sehr ausführlich und fundiert - danke für den Beitrag!

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Bluemie  19.06.2024, 11:54
@okieh56

Vielen Dank.

Dabei ist die Liste noch lange nicht vollständig.

Man könnte auch noch die dramatische demographische Entwicklung erwähnen.

Oder die Probleme bei Russlands Flugzeugbau, der einfach nicht in die Gänge kommt. Die westlichen Boeings und Airbusse dienen ja inzwischen zur Hälfte als Ersatzteilspender, damit wenigstens die andere Hälfte fliegen kann. Was das für ein Land mit sieben Zeitzonen bedeutet, kann man nur erahnen.

2

Rheinmetall hat ein Joint-Venture mit dem ukrainischen staatlichen Rüstungskonzern geschlossen, ein weiteres ist in Planung, ukrainische Facharbeiter ausgebildet, die Fabriken in der Ukraine übernommen und schützt sie selbst mit modernster Flugabwehr-Technik.

Die Instandhaltung von militärischen Fahrzeugen läuft bereits, in Kürze werden Artilleriemunition im 6-stelligen Bereich in der Ukraineselbst gefertigt, Rheinmetall will bereits 2024 in der Ukraine die ersten Panzer bauen. Den Anfang machen der radgetriebene Transportpanzer Fuchs und der Schützenpanzer Lynx.

https://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/rheinmetall-panzerproduktion-in-der-ukraine-soll-schon-2024-starten/29532760.html

Mit anderen Worten: Die Ukraine wird in Kürze befähigt sein, selbst einen Teil der Munition wieder zu produzieren, selbst modernste Panzer bauen und instandhalten.

Und die Ukraine baut auch immer mehr Drohnen selbst, die Produktion soll auf über 1 Million hochgefahren werden, 200 Firmen zur Herstellung und Entwicklung von Drohnen wurden seit Kriegsbeginn neu gegründet.

Die F16 kommt und ist vielleicht genug, um die Lufthoheit zu erlangen. Das heißt, die besseren Panzer können unbedroht durch Drohnen ihre Wirkung entfalten.

Mehr und mehr Länder schließen Unterstützungsverträge mit der Ukraine ab.
Der Zustrom der Unterstützung wird nicht versiegen und vielleicht an Stärke zunehmen.

Putin kann nicht mehr zusetzen, der Westen schon.
Putin wird allmählich auf zentralrussische Soldaten zurückgreifen müssen.
Die fehlen nicht nur in der Produktion, sondern es sind auch fehlende Konsumenten.


Bluemie  19.06.2024, 11:19

Das ist sowieso die beste Strategie, wenn westliche Rüstungskonzerne in der Ukraine Joint-Ventures gründen und die Waffensysteme und Munition dann gleich vor Ort produziert werden können.

Abgesehen davon, dass es sehr viel schneller, effizienter und wegen der geringeren Lieferungs- Und Transportwege auch sehr viel kostengünstiger ist, spart man sich zuätzlich auch unnötige politische Debatten in den westlichen Ländern.

Auf die F-16 bin ich gespannt, ob die wirklich einen Vorteil bringen. Die Lufthoheit wird man sicherlich damit nicht erlangen können, aber zumindest die russische Luftüberlegenheit eindämmen.

Das Problem bei den F-16 ist, dass dieses Kampfflugzeug leider auch sehr hohe Anforderung auf Start- und Landebahnen voraussetzt. Die Ukraine muß also bestimmte Flugplätze ganz besonders gut mit Luftabwehrsystemen schützen.

Die schwedischen Gripen wären genau die idealen Kampfflugzeuge für die Ukraine. Die haben sehr rubuste Radaufhängungen und sind problemlos bei allen Wetterbedingungen (auch im tiefsten Winter) einsatzfähig. Außerdem wäre als Bewaffnung der Taurus kompatibel.

Die Lynx-Schützenpanzer sind sehr interessant. Die sind super ideal für die Bedingungen in der Ukraine und stellen die Bradleys und Marder in den Schatten.

Mit der Variante KF-41 können die auch problemlos mit einer 120mm-Kanone ausgerüstet werden. Das ist die Bewaffung des Leopard-2. Der Lynx kann also so ein Zwischending zwischen Schützenpanzer und Kampfpanzer sein - je nach Variante. Er ersetzt praktisch beide Panzertypen und das macht es für die Ukraine noch flexibler.

1
  • Aufrüstung der ukrainischen Luftwaffe mit F16 und zwei "AWACS", sowie ausgebildeten Piloten.
  • Ende der russischen Panzervorräte ab 2026
  • Sinken der russischen Ölproduktion durch Zerstörung der Raffinerien.
  • Versenkung der Schwarzmeerflotte
  • Ansteigen der ukrainischen Drohnenproduktion
  • ...

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt dass es mindestens genauso viele Gründe für einen russischen Sieg gibt.


MehrWissen 
Beitragsersteller
 18.06.2024, 16:12

Liebe(r) atm77,
welche Gründe wären das?

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atm77  18.06.2024, 16:21
@MehrWissen
  • Unzureichende Unterstützung des Westens
  • Abnehmende Moral in der ukrainischen Bevölkerung
  • Zunehmende Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur, besonders der Stromversorgung
  • Übermacht der russischen Luftstreitkräfte, besonders durch Gleitbomben
  • Einsatz von Chemiewaffen durch Russland
  • Aufwuchs der russischen Streitkräfte trotz hoher Verluste
  • Besetzung des industriestärksten Teils der Ukraine durch Russland
  • Größeres Mobilisierungspotential in Russland
  • ...
1
atm77  18.06.2024, 16:33
@atm77

Ach ja: und natürlich der Umstand dass Russland die Ukraine tief im Inneren mit Marschflugkörpern angreift, während die Ukraine keine Marschflugkörper hat und die westlichen Waffen nur sehr begrenzt im russischen Kernland einsetzen darf.

Das ist ein ganz erheblicher Nachteil für die Ukraine!

4

Weil immer mehr Russen der "Spass" an Putins idiotischem Krieg vergeht:

  • Der weltweite Hass gegen Russlands Politik wächst immer mehr,
  • Russland hat keine Freunde mehr, sondern höchstens drei Komplizen,
  • hunderttausende junger Russen kommen tot oder als Kriegskrüppel von der Front zurück,
  • Russen dürfen an internationalen Sportereignissen nicht mehr teilnehmen,
  • die Russen werden immer ärmer, weil die Rüstungsproduktion einen wachsenden Anteil des BIP verschlingt,
  • Putin wird als derjenige in die Geschichte eingehen, der sein Land um Jahrzehnte zurückgeworfen hat.