Übertriebene mütterliche Fürsorge?
Es geht um eine Frau bei der nach außen hin alles ok ist. Sie bekommt ständig Komplimente von Kollegen, Freunden und Familie wie gut sie ihr Leben als alleinerziehende Mutter meistert. Denn sie ist keine gebürtige deutsche, spricht die Sprache nicht perfekt, war (bis vor wenigen Monaten) 5 Jahren Single aber kämpft sich trotzdem für ihr Kind durch alle Widrigkeiten und geht Vollzeit arbeiten.
Bei genauerem Hinsehen jedoch merkt man Defizite in der Erziehung. Ihr Kind ist in der 3. Klasse aber kann immer noch nicht mit Besteck essen. Sie schneidet ihm das Essen in kleine Häppchen. Dann schaufelt er es mit den Händen in seinen Mund. Dabei geht dann natürlich viel daneben und die Region um seinen Sitzplatz muss nach jeder Mahlzeit gründlich gereinigt werden... Er kann auch nicht alleine einschlafen. Die Mutter muss ihn jede Nacht ins Bett bringen, dort eine halbe Stunde neben ihm bleiben und/oder währenddessen noch mit ihm kuscheln sonst schläft er nicht. Er ist auch nicht in der Lage sich selbst mal ein Glas Wasser einzuschenken wenn er Durst hat...
Ich bitte darum in den Antworten respektvoll zu bleiben, die Mutter hatte und hat es im leben nicht einfach und sie ist eine gute Seele und im Ungang mit dem Kind sehr liebevoll, beide haben eine gute Beziehung/Verbindung zueinander und der Junge erzählt auch bei jeder Gelegenheit wie toll er seine Mutter findet, aber:
Für mich scheint es so, als mache die Mutter den Jungen von sich abhängig, um möglichst lange etwas von ihm zu haben und um ihre falsch verstandene Fürsorge auszuleben. Wer sie nur oberflächlich kennt denkt regelmäßig "was für eine tolle Frau, super wie sie das alleine schafft" aber ich habe genauere Einblicke und würde behaupten ihre Art ist für das Kind nicht förderlich. Meine Philosophie ist eher die Hilfe zur Selbsthilfe, ich finde man ist kein guter Elternteil wenn das Kind einen braucht - man wird erst zu einem guten Elternteil wenn das Kind einen eben nicht mehr braucht...
Nun zu meiner Frage, bzw. zu dem Problem:
Wie kann ich der Frau, die "zufälligerweise" ^^ meine Partnerin ist helfen (und damit indirekt auch dem Kind)? Gibt es sowas wie eine Erziehungstherapie oder Erziehungsberatung wo ich mit ihr mal hingehen kann? Und wie schneide ich das Thema am besten an - erfahrungsgemäß fühlt sie sich sehr schnell angegriffen und wird direkt sauer sofern man ihren Erziehungsstil auch nur subtil kritisiert. Wenn ich also mit der Tür uns Haus Falle und zu direkt bin könnte der Streit durchaus so stark werden das die Beziehung gefährdet ist :( Dabei will ich ihr und dem Kind wirklich helfen...
Eigentlich wünsche ich mir ein Kind, aber ich habe bei ihren Kind nichts zu sagen ("das ist mein Kind und geht dich deshalb nichts an") und hätte bei der Erziehung eines gemeinsamen Kindes vermutlich auch kaum Mitspracherecht...
Danke an alle die bis hierher gelesen haben und etwas beitragen können.
5 Antworten
Ihr Kind, ihre Erziehung, halt dich bei den beiden zurück. Du kannst es vorsichtig mal ansprechen, aber alles Weitere ist absolut übergriffig.
Naja es besteht ein gemeinsamer Haushalt, ich finde ein bisschen habe ich schon das recht etwas zu sagen vor allem weil mich das ganze ja nicht nur indirekt betrifft... "Übergriffig" finde ich etwas krass ausgedrückt, aber ich danke dir sehr für deine Einschätzung. Vermutlich lasse ich es dann ganz, sie ist in der Richtung leider absolut nicht kritikfähig, egal wie vorsichtig ich es anspreche.
Es ist okay, sich bei Beobachtungen von Situationen auch mal Gedanken zu machen. Du schreibst, das deine Partnerin dir bereits ihre Einstellung mitteilte (es ist ihr Kind, du sollst dich da nicht so einmischen). Wobei beim Thema "einmischen" ja das Spektrum sehr sehr groß ist.
Ihr seid jetzt grade mal ein paar Monate zusammen, nachdem deine Partnerin für Jahre komplett alleine verantwortlich war. Ich finde es erstaunlich, das sie bereits jetzt schon Kontakt zu ihrem Kind zulässt (andere Alleinerziehende gehen da weit vorsichtiger vor um wirklich sicher zu gehen das die Beziehung Bestand hat bevor sie dem vorhandenen Nachwuchs den neuen Partner vor die Nase setzen).
Du hast also bereits die Erfahrung gemacht das sie sich in ihrem Handeln angegriffen fühlt sobald du dich einklinkst. Es ist schwierig von jemandem (der keine persönliche Erfahrung in diesem Gebiet hat) Ratschläge anzunehmen. Zumal dabei ja auch ein Lebewesen (das Kind) betroffen ist. Kann ich vollkommen nachvollziehen.
Termine für eine Erziehungsberatung würden die Mutter des Kindes betreffen - du würdest da garnicht mitgehen "als Partner der erst eine kürzere Zeitspanne mit dabei ist".
Zu dem Punkt "Hilfe zur Selbsthilfe": Ja - im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten. Einerseits Situationsorientiert, andererseits von körperlichen/ psychischen aktuellen Ist-Zustand des Kindes abhängig. Es gibt Bereiche, in denen manche Kinder länger brauchen. In denen Kinder die Nähe/ die Hilfestellungen ihrer Eltern persönlich benötigen (sowohl in Form von Handlungsabläufen als auch emotional gesehen um sich sicher zu fühlen.
Klar, manche Kinder können sich mit beispielsweise 6 Jahren komplett alleine duschen und brauchen lediglich die Erinnerungshilfen a la "denk dran dir die Haare mit deinem Shampoo zu waschen, geh jetzt damit du gleich noch genügend Zeit hast...." - so als Beispiel. Andere kriegen das in dem Alter noch nicht gebacken, sind mit der Handhabung der Handbrause überfordert oder würden sich nur halb die Haare "waschen".... oder finden die Nähe zum Elternteil durch die gemeinsam durchstandene Handlung noch gut. Das Gleiche gilt dür das Zubereiten von Nahrung, die Handhabung von Besteck, die Zu-Bett-geh-Zeit.
Ich möchte damit verdeutlichen: Das man es absolut individuell sehen muss. Von Haushalt zu Haushalt ist es verschieden, von Kind zu Kind ist es verschieden.
Und nun stell dir vor, jemand der selbst keine persönliche Erfahrung damit hat, versucht reinzugrätschen mit persönlichen Meinungen was wann wie zu laufen hat. Das stresst, man verstärkt sich auf die gewohnte Alltagshandlung.
Sicher, der Punkt Nahrungsaufnahme ist bei einem Achtjährigen dann schon wichtig. Das wäre, von deinen geschilderten Situationen, aber auch das Einzige. Hier wäre es ideal wenn man ansetzt - so das das Kind dann im Falle von Besuchen bei Schulfreunden - nicht komplett aufgeschmissen ist.
Warte mal, ein Punkt ist allgemein wichtig: Kinder entwickeln sich ja Schritt um Schritt in ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten weiter. Beginnend beim Heben des Kopfes, herumrollen bis hin zu den ersten Gehversuchen. Sprechen lernen und so weiter. Später Handlungen im Alltag. Ein Kind möchte von sich aus mit der Zeit mehr und mehr selbst machen (im Normfall). Eltern müssen entsprechend (angepasst an die Entwicklung ihres jeweiligen Kindes nach und nach Lernen diesen Prozess der sich entwickelnden Selbständigkeit) nach und nach Lernen dies zuzulassen. Das ist ziemlich schwer (emotional gesehen). Je nach persönlichem Hintergrund ists ein einfacher Prozess oder schwer zu händeln für sich selbst.
Hier wären Gespräche mit vertrauten Müttern (der eigenen Mutter, Freundinnen die selbst Mütter sind) sicher geeignet um die ersten Denkanstöße zu erhalten. Das wär effektiver als das die eigene Abwehr verstärkt wird.
PS: Wie, es besteht ein gemeinsamer Haushalt? Jetzt schon?
Ein Kind in der dritten Klasse ist ca 9 Jahre, körperlich und geistig gesund.. Die Mutter arbeitet Vollzeit - also geht das Kind in eine Nachmittagsbetreuung und wird dort vermutlich auch Mittagessen.
Möglichkeit 1 - das Kind kann dies mit dem Essen besser wenn es dies möchte. Ansonsten wäre der Vertrag der Nachmittagsbetreuung vermutlich bereits gekündigt worden. Dann merkt die Mutter nicht, dass das Kind sie manipuliert.
Möglichkeit 2 - das Kind hat doch Probleme mit der Motorik und die Mutter ignoriert die Entwicklungsverzögerung. Sofern das Kind in Deutschland bereits in den Kindergarten ging - wäre dies dort bereits thematisiert worden
Möglichkeit 3 - die Ursache liegt evtl in kulturellen Unterschiede.
Als Lebenspartner würde ich es auf eine Krise ankommen lassen und mit dem Kind üben und es auch zurecht weisen. Kommt evtl darauf an wer bei wem wohnt. Zumindest würde ich mich weigern das Schlachtfeld aufzuwischen - könnte man aber durchaus bereits den Kind übertragen.
Das mit dem Einschlafritual würde ich nicht überbewerten. Keine Ahnung welche Erlebnisse das Kind bereits hatte oder ob die Mutter hiermit vielleicht ihr schlechtes Gewissen kompensiert.. Bei Vollzeit und Haushalt - kommt das Kind oft zu kurz.
Von außen schwierig zu beurteilen.
Was ich versuchen würde - den Kontakt zu Menschen mit älteren Kindern aus den gleichen Kulturkreis kennen zu lernen oder vielleicht junge Menschen, denen es vielleicht ähnlich ging und die Probleme haben, die du kommen siehst. Wobei das Verhalten der Mutter meines Erachtens nichts mit Verwöhnen zu tun hat, sondern mit Ignoranz. Das Kind hat eine nicht diagnostizierte Entwicklungsstörung.
Ebenso Kontakt zur Nachmittagsbetreuung suchen deren Beobachtung insbesondere beim Essen schildern lassen.
Vielleicht auch mit dem Klassenlehrer reden?.
Es gehört zu den größten Herausforderungen bei Patchwork-Beziehungen, den Erziehungsstil des Partners zu akzeptieren. Ihr eine Erziehungstherapie vorzuschlagen, ist überheblich. Sie hat das Kind jahrelang allein durchgeboxt. Das musst du respektieren. Das ist ein Fels, den du nicht verrücken kannst. Wenn du dir Sorgen machst, wie es mit einem gemeinsamen Kind von euch wäre, dann lass es mit dem Kind oder mit der Frau.
Wichtig ist, dass du ihr gegenüber nicht wertend bist, sondern beschreibend. Also statt "du verhätschelst das Kind, wenn du ihm Essen kleinschneidest" sagst du "mir ist aufgefallen, dass X es nicht geschafft hat, sein Essen kleinzuschneiden. Hast du eine Idee, wie wir ihm das beibringen können?"
Oder nach einem Schulgespräch sagst du: "Die Lehrerin sagte ja, dass X einen besonderen Förderbedarf hat und wir viel mit ihm üben sollen. Was hältst du von der Idee, dass wir uns in einer Erziehungsberatungsstelle beraten lassen, wie wir X besonders gut unterstützen können? Die haben bestimmt Erfahrung mit Kindern mit Förderbedarf, von der X profitieren kann."
Wenn ich es so frage wie du vorschlägt dann wird es zumindestens keine großen Streit geben (sie fühlt sich bei Kritik schnell angegriffen) aber Ich zweifle dass sie bereit ist das Problem zu bekämpfen oder besser gesagt erstmal anzuerkennen dass überhaupt ein Problem besteht! Dennoch werde ich es in einem geeigneten Moment zum wiederholten Male versuchen. Danke. Auch wenn ich wenig Hoffnung habe.
Scheinbar nicht, zumindestens weiß ich davon nichts und kann es somit bei meiner Argumentation nicht mit einbeziehen. Ich weiß nur das der Junge un der Schule relativ gut ist, eigentlich ist er intelligent und könnte alles lernen aber die Mutter bringt ihm nichts bei, sogar Schuhe binden hält sie für zu viel "Druck".
Vielen Dank für deine Antwort! Ich möchte auf die 3 Punkte eingehen...
Punkt 1: Thema Mittagsbetreuung, da geht das Kind tatsächlich hin. Ich kann mir nicht erklären, wie es da isst. Vermutlich isst er nur die Dinge die er nicht schneiden muss und hört nach wenigen Bissen auf - dafür spricht jedenfalls, dass er meistens sofort Hunger hat wenn er nach Hause kommt. Mit Löffel essen schafft er halbwegs... Eine "Manipulation" durch das Kind schließe ich aus, ich habe schon mal versucht ihm durch Belohnungen einen Anreiz zu geben und gesehen wie hilflos er mit Messer und Gabel war. Das war definitiv nicht gespielt.
Punkt 2: Auch wieder gut erkannt, es wurde im Kindergarten tatsächlich thematisiert und irgendwann hatte man die Mutter auch soweit dass sie ihr Kind trotz heftiger Gegenwehr zum Logopäden und zum Ergotherapeuten brachte. Seitdem hat der Junge sich verbessert und die Grundschullehrer sind informiert. Die Mutter sagt, die Lehrer beobachten den Jungen und würden gegebenenfalls Bescheid sagen wenn sie denken er muss nochmal zum Ergotherapeuten. Bisher ist das aber nicht geschehen, was sie als Bestätigung sieht nichts ändern zu müssen.
Punkt 3: Auch hier wieder voll ins schwarze getroffen. Kulturelle Unterschiede spielen definitiv eine Rolle, in ihrer Kultur ist es normal dass man Kinder so behandelt. Falsch verstandene Fürsorge ist dort Alltag, das konnte ich schon oft beobachten. Aber der Junge wächst nunmal in Deutschland auf und muss später auch hier zurecht kommen...
Ich habe in der Vergangenheit oft versucht mit dem Kind zu üben und es zurecht zu weisen. Es endete jedes Mal in Streit mit der Mutter. Ich bin wirklich ein sehr ruhiger und geduldiger Mensch aber sie behauptet ich setze ihn unter Druck. Ich bin total ratlos... Würde mit ihr gerne eine Familientherapie machen und zur Erziehungsberatung aber ich weiß genau sie fühlt sich dann angegriffen und es gibt dann Streit und alles wird schlimmer :(