Seit wann gibt es Sexunterricht in deutschen Schulen?
Hallo! Mein Name ist Witali und ich wohne in Russland. Ich habe von unseren Medien gehört, dass es schon lange in deutschen Schulen sexuelle Aufklärung gibt. Im unterricht lernen die Schüler alles über Sex und Kontrazeption und auch das Thema Homosexualität.
In Russland ist es kaum vorstellbar, denn unsere Gesellschaft ist noch sehr traditionell. Viele Leute sind schockiert, wenn sie Nachrichten aus Westeuropa hören und heissen das Kontinent "Gayropa". So ist es. :)
Ich bin persönlich ein liberaler Mensch und möchte einfach wissen, wie es wirklich in Deutschland ist. Und was die meisten deutschen Eltern denken.
14 Antworten
Hallo Vitali,
Sexualkunde als Teil des Biologieunterrichts wurde 1969 verpflichtend in deutschen Schulen eingeführt.
Schwerpunkt ist nach wie vor die Aufklärung, also Bau und Funktion der Geschlechtsorgene, Hormonzyklus & Menstruation, Schwangerschaft und Geburt, Verhütung, aber auch Intimhygiene und die Verhinderung von AIDS und anderen Geschlechtskrankheiten.
Homosexualität und Genderfragen wurden ab Mitte der 90er vermehrt zum Thema im Biologieunterricht (Hauptsächlich wurde da Fragen der Schüler aufgegriffen.) Wir vermitteln keine Sexualtächniken, sondern begleiten Schüler in ihrem Weg erwachsen zu werden. Das heißt, wir sind für Fragen da, die ihnen ihre Eltern nicht beantworten können oder wollen. Das betrifft auch Fragen zu Homosexualität und Geschlechtsidentiät. Die wenigsten Schüler sind aber homosexuell, es geht im Unterricht lediglich darum Toleranz für andere Lebensweisen zu schaffen.
Ich selbst unterrichte Sexualkunde relativ offen für Fragen meiner Schüler und reagiere auf das, was meinen Schülern wirklich zu diesem Thema interessiert. Ja, und wenn sie was zum Thema Homoseualität interessiert, dann mach ich eben das. Bei vielen Klassen spielt dies jedoch nur eine untergeordnete Rolle und ist nur ein Nebenthema. Viele ältere Kollegen sprechen gar nicht darüber und klammern es aus.
Natürlich ist das Thema viel in den Medien - ganz so wie die Medien das darstellen, ist die Realität nicht!
Ich informiere die Eltern normalerweise mit einem Elternbrief in der Regel 1-2 Wochen vor dem Beginn der Geschlechtserziehung was als Unterrichtthema geplant ist und dass ich sehr offen unterrichte, aber zum Teil auch nach Geschlechtern getrennt - denn Mädchen beschäftigen in der Pubertät ganz andere Dinge als Jungs.. Meist war es das dann auch und die meisten Eltern sind froh, dass sie ihren Kindern keine peinlichen Fragen beantworten müssen um Halbwissen auszuräumen. Wer sich gelegentlich mal meldet sind religoöse Eltern (Muslime aber auch traditionelle Christen), die sicherstellen wollen, dass ich Ehe und Familie nicht in Frage stelle, was ja auch ein völlig normaler legitimer Lebensentwurf ist. Meist erledigt sich die Diskussion, dann mit meiner Frage - ob sie denn schon mit ihren Kindern über Sexualität und Verhütung gesprochen hätten (meist nicht), dann sehen sie die Notwendigkeit des Sexualkundeunterrichts meist ein.
Was die schulpolitische "Genderpolitik" anbelangt, sind die meisten Eltern daran nicht interessiert - da die wenigsten Eltern sich mit einem homosexuellen Jugendlichen oder transgender Themen auseinander setzen müssen, die Mehrzahl der Jugendlichen ist und bleibt nun einmal heterosexuell. Eltern haben jedoch ein Interesse daran, dass wir ihre Kinder zu Toleranz und gegenseitigem Respekt erziehen. (Dazu gehört Toleranz gegenüber Homosexuellen, aber auch interkultuereller Respekt, was heute den weitaus größeren Teil des Schullebens ausmacht.)
Dennoch habe ich in meinem Schulemail-Postfach 2-3 Mal im Monat eine neue Petition, die ich unterzeichnen soll und an die Schulbehörde weiter leiten solle - wahlweise von der Schwulenlobby oder von der konservativen Gegenseite. Unterschrieben habe ich noch nie und die meisten meiner Kollegen auch nicht, da sich uns die Frage - ob oder ob nicht gar nicht stellt. Sie ist bei uns schon seit Jahren selbstverständlich Unterrichtsgegenstand.
Ganz anders als in Russland. Hier sind die meisten Menschen zu konservativ gegenüber diesem Thema. Und das Thema der Homosexualität ist hier, natürlich, komplett verboten. Viele haben noch patriarchale Klischees des Genderverhaltens (Der Mann muss stark und dominant sein, und die Frau muss schwach und fügsam sein). Es gibt, natürlich, einige liberale Menschen.
Ist die Gleichberechtigung von Männer und Fräuen in Deutschand gut etabliert?
Im Alltag weitgehend schon - aber wir sind nun einmal nicht gleich. Aber was Bezahlung und Karriere im höheren Management anbelangt, haben da immer noch die Männer die Nase vorn. Das liegt wohl immer noch daran, dass es in der Regel die Frauen sind, die mit der Doppelbelastung Familie und Beruf fertig werden müssen. Denn was Kleinkindbetreuung anbelangt, da waren die Oststaaten schon immer besser als wir und einen Krippenplatz oder einen Kindergartenplatz zu bekommen, ist immer noch keine Selbstverständlichkeit
Ich finde es sogar wichtig das es Sexualunterricht in den Schulen gibt. Denn oft sind jüngeren Menschen gar nicht bewusst welche Konsequenzen der 'Spaß' haben kann. Ich schätze das Deutschland vermeiden möchte das Kinder Kinder bekommen. Ich finde es gehört einfach zur Gesellschaft dazu und muss unbedingt besprochen werden, da es manche Eltern eben nicht tuen.
Sexual Unterricht gibt es Klasse 3 oder vier und in der Klasse 9 und 10.
Homosexualität wird früh aufgeklärt da es oftmals schlimme Vorurteile gibt, aber diese Menschen sind ja nicht anders als wir es sind. Es ist sehr wichtig auch dieses Thema anzusprechen da wir Tolerant gegenüber unseren Mitmenschen sein müssen.
In anderen Ländern gibt es kein Sexualkundeunterricht und trotzdem wenig Kinder die Kinder kriegen.
Wenn nicht möchtest dass Kinder Kinder kriegen, dann sei dagegen dass man Kindern beibringt Kondome zu nutzen, weil die funktionieren nicht immer.
Ich glaube, es gab den sexualkundeunterricht in der DDR schon viel früher als
im "westen" (BRD). Icgh glaube, im DDR - Unterricht wurde auch viel intensiver auf die einzelnen Probleme eingegangen. Ein Grund dafür kann darin gelegen haben, dass die Eltern in der DDR meist beide berufstätig waren und nicht so viel zeit mit ihren Kindern verbrachten, um sich intensiv über Aufklärung oder sexuelle Probleme zu kümmern.
Danke! :) Interessant, dass die kommunistische DDR gegenüber sexuellen Themen offen war. Bei uns in der USSR war alles Tabu.
In der ehemaligen DDR gab es bereits 1947 unter dem Oberbegriff "Fortpflanzung" Unterricht in Sexualkunde. Durch den einheitliche Lehrplan bekamen die Schüler der achten Klasse einen Film gezeigt, in dem ein Kind zur Welt kommt. Wann dieser Film Teil des Unterrichts wurde, weiß ich allerdings nicht genau. Ich kann mich allerdings daran erinnern, dass es bereits Jahre davor aufgeregte Gespräche darüber gab, dass man diesen Film in der achten Klasse sehen würde. Insbesondere, wer ältere Geschwister hatte, wusste bereits davon. Ich bin Mitte der sechziger Jahre eingeschult worden.
Homosexualität und andere "Spielarten", wie zum Beispiel Transsexualität, wurde während meiner Schulzeit offiziell nicht besprochen.
Gruß Matti
Interessant, dass es in der kommunistischen DDR viel offener mit sexuellen Themen war. Bei uns in der Sowjetunion gab es eine strenge moralische Zensur und alle Sexthemen waren verboten.
Grüsse aus der Stadt Barnaul! :) Witali
Naja es gibt in der Grundschule kein FACH Sexualunterricht, sondern verschiedene Themen des Sexualunterrichts werden meist im Sachunterricht oder im Biologieunterricht behandelt.
Homosexualität bzw dass Menschen eben sehr verschieden sind würde erst neuerdings mit in den Schulunterricht aufgenommen werden. Bisher sind es vor allem Themen wie Schwangerschaft, Verhütung, Junge und Mädchen sind verschieden, Veränderungen des Körpers in der Pubertät, Hygiene, Schutz vor sexuellem Missbrauch, usw. In sehr seltenen Fällen nur wird darüber hinausgegangen.
Im Vergleich zu Russland ist die deutsche Gesellschaft weit vorne, kann ich sagen. Danke für Ihre Antwort! :) Aber in welchem Bundesland wohnen und unterrichten Sie?