Kann man jegliche elektromagnetische Wellen nur mit Alufolie/Kupfer abschirmen?

4 Antworten

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Ich gehe mal von Funkwellen aus und lasse Licht, Wärme (→ Spiegel) und Röntgenstrahlen (→ Blei) außen vor.

Am besten schirmt ein vollständiger Faraday’scher Käfig aus einem möglichst gut leitenden Material von ausreichender Materialstärke ab.

Fangen wir beim Material an, dann wäre der beste, elektrische Leiter Silber und dann weiter absteigend:

  1. Silber
  2. Kupfer
  3. Gold
  4. Aluminium
  5. Zink
  6. Nickel
  7. Messing
  8. Bronze
  9. Eisen
  10. Platin
  11. Kohlenstoffstahl
  12. Rostfreier Stahl

(Im Besonderen kein Blei, das ist für radioaktive Strahlung und das ist ein anderes Thema …)

Die Abschirmung beruht dabei auf dem Skin-Effekt, bei dem HF-Ströme an der Oberfläche eines Leiters bleibt. Dabei meint Oberfläche die äußere Schicht, denn um den Skin-Effekt auszuprägen, muss ein el. Feld im Leiter erzeugt werden. Es gibt also eine Eindringtiefe. Diese ist für gut leitendes Material geringer. Die Eindringtiefe aber muss deutlich kleiner als die Dicke des Materials sein.

Mit einer einfach geschlagenen Alufolie von typisch 0,015 mm (oder 15 µm) Dicke und einer Eindringtiefe von 14,92 µm als Beispiel bei einer niedrigen UKW-Radio-Frequenz von 30 MHz habe ich gerade noch einen „Durchschlag“ und keine Funkabschirmung.

Die Eindringtiefe habe ich hier errechnen lassen: Electronic Developer (einfach nur die Frequenz eintragen und das Material auswählen)

Verbessern könnten wir uns also mit Kupferfolie oder gar Silberfolie. Letztere würde wieder eine bedingte Abschirmung erreichen.

Leichter ist es jedoch, ein dünnes Blech zu verwenden (aus Alu oder aus Kupfer). Dabei wichtig: Die Kanten gut schließen, damit hier keine Viertelwellenlänge (hier an höhere Frequenzen denken) platz bleibt. Und natürlich leitend verbinden.

Ergo, es ist mal wieder nicht so einfach mit nur einer Komponente getan, es gehört etwas Verständnis bei der Umsetzung dazu.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik

Es kommt drauf an, was man vor hat.

Die Firma, in der ich arbeite, hat einen Faradayschen Käfig, der Wellen abschirmt. Der hat mehrere 100 k€ gekostet und ist sehr massiv. Also nichts mit Alufolie. Kritisch sind auch die Durchlässe zur Stromversorgung und Belüftung.

Und wenn man die Tür nur einen kleinen Spalt weit offen lässt, kann man drin die Radiosender und Mobilfunknetze messbar erkennen. (Über die Kosten der Messgeräte sage ich jetzt nichts.)


TeeWasser1 
Beitragsersteller
 26.10.2021, 22:31

Mir ist nur bekannt dass Alufolie, Silber, Kupfer usw zuverlässig elektromagnetische Strahlung abschirmt. Was gibt es denn noch?

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tunik123  26.10.2021, 22:43
@TeeWasser1

Das ist im Prinzip richtig.

Aber wenn wir über Dämpfungen von über 60 dB reden (1 : 1 Million), reicht das nicht. Als wir damit anfingen, benutzten wir auch nur "Karnickeldraht" mit Holzlatten. Das war schon mal ein Anfang. Aber wenn man es ernst meint, wird es teuer.

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Bei UV-Licht, Röntgen- und Gammastrahlung klappt das nicht mehr. Die werden von den Metallen nur abgeschwächt, aber nicht abgeschirmt.

Den Grund hat Peter Kremsner genannt. Hier steht es genauer: https://de.wikipedia.org/wiki/Plasmaoszillation (Abschnitt 'Reflexion von Licht an Metallen')

Bei Kupfer und Gold kann man schon an der Farbe sehen, daß kurzwelliges blaues Licht (mit weniger als ca 500 nm Wellenlänge ) nur noch schlecht reflektiert wird.

In dem Diagramm hier zeigt die Kurve von Gold (Au), daß sein Reflexionsgrad unterhalb 500 nm steil abfällt. Auch der Abfall der Kurve von Silber (Ag) im blauen und violetten Bereich erklärt den wärmeren Farbton des Silbers im Vergleich zum Aluminium (Al). https://de.wikipedia.org/wiki/Reflexionsgrad#/media/Datei:Image-Metal-reflectance.png

Ja, solange die Wellenlänge länger ist als der Abstand zweier Atome (pi mal Daumen) dürfte das gehen. Ein klitze kleines bisschen kommt immer durch aber das ist vernachlässigbar für den Menschen.

Elektromagnetische Wellen bringen das elektrische Feld um leitende Atome zum schwingen und saugen somit ihre Energie auf. Die Energie wird dann wieder als Photonen abgegeben was sich als reflektiere Welle äußert. Ein bisschen wird absorbiert (Wärme) und an weiteres Bisschen kommt auf der anderen Seite raus.


Franz1957  27.10.2021, 05:44
Ja, solange die Wellenlänge länger ist als der Abstand zweier Atome (pi mal Daumen)

Das mit dem Atomabstand dachte ich auch zuerst, aber das ist nicht mal annähernd die richtige Größenordnung. Die Abschirmung bzw. Reflexion klappt schon bei ca. 300 nm Wellenlänge (Ultraviolett) nicht mehr, aber der Atomabstand in Festkörpern ist ungefähr 0,3 nm, also etwa 1000 mal kleiner.

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TeeWasser1 
Beitragsersteller
 26.10.2021, 22:25

Danke für die verständliche hilfreiche Antwort

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PeterKremsner  26.10.2021, 22:23

Es gibt da für jedes Metall die sogenannte Plasmafrequenz die eben genau das bestimmt.

Diese hängt im wesentlichen von der Elektronenbeweglichkeit im Metall ab.

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Bujin  26.10.2021, 22:27
@TeeWasser1

Die bestimmt ab welcher Frequenz die Welle durchmarschiert. (Wenn ich ihn richtig verstehe, ich bin kein Plasmaphysiker)

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TeeWasser1 
Beitragsersteller
 26.10.2021, 22:28
@Bujin

Achsoo okay also zum Beispiel ab 100 Hz?

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Bujin  26.10.2021, 22:29
@TeeWasser1

Da musst du dich reinlesen falls er nicht selber antwortet. Ist nun auch nicht schwer danach zu googlen.

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Bujin  26.10.2021, 22:32
@TeeWasser1

Ich denke aber es wird schon so sein. Irgendwann sind die Elektronen zu träge und können nicht schnell genug mitschwingen. Dann absorbieren sie keine Energie mehr und die Welle geht durch.

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PeterKremsner  26.10.2021, 22:40
@TeeWasser1

100Hz ist weit zu niedrig. Alle Metalle sind undurchsichtig. Die Plasmafrequenz liegt damit über dem optischen Spektrum im Bereich der Röntgenstrahlung.

Wie viel das Metall reflektiert und was durch geht kannst du für einfache Betrachtung mit dem Skineffekt für die jeweilige Frequenz ableiten. Nach der Eindringtiefe ist die Restamplitude auf 1/e gefallen. Von einer guten Isolation spricht man wenn das Metall etwa 5 mal so dick ist wie die Eindringtiefe der Frequenz.

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