Das demokratische Credo enthält die Saat für die eigene Vernichtung, stimmt ihr dem zu?

Der Satz ist wahr 91%
Der Satz ist unwahr 9%

11 Stimmen

6 Antworten

Der Satz ist wahr

Hallo Avatarez2,

es war schon geschehen, es gibt ein Risiko, dass es nochmals geschieht.

Zunächst lässt sich eine Partei von einer Mehrheit in die Regierung berufen. Die Parteil gewinnt immer mehr Anhänger*innen - und bereitet sich im Hintergrund schon auf eine diktatorische Alleinherrschaft vor.

Mit entsprechender Mehrheit beschließt die Regierung Verfassungsänderungen. Doch dann beginnt die Nichtlegitimität.

Politische Kampftruppen haben im Hintergrund schon die Diktatur über die Bürger*innen übernommen. Neuwahlen gibt es von da an nicht mehr oder sind nur ein Alibi.

Alternativ könnten solche Kampftruppen auch schon zu Zeiten, wo die Partei keine Regierungsverantwortung hatte, versuchen, zu putschen.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – früherer Glaube - heutige Plausibilität vieler Dinge

RStroh  27.04.2024, 11:17

Adolf Hitler wurde demokrstisch zum Reichspräsidenten gewählt. Den Rest kennen wir.

Haldor  28.04.2024, 18:57
@RStroh

Hitler wurde nur zum Reichskanzler ernannt, vom Reichspräsidenten (30.1.33). Bei der Reichstagswahl im März 1933 erhielt seine Partei nur 43, 9%. Zusammen mit der Kampffront Schwarz, Weiß. Rot (8%) konnte er aber eine Regierung bilden.

RStroh  29.04.2024, 07:47
@Haldor

Also wurde die Demokratie demokratisch abgeschafft. Darauf wollte ich hinaus. Danke für die Klarstellung.

Haldor  29.04.2024, 11:52
@RStroh

„Die Demokratie wurde demokratisch abgeschafft“, sagtest du. Ich will nicht gerade als Besserwisser dastehen, aber als ehemaliger Geschichtslehrer habe ich nun mal die Ereignisse damals sorgfältig studiert. Deshalb weiß ich, dass die Abläufe etwas differenzierter waren. Nach dem 5. März 1933 war die Demokratie eigentlich noch nicht abgeschafft, denn Hitler konnte mit einer Mehrheit im Reichstag (NSDAP + DNVP) demokratisch regieren. Wollte er aber nicht. Deshalb wollte er die Demokratie durch das Ermächtigungsgesetz 24. März 1933 abschaffen. Die 2/3-Mehrheit bekam er durch Versprechungen (z. B. an das Zentrum) und durch gewaltige Einschüchterung. Die Atmosphäre war damals in Deutschland sowieso mächtig aufgeheizt und durch Gewalttätigkeit geprägt. Prügeltrupps der SA besetzten die Ränge des Reichstages, brüllten: „Wir wollen das Ermächtigungsgesetz, sonst Mord und Totschlag!“ Hitler beendete seine Rede mit dem Satz: „Sie können jetzt wählen zwischen Krieg und Frieden!“

Die Gesetzgebung ging laut Ermächtigungsgesetz auf die Hitlerregierung über, damit war die Demokratie abgeschafft, ob auf demokratischem Wege, möchte ich bezweifeln. Denn die KPD war einfach verboten worden und die Abgeordneten der demokratischen Parteien – sagte später mal einer – mussten um ihr Leben bangen. Von der SPD, die gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, sind viele kurz danach verhaftet worden.

Hinzu kommt noch Folgendes: Die Demokratie war praktisch schon seit dem 28. Februar 1933 abgeschafft (durch die NotVO. zum Schutze von Volk und Staat, von Reichskanzler Hitler erlassen). Das konnte er, weil die Weimarer Verfassung dies zuließ. Also wegen dieser enormen Schwäche der Weimarer Verfassung war die Demokratie bereits aufgehoben. Normalerweise sollte die Notverordnung vom 28. Februar durch den Reichstag wieder aufgehoben werden, aber die Mehrheit der rechtsradikalen Parteien tat das nicht. So blieb die sogenannte Reichstagsbrandverordnung bis 1945 in Kraft, willkürliche Verhaftungen waren seit dem 28. Februar 1933 möglich. Das bedeutete: schon ab diesem Datum war die Demokratie praktisch beseitigt.

Der Satz ist wahr

1933 sollte Beweis und Warnung genug sein.

Demokratie ohne RechtStaat und einer Verfassung die auch durchgesetzt werden kann, ist immer in Gefahr.


PaulSmart  28.04.2024, 18:42

1932 um genau zu sein (die Wahl 1933 war bereits keine demokratische Wahl mehr)

Wir haben gerade in Deutschland viele Lehren aus der Vergangenheit gezogen und Sicherungsmechanismen eingebaut.

Eine Machtergreifung ist heute wesentlich schwerer als noch 1933 oder in anderen Staaten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Langjährige Erfahrung in der Parteipolitik und als Reporter

juergen63225  28.04.2024, 19:34

Wichtig ist dass man versteht dass Wahlen nur ein Aspekt von freien demokratischen Staaten ist.

Menschenrechte und Schutz von Minderheiten müssen auch gelten wenn eine Mehrheit im Moment einer wahlabstimmung anders abstimmt.

Sonst könnten Angriffskriege, Völkermord, ja ok sein.. wenn Eibe Mehrheit dafür gestimmt hat.

vanOoijen  28.04.2024, 19:36
@juergen63225

Ja, die Diskussion hatte ich heute auch schon bezüglich der Errichtung eines Kalifats in Deutschland.

Ich habe mit der Ewigkeitsklausel für bestimmte Artikel des Grundgesetzes argumentiert.

Wie geht ihr mit diesem Wissen um?

Relativ neutral. Die Demokratie als solche ist halt eine Reinform mit entsprechenden Stärken und Schwächen, wie andere Herrschaftsformen auch. Sie wird in der Praxis immer wieder erweitert, um entsprechende Schwächen auszubügeln oder abzumildern.

Eine Version, die dabei rausgekommen ist, ist die wehrhafte Demokratie, die wir in Deutschland haben.

Der Satz ist wahr

Man sieht es (überall auf der Welt, besonders aber auch in Deutschland) wohl sehr deutlich wie die Demokratie sich selbst zerstören kann.