Beamtentum Deutschland?
Wie lange kann sich Deutschland noch das Beamtentum sich leisten?
7 Antworten
Aus meiner Sicht, kann die Bundesrepublik Deutschland es sich nicht leisten, sich keine Beamten zu leisten.
Ich halte eine Abschaffung des Beamtentums für alles andere als sinnvoll. Auf gar keinen Fall sollte das Beamtentum abgeschafft werden!
Der öffentliche Dienst ist massiv unterbesetzt. Aber nicht, weil es zu wenig Bewerber gibt, sondern weil eine Vielzahl der Bewerber einfach nicht die nötige Qualifizierung hat.
Die Berufssicherheit und die Pensionen für Ruhestandsbeamte sind das Einzige, was den öD noch annähernd attraktiv machen. Wenn man das Beamtentum und diese Punkte abschafft, gehen nicht nur die Bewerberzahlen runter, sondern es finden sich noch weniger qualifizierte Bewerber für die offenen Stellen als ohnehin schon. Die Abschaffung des Beamtentums würde den öD also noch unattraktiver machen.
PKV und Beihilfe sind ja schön und gut, allerdings trägt der Beamte seine gesamten Versicherungsbeiträge selbst. Die Beihilfe erstattet nur einen Teil der Behandlungskosten im Krankheitsfall, aber nicht die Versicherungsbeiträge. Auch gibt es eine Vielzahl von Behandlungen, die gar nicht von der Beihilfe erstattet werden. Man darf auch nicht vergessen, dass je nach Zahlungsfrist des Arztes, der Beamte zunächst in Vorleistung gehen muss, ehe er die Erstattung von der PKV und Beihilfe bekommt.
Die nennenswerte Vorteile des Beamtentums sind das sichere und regelmäßige Einkommen, die nahezu Unkündbarkeit und die gesicherte Pension. Allerdings gibt es auch erhebliche Grundrechtseinbußen, die das Beamtentum mit sich bringt. Der bekannteste Nachteil, und für mich der wichtigste Grund für das Beamtentum, ist das Streikverbot. Das Streikverbot soll die Handlungsfähigkeit des Staates sicherstellen. Nicht auszudenken, wenn in der gesamte öD geschlossen Streiken würde. Hier nur ein paar Beispiele dafür:
- Straftäter kommen frei, weil eventuelle Fristen verpasst werden.
- Häftlinge in den JVAs würden nicht bewacht werden.
- die einheimische Wirtschaft würde vor Produktpiraterie nicht geschützt werden, und der Import von anderen illegalen Waren könnte massiv zunehmen.
- Die Strafverfolgung wird nicht aufgenommen.
- die Berufsfeuerwehr würde bei Einsätzen nicht ausrücken.
- Sozialleistungen (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Bürgergeld) würden nicht ausgezahlt werden.
- Schulen wären komplett geschlossen.
- Vollstreckungstitel würden von Gerichtsvollziehern nicht durchgesetzt werden.
- Sämtliche Bürgeranträge würden nicht bearbeitet werden.
Es bedarf einer zuverlässigen Verwaltung, damit der Staat in allen Bereichen handlungsfähig bleibt. Deswegen braucht es auch dort Beamte, und nicht nur bei Polizei, Justiz, Zoll und Feuerwehr.
Jedes Mal, wenn bei der Post oder der Bahn gestreikt wird, ist das Geschrei nach den Beamten groß.
Die Dienstherrn könnten gar nicht so viel Geld bezahlen, damit die Beschäftigten im öD auf das Streikrecht verzichten würden.
Weiterhin sind Beamte in der Meinungsfreiheit, in Bezug auf öffentliche, politische Meinungsäußerungen, sowie in der Religionsfreiheit erheblich eingeschränkt. Sowohl die genannten Vor- als auch die Nachteile gehören zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die in Art. 33 Abs. 5 GG verankert sind. Auch privates Fehlverhalten kann für Beamte disziplinarische Konsequenzen haben.
Angestellte, die durch verfassungsfeindliche Äußerungen und/oder Symbole auffallen, sind zum Teil schwieriger zu entlassen als Beamte.
Die aktive Besoldung vor allem im höheren Dienst für Volljuristen ist nicht besonders attraktiv. Nur eine Minderheit möchte nach 5 Jahren Regelstudienzeit plus zweijährigen Referendariat mit den Einstiegsämtern A13 und R1 anfangen. Selbst Behördenleiter mit A16 verdienen im Vergleich zu Führungskräften in der freien Wirtschaft deutlich weniger. Von IT-lern will erst gar nicht sprechen.
Vielleicht hältst du mich nicht für objektiv genug, weil ich selbst Beamtin bin, aber meine Meinung ist, dass das Beamtentum unverzichtbar ist. Das ist zwar jetzt leicht zu sagen, aber das wäre auch meine Meinung, wenn ich nur Angestellte im öD wäre, oder es mit einer Karriere im öD überhaupt nicht geklappt hätte.
Eine Abschaffung des Beamtentums hätte übrigens nur auf Neueinstellungen Auswirkungen. Bestehende Beamtenverhältnissse genießen Bestandsschutz.
Angestellte bzw Vertragsbedienstete sind keinen Cent billiger, auch die Pension würde sich einfach ins Rentensystem verlagern (und damit ebenso dem Steuerzahler aufgebunden werden)…
Des Weiteren: Polizei, Militär, Justiz etc müssen Beamte sein, da sie sonst Willkür ausgesetzt wären.
Man kann es sich nicht leisten ohne Beamte zu sein.
Oder findest du es toll, wenn du die Polizei brauchst und diese wochenlang streikt?
Wochenlang keine Schule wäre oder keinerlei Verwaltung?
Warum nur rufen alle bei einem Bahnstreik nach mehr Beamte?
Ausserdem sind die jetzigen Beamten unkündbar. Man könnte nur für die Zukunft auf Beamte verzichten.
Aber dann muss man eben höhere Lohnkosten und das Streikrecht für alle in Kauf nehmen. Das wird niemand wollen...
Solange es im Grundgesetz verankert ist.. Und das wird vermutlich solange sein wie es die BRD gibt.
Es steht nicht zur Disposition. Kein Mensch will, dass Polizei, Richter, Staatsanwälte, was alles in den Ministerien und Ämtern aller Art arbeitet, auch jederzeit und ohne Nachteile zu haben wechseln könnte. Die wären dann nämlich Großteils weg und der Staat müsste ihre Dienste für das doppelte Geld in der freien Wirtschaft kaufen - wenn die nicht gerade etwas besseres zu tun haben, was oft genug der Fall wäre.