Wie konnte die AFD gestern so was im Thüringer Landtag machen. Warum kann man nicht umgehend was gegen den Rechtsbruch unternehmen? Was war da los?
Ich habe mich erst heute ausführlich mit dem gestrigen Thüringer Landtag beschäftigt. Was die AFD von Demokratie und Recht halten, ist allen bekannt, dennoch hätte ich nie mit so einem aggressiven verhalten gerechnet. Das gestrige Schauspiel war ja wirklich entsetzlich. Er hat sich Befugnisse rausgenommen, die er nicht hat. Hat gegen die Geschäftsordnung gehandelt und klaren Rechtsbruch betrieben.
Warum muß sowas erst über das Thüringer Verfassungsgericht gehen? Warum kann man bei sowas nicht sofort tätig werden? Gibt es da keine Möglichkeit für?
Selbst die Angestellten des Landtages, die ihm aufklären wollten hat er abblitzen lassen.
Das Trauerspiel macht mich sprach und fassungslos.
1 Antwort
Naja, das war ein Kasperletheater von allen Seiten! Die Schweizer NZZ hat das schön beschrieben https://www.nzz.ch/international/thueringen-erste-sitzung-des-parlaments-mit-zoff-um-moeglichen-afd-praesidenten-ld.1849852 ).
Die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags ist nämlich eindeutig:
"Die stärkste Fraktion schlägt ein Mitglied des Landtags für die Wahl zur Präsidentin beziehungsweise zum Präsidenten vor" -und dies gilt sowohl für den ersten- als auch (bei fehlender absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang) für den zweiten Wahlgang.
Es waren also zunächst mal die CDU und SPD, die hier das Recht ziemlich gebeugt haben, um eben diese bestehende Geschäftsordnung zu ändern, bevor sich der neue Landtag als solcher konstituiert hat. Und wie es sein kann, dass ein noch nicht konstituierter Landtag beschließen kann, seine Geschäftsordnung zu ändern, das wissen wirklich nur die Götter. Und ein gewisser Jörg Geibert, der das als Richter am Thüringer Verfassungsgericht durchgewunken hat. Nur war der von 2010 bis 2014 CDU-Innenminister des Freistaates Thüringen, 2014-2019 CDU Mitglied des Thüringer Landtages und ab 2018 Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion: Mehr Befangenheit als Richter in einem Verfahren geht eigentlich gar nicht mehr..
Richtig peinlich für die CDU wird es aber, wenn man dann noch weiß, dass die Grünen im Dez'23 im Thüringer Parlament einen Antrag eingereicht hatten, in dem sie genau jenes Vorschlagsrecht in der Geschäftsordnung streichen lassen wollten. Und es genau jene thüringsche CDU war, die das damals vor 9 Monaten abgelehnt hatte -und jetzt aber noch vor Konstituierung des neuen Landtags durchgedrückt hat!?
Kurzum: Das alles war ein Trauerspiel: CDU und SPD haben das Recht gebeugt, weil sie Beschlüsse gefasst haben, die gegen die geltende Landtagsordnung verstießen. Die AfD hat das Recht gebeugt, weil sie diesen Verstoß gegen die Landtagsordnung nicht akzeptieren wollte. Und das Thüringer Verfassungsgericht hat das Recht gebeugt, weil dort ein CDU-Richter einen CDU-Eilantrag zugunsten ebendieser CDU durchgewunken hat, anstatt sich -wie eigentlich vorgeschrieben- in dem Fall sofort für "befangen" zu erklären. Und alles nur für eine Lappalie wie das Vorschlagsrecht für einen Landtagspräsidenten, über den ja eh abgestimmt werden muss.
All das ist einer Demokratie komplett unwürdig!
Kurios, das Verfassungsgericht hatte da eine ganz andere Meinung.