Effektivste Kampfsportart für die Straße?

Muay Thai oder Kickboxen 46%
Judo 31%
Boxen 8%
BJJ 8%
Krav Maga 8%
Taekwondo 0%

13 Stimmen

9 Antworten

Judo

Um diese Frage zu beantworten muss man ein bisschen in die Tiefe gehen. Ich werde mal trotzdem versuchen mich kurz zu halten. Ich werde erst mein Ranking der von dir genannten Kampfsportarten nennen, dann auf welchem Prinzip das Ranking beruht.

Ranking:

1. Judo

2. Muay Thai/Kickboxen/BJJ

3. Boxen

4. Teakwon Do

5. Krav Maga

Auf welchem Prinzip beruht das Ranking:

Es gibt eine Vielzahl von Dingen die man im Kampf tun kann, die sich überwiegend den Aspekten Striking (Schläge, Tritte, Stöße), Wrestling (Würfe, Takedowns, Positionswechsel) und Grappling (Schmerz-, Hebel- und Würgegriffe) zuordnen lassen. Jeder dieser Aspekte existiert unabhängig davon ob es dir gefällt ind kann gegen dich eingesetzt werden wenn du es nicht verhindern kannst. Allerdings schlagen Wrestling und Grappling in der Regel Striking. Das haben unzählige Kämpfe deutlich nachgewiesen.

3 Dinge die Man können muss, ohne die jeder Kampf ein Glücksspiel ist, sind

1.Boxen (ohne kannst du dich nicht effektiv davor schützen ausgeknockt zu werden)

2.Ringen (ohne kannst du dich nicht davor schützen zu Boden gebracht zu werden)

3.Mount Escape (ohne ist der Kampf direkt gelaufen wenn der Angreifer es irgendwie schafft auf dir zu landen.

Außerdem die Qualitätssicherung:

Wettkampf ist die einzige Methode, Techniken unter "Laborbedingungen" zu testen. Ignoriert ein Kampfstil Wettkämpfe, gibt es schlicht keine Qualitätssicherung. Das Wettkampfsystem sollte trotzdem realitätsnah sein.

Außerdem ist "Kampf" nur einer von vielen Aspekten der Selbstverteidigung. Deshalb ist es sinnvoller von "Notwehr" zu reden. Da dies in Deutschland eine Legaldefinition ist, muss auch der juristische Aspekt betrachtet werden.

Zu den Kampfsportarten:

Vorab, keine der von dir genannten Kampfsportarten ist optimal geeignet.

1. Judo

Von deinen genannten am besten. Judo ist sehr gut geeignet um jemanden in sekundenschnelle auf den Boden zu schleudern. Das kann schon genug sein. Außerdem kann Judo in der Nächstdistanz sehr gut verwendet werden. Falls man auf dem Boden landet, weiß man auch wie man dort arbeitet. Außerdem ist die Gewalt dosierbar, was dir vor Gericht einiges an Ärger ersparen kann. Leider keine Striking Elemente enthalten.

2. BJJ

Die Vor- und Nachteile vom Judo bleiben gleich. Es kommt allerdings hinzu das BJJ einen sehr großen Fokus auf den Boden legt. Vieles davon ist in den meisten Straßenkämpfen wenig umsetzbar. Dafür wird der äußerst wichtige Standkampf leider vernachlässigt. Deshalb landet BJJ eine Stufe tiefer.

3. Muay Thai und Kickboxen

Sehr effektives Striking und sehr realitätsnahe Anwendung. Problrme sind aber 1. Gar keine Verteidigungsmöglichkeiten dagegen niedergerungen zu werden und kein Bodenkampf. Du kannst also sehr einfach in Situationen geraten in denen du keine Möglichkeit mehr hast deine Fähigkeiten anzuwenden. Außerdem ist die Gewalt schlecht dosierbar und ein sanftes "unter Kontrolle bringen" ist nicht möglich. Das kann dir vor Gericht Ärger einbringen und in einigen Situationen unangemessen sein.

4. Boxen

Stärken und Schwächen aus den vorhergehenden bleiben gleich, jedoch sind Boxer leichter zu immobilisieren, haben keine Verteidigung gegen Tritte und noch weniger Möglichkeiten in der Nächstdistanz. Deshalb ist das Ranking niedriger.

5. Teakwon Do

Behält alle Schwächen der Vorhergehenden Strikingstile, verzichtet aber auf die Realitätsnähe, da ohne Vollkontaktschläge zum Kopf gearbeitet wird. TKD basiert sehr auf hohen Tritten, die in Notwehrsituationen selten Zielführend sind.

6. Krav Maga

Man kann KM zu gute halten, das es sowohl Striking als auch Wrestling Elemente beinhaltet. Allerdings gibt es de facto keine Qualitätsüberprüfung im KM und im besten Fall (der schon sehr selten ist) lernst du dort schlechteres MMA. Im schlechtesten Fall gerätst du an einen der vielen Instruktoren, die ein Wochenendseminar besucht haben und sonst keine weitere Qualifikation haben. Aber über das Thema "Was ist das Problem mit Krav Maga?" könnte man ein ganzes Buch schreiben und der Name "Krav Maga" ist im Prinzip eine gewaltige Marketingmaschiene an der sich jeder bedienen kann.

Hoffe ich konnte helfen. Bei Unklarheiten gerne nachfragen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Wettkampfsportler seit 6. Lebensjahr

waIker 
Beitragsersteller
 16.08.2024, 19:00

Klingt sehr fundiert, vielen Dank dass du dir die Mühe gemacht hast so ausführlich zu antworten. Auch wenn ich zugeben muss, dass ist nicht was ich erwartet (und insgeheim gehofft) hätte...

Überraschend finde ich, dass gerade die 2 Dinge die ich am ungeeignetsten halte auf den ersten beiden Plätzen landen.

Judo und BJJ erfordern Nähe, und spielen sich teilweise auf dem Boden ab. Ich halte es deshalb als Selbstverteidigung in einem Straßenkampf für sehr fragwürdig. Ich würde in solchen Situationen jedenfalls Nähe vermeiden wollen (weil man nicht weiss was der Gegner "drauf" hat) und das Geschehen schon gar nicht auf den Boden verlagern wollen - da kommt dem Gegner dann schnell mal ganz unerwartet einer seiner Freunde aus dem Nichts zu Hilfe 🤔 Seshalb würde ich persönlich eher zum Boxen (wegen der Schnelligkeit und Fähigkeit sich vor Knockouts zu schützen) und Muay Thai bzw. Kickboxen (Wahrung der Distanz durch Kicks, vielseitige Möglichkeiten durch Ellenbogen/Tritte/Schläge, realitätsnähe u.a. durch Sparring) bevorzugen. Diese zwei Kampfsportarten stehen bei mir in Bezug auf SV und Straßenkampf jedenfalls derzeit noch höher. Trotzdem ist deine Argumentation jedoch äußerst schlüssig und klingt sinnvoll sowie fundiert. Danke dafür.

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RagingDemon  16.08.2024, 19:24
@waIker

Ja, "Wahrung von Distanz" klingt für Leute die nie in der Situation waren immer recht schlüssig, ist aber für die Praxis Unsinn. Selbst wenn du ein phänomenal guter Striket bist, funktioniert es nicht und Vergleichskämpfe enden quasi immer so:

https://youtu.be/QvXjF1oadgk?si=X-WNU8MStGKjxAc_

https://youtu.be/ovdMFKOsBJg?si=nMdQcZs6tihxh8XV

https://youtu.be/oGvijYGj_NY?si=GFYzhQSQrxoAzDCv

und das Geschehen schon gar nicht auf den Boden verlagern wollen 

JA, aber ein Grappling zu trainieren weil man nicht auf den Boden will, ist als würde man kein Boxen trainieren weil man nicjt geschlagen werden will. Es ist schlichtweg ein Logikfehler. Wirst du im Judo zu Boden gebracht, hast du ein Problem. Deshalb trainierst du wie du nicht zu Boden gebracht wirst. Im Boxen oder Muay Thai trainierst du überhaupt nichts was dich davor schützt. Nicht auf den Boden zu wollen, ist tatsächlich das stärkste Argument für Ringen, Judo etc.

Generell würde ich aber zu einer Kombination aus Judo und Muay Thai raten. Weil fu dann eben keinen Aspekt völlig vernachlässigst.

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waIker 
Beitragsersteller
 16.08.2024, 19:59
@RagingDemon

"Generell würde ich aber zu einer Kombination aus Judo und Muay Thai raten. Weil fu dann eben keinen Aspekt völlig vernachlässigst."

Ich denke, das kann man so unkommentiert stehen lassen. Ich werde wohl erstmal bei Muay Thai einsteigen, das gefällt mir am besten wodurch meine Motivation hoch ist, ausserdem habe ich mal ein paar Monate Kickboxen gemacht und das ist ja schon recht ähnlich. Judo finde ich irgendwie nicht sehr ästhetisch und dadurch "unsympathisch", ohne dass ich das genauer erklären kann 😆

Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen!

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RagingDemon  17.08.2024, 04:26
@waIker

Kann ich voll nachvollziehen. Ich trainiere selber Muay Thai. Es ist nur wichtig sich da keiner Illusion hinzugeben und sich bewusst zu machen dass das nunmal eben ein Schwachpunkt dieser Kampfkunst ist.

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buntan  16.08.2024, 18:13

super auf den Punkt gebracht.

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Was auf Deiner Liste fehlt ist das Ju-Jutsu des djjv.

Das Ju-Jutsu wurde in Deutschland eingeführt, nachdem das Judo Kodokan von Jigoro Kano für die Olympischen Spiele - entschärft wurde.

Das Ju-Jutsu wurde von DDK 1968 als neue Selbstverteidigung ins Rollen gebracht und von Dan-Träger des DDK überarbeitet und 1969 fanden die ersten Gürtelprüfungen statt.

Wer sich mit dem Ju-Jutus 1x1 beschäftigt, finden in den Gürtelprüfungen - viele Techniken die wirklich gut einsetzbar sind. Im Bereich Breitensport - dort finde ich die meisten Mitglieder- sind die Techniken nur auf die Selbstverteidigung ausgerichtet. Dann kann jedes Mitglied des djjv an extra Modulen Selbstverteidigung teilnehmen. Dort wird alles wichtige für die SV angesprochen und Techniken eingeübt - die alle aus dem Prüfungsprogramm kommen.

Ju-Jutsu gibt es natürlich auch als Wettkampfsport - den nur einige Mitglieder ausüben. Erfordert ein intensives Training, Grundlagenausdauer, Kraftausdauer, usw. - nur für jüngere Ju-Jutsu-ka.

Gefahr erkennen vermeiden. Nur als letzte Möglichkeit das Ju-Jutsu das wird im Modul SV vermittelt. Keiner der Ausbilder vermittelt, mit Ju-Jutsu bist Du unbesiegbar - Du hast nur bessere Chancen den Angriff zu überstehen.

Woher ich das weiß:Hobby

waIker 
Beitragsersteller
 16.08.2024, 13:43

Das wird bei uns nicht unterrichtet, deshalb habe ich es absichtlich nicht erwähnt - und so ganz überzeugt mich die Anwendbarkeit in einem realen Straßenkampf im Vergleich zu anderen Kampfsportarten auch nicht. Aber trotzdem danke für deine Meldung, so ganz uninteressant hört sich das nicht an, wäre ansonsten Wert sich mal ge aber zu informieren.

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buntan  16.08.2024, 20:18
@waIker

Genau das ist die richtige Einstellung - nicht alles glauben was die Werbung verspricht.

https://www.djjv.de

wobei ich anmerken möchte das Ju-Jutsu des djjv wird " behördengerecht " noch bei der Landespolizei in Hessen und Bayern unterrichtet. In andern Bundesländern gibt es das Avic WingTsun - Programm für die Landespolizei. In Berlin, NRW,

Was jeder aber bedenken sollte die Polizei unterrichtet während der Ausbildung. Danach ist der regelmäßige Unterricht selten gegeben. Das ist ähnlich Deiner Nachfrage zum Ju-Jutsu viele lernen nur für die Gürtelprüfungen, einfach Breitensport. Wer macht sich die Mühe nebenbei noch Ausdauertraining , Sparring mit Partner mit Hand-und Fußschutz zu machen?

Wie willst Du daher entscheiden- welcher Kampfspor effektiv ist ? Es ist der, der mir Spaß macht, den ich regelmäßig übe und erkenne ich bin dadurch nicht unbesiegbar.

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Muay Thai oder Kickboxen

In den meisten Situationen ist das was man kann das beste. Aber von den oberen definitiv Muay Thai da es da auch Knie und Ellenbogen techniken gibt die man benutzten kann falls die person zu nah ran kommt, aber spätestens wenn die Person so nah an einem dran ist hat man schon irgendwas falsch gemacht : )

Woher ich das weiß:Hobby – Erfahrungen im kampfsport seit dem 14 Lebensjahr

Ist komplett egal, solange du was machst.

Im echten Kampf wirst du sowieso kaum Techniken u.ä verwenden. Du wist nur auf einfache Sachen wie schlagen oder treten zurückgreifen, weil du in der Situation dermaßen überfordert bist, dass du nichts auf die Reihe kriegst. Man kann sich zwar gewisse Techniken und Würfe im Drill einkloppen, aber ob das effektiv ist, ist eine ganz andere Frage.

Zudem kommt, dass effektiv kämpfen in einer Notsituation überhaut nichts mit Kampfsport zutun hat. Im "echten" Kampf schnappst du dir den nächst besten Gegenstand, denn du schon lange bevor der Angriff anfing, ausgesucht hast, und machst dir Platz um eine Flucht oder Neutralisierung zu ermöglichen

⁹⁹

Woher ich das weiß:Hobby – Verschiedene KS-Arten von Fechten bis MMA

waIker 
Beitragsersteller
 16.08.2024, 13:39

Ich denke schon, dass man die Techniken in der Realität sehr gut anwenden könnte - dafür gibt es ja schließlich Sparring 😉 Oder übersehe ich da was?

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MeisterShiva  16.08.2024, 14:41
@waIker

Ja, das Sparring ein freundschaftlicher, sportlicher und fairer Kampf mit Regeln ist, auf den du vorbereitet bist.

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Keines der genannten

Sondern Marshall Arts/Material Arts


waIker 
Beitragsersteller
 16.08.2024, 14:28

Hilft mir in meiner Situation leider nicht weiter die Antwort 😀

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