Ich bin einfach nicht fromm genug für Theologie / Warum darf man als Christ kein Philantrop sein?

Inzwischen bin ich mit meinem Theologiestudium ziemlich unzufrieden.

Die Seelsorge vor Ort macht mir eigentlich sehr Spaß. Im vergangenen Jahr habe ich ein FSJ in einer katholischen Pfarrgemeinde gemacht und das hat mir sehr viel Freude gemacht. Der Kontakt mit den Menschen, die Gespräche, die Veranstaltungen - das hat mir gefallen.

Aber es ging mir nie irgendwie darum, bei irgendwelchen Menschen jetzt Erweckungserlebnisse zu liefern oder sie zum Glauben zu bekehren. Ich bin auch niemand, der ständig irgendwelche Gotteserfahrungen macht oder die Bibel auswendig kennt.

Ich für meinen Teil, wenn ich mein Leben betrachte, komm ich zu dem Schluss, dass es einen Gott geben muss. Und ich persönlich habe das Gefühl, diesem Gott in der Kirche nahe zu sein. Aber das wars dann eigentlich auch.

Ich bekomm während einem Gottesdienst keine emotionalen Hormonschübe, ich sitz halt da und schau zu. Aber es gibt viele Leute, die da regelrechte Glückserlebnisse im Gottesdienst haben. Keine Ahnung, hatte ich noch nie.

Ich bin immer dann am glücklichsten, wenn die anderen glücklich sein können. Wenn es den anderen Menschen und mir selbst gut geht, dann bin ich zufrieden. Und am aller glücklichsten bin ich, wenn ich im Sommer mit meinen Freunden am See liege. Das sind für mich Glücksmomente; nicht der Gottesdienst.

Ich kann auch nicht sagen, dass mein wichtigster Grundsatz der Glaube und die Pflicht ist. Es ist halt einfach nicht so. Ich will einfach, dass es den anderen und mir gut geht. Ich will, dass alle zusammen in Ruhe und Zufriedenheit leben können. Mein wichtigster Wert ist die Freiheit aller Menschen und nicht die Pflicht. Es wurde schon so viel Unheil mit Pflicht gerechtfertigt...

Und heute kam die Krönung; ich hab mich sozusagen mit Professor und Kommilitonen gefetzt. Es ging um das Verhältnis zwischen den Religionen. Ich habe dann irgendwann gegen Ende gesagt, dass das in der Theorie ja alles schön und gut sei, dass es mir aber im wahren Leben ziemlich wurscht ist, was andere glauben und dass es mir in erster Linie darum geht, ob ich mich mit jemandem verstehe und nicht, was er glaubt.

Ich wurde angeschaut, als ob ich gerade die Auferstehung geleugnet hätte. Mir wurde Relativismus, Pluralismus und alles mögliche vorgeworfen. Und in der Tat sehe ich den Pluralismus als notwendig für unsere Gesellschaft an.

Der Professor hat dann gemeint, dass ich wohl ein Philantrop sei und dass sich das aber nicht mit der kirchlichen Lehre vereinbaren lässt.

Ich fühle mich langsam immer mehr Fehl am Platz. Ich selbst bin eigentlich überhaupt nicht links, aber in der Theologie ist alles so extrem konservativ, dass ich regelmäßig Wutanfälle bekomme. Vielleicht liegt es an meinen Vorbildern wie Helmut Schmidt oder Udo Jürgens, das ich zu liberal bin.

Was soll ich tun? Ich möchte eigentlich nicht einfach so abbrechen. Auf der anderen Seite lassen sich meine Werte immer seltener mit der Theologie vereinbaren.

Und warum darf man als Christ denn kein Philsntrop sein?

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Freier Wille nicht mit Gott vereinbar?

Ich höre immer wieder die Argumentation: "Nicht Gott ist für das Leid auf der Erde verantwortlich, sondern die Menschen mit ihrem freiem Willen."

Jetzt kommt aber folgendes Problem: Gott ist Allmächtig. Er ist ausserhalb von Raum und Zeit, und kennt somit die Zukunft und alles was passiert. Man kann sogar sagen das Gott selbst die Zukunft ist, denn er ist alles und aus ihm kam alles. Gottes Plan ist zudem perfekt, also ist alles was passiert Teil des Planes. Auch alles Leid. Es kann zudem keinen freien Willen geben, wenn Gott schon alles weiss und sein Plan schon geschrieben steht (weil er ist selbst und kennt die Zukunft, da ausserhalb von Raum und Zeit). Alles was man tut und denkt steht schon im Plan geschrieben, nur so kann ein Wesen welches die Zukunft kennt und ausserhalb von ihr ist, existieren.

Gott hat alles erschaffen, alles gute und böse, mit vollem Wissen darüber was alles in seiner Schöpfung passieren wird, von Adam und Eva, bis Lucifer und alles Leben und der Zukunft des Lebens. Auf die Frage "warum so viel Leid?" kann man also Antworten "weil Gott es will". Aus unserer moralischen Perspektive kann Gott also nicht nur gut sein, sondern ist ebenso böse.

Lucifer, Adam und Eva kann man nicht die Schuld für irgendetwas geben, denn sie sind Produkte Gottes und alles was sie tun und taten war von Gott so festgelegt. Sonst wäre es nicht passiert, denn Gott ist allmächtig und allwissend. Aber man muss dazu sagen, allgütig ist er nicht.

Der Freie Wille ist also eine Illusion, und kann nicht existieren. Denn jeder Augenblick steht schon geschrieben, da Gott allmächtig, allwissend und ausserhalb von Raum und Zeit ist, wo all diese Gegebenheiten passieren.

Nun ist die Frage die ich mir stelle, ob ich einfach nur etwas übersehen habe was doch noch Sinn ergibt und meine Zweifel auflösen kann. Hat sich einer hier schon selbst über sowas den Kopf zerbrochen und doch noch einen gütigen Sinn hinter all dem gesehen?

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