Wo werden wir in 100 Jahren wirtschaftlich stehen im Vergleich zu z.B. China?
Angenommen, der durchschnittliche chinesische Schüler wird auf 100% Leistung getrimmt, er wird sportlich und geiseswissenschaftlich auf Erfolg gebürstet, wird drakonisch für jeden Mißerfolg bestraft und Nachlässigkeit oder Mittelmaß werden nicht toleriert.
Während ein Schüler einer modernen westlichen Demokratie lernt, dass Noten nicht so wichtig sind, dass individuelle Entfaltung und Freiheit sowie Freude beim Lernen wichtiger sind als Leistung. Dass jedes Mitglied der Gesellschaft, egal wieviel es arbeitet, gleich viel wert ist, dass man Autorität hinterfragen sollte, dass Work-Life-Balance wichtig ist, usw.
Ist es da nicht eigentlich absehbar, dass unser Weg (den ich tatsächlich in der Theorie auch sympathischer als den anderen Weg finde) irgendwann in den Abstieg führt, während der Härtere am Ende triumphiert?
Evolution und Wettbewerb in einer Welt mit endlichen Ressourcen ist doch kein Safe Space.
3 Antworten
Niemand kann vorhersagen, wie die Welt in 100 Jahren aussehen wird.
Nur weil China derzeit eine auftstrebende Volkswirtschaft ist, heisst das noch lange nicht, dass sie es in 30, 50, 80 oder 100 Jahren auch noch sein wird. Produktion in China wird immer teurer, dann das Risiko kriegerischer Auseinandersetzungen in der Region, die Substitution menschlicher Arbeitskraft und Intelligenz durch Maschinen, zunehmende Ressourcenknappheit, Klimawandel, gesellschaftlich-kulturelle Veränderungen usw. Das Wachstum in China wird nicht einfach ewig weitergehen. Immer wieder gibt es grundlegende Veränderungen, die ein Wirtschaftsmodell, das lange Zeit erfolgreich funktioniert hatte, plötzlich fragwürdig erscheinen lassen. Das gleiche gilt auch für Europa. Bei Europa sehe ich als grösste Gefahr die zunehmende Überregulierung und Bürokratie, die zunehmende Selbstgefälligkeit und Bequemlichkeit, die abnehmende Arbeitsmoral und die schleichende Abschaffung derjenigen Werte, die Europa attraktiv gemacht haben, zum Beispiel die liberale Gesellschaftsordnung.
Die Beschreibung der Frage ist schon stark polemisch.
Was ist denn eine 100%ige Leistung in einem autokratischen oder diktatorischen System? Gehorsam! Da kann gerne "Fortschritt befohlen" werden, das starke Ausrichten auf Hierarchien zerstört gerade breite Kreativität. Klar, wenn ich mit hundertfachen Einsatz rein gehen, schaffe ich dann auch auf das gleiche Niveau, wie ein kreativerer Staat zu werden. Aber das führt halt auch zu den hohen Kosten eines 99fachen Scheiterns.
"dass Noten nicht so wichtig" seien, ist eine rechts-nationale "Erzählung" über vermeintlich "linke" Themen. Die eigentliche Aussage, der "Nicht-Rechtsnationalen", also quasi aller anderen, außer den deutlich Rechten, ist: Noten spiegeln nicht die ganze Leistung wieder und geben eine Scheinsicherheit in Bezug auf Leistungsfähigkeit und Bewertung liefert. Es ist also vielmehr "über die Noten hinaus" noch viel mehr in Ausbildung und Schule wichtig, was sich nur indirekt oder nur teilweise in Noten widerspiegelt. Nur auf diesem Hintergrund ist eine Diskussion, wie wichtig Noten seien, sinnvoll. Und: Oh, mann! Das erhöht die Erwartungen an Schüler, Schülerinnen und Auszubildende noch viel mehr!
Das "westliche Modell" fordert vom Individuum also regelmäßig noch viel mehr als unfreie Systementwürfe.
Alles andere in Deinem zweiten Absatz gilt ja für alle, die nicht "als Zwangsarbeiter in den Steinbruch eines Scheinfortschritts" geschickt werden sollen.
Letztendlich geht Deine Frage zum Schluss auf eine Anlehnung eines Sozialdarwinismus zwischen verschiedenen Gesellschaftsformen hinaus. Dazu ist aber zu sagen, dass sich das schon seit 80 Jahren als unwahr heraus gestellt hat. Wettbewerb, ja, aber im Miteinander, das ist es, was nachhaltig Fortschritt bringt.
Wenn Du mich also nach einer Tendenz (Voraussage ist hier wohl viel zu viel) für die nächsten 100 Jahren fragst, dann ist es wichtiger, was der einzelne Mensch, seine Gruppe bis hin zu sein Land an der weltweiten Zukunft mitgestalten kann. Das scheint nur ein demokratisches oder – wir betrachten 100 Jahre! – ein weiter entwickeltes Nachfolgemodell auf Dauer leisten zu können.
China wird in der Frage nur "z. B." aufgeführt. Meine Antwort ist keine Aussage über ein einzelnes Land. Weiter ging es nicht um kurz- oder mittelfristige Entwicklungen, sondern um eine extrem lange Tendenzabschätzung, da helfen die von Dir angebotenen Quellen nur äußerst bedingt, sehr wohl sie eine von mehreren, validen Sichtweisen darstellen.
Es fällt auf, dass Du die Frage an sich nicht beantwortet hast, aber Deinen Kommentar gleich mehrfach einkopiert. Schade. Deine Meinung achte ich genauso wie meine Meinung, verstecke sie doch nicht in Kommentarspalten. Ich lasse Deine Meinung als Deine Meinung hier daher weiter unkommentiert stehen. 🙂
1980 hat keiner geahnt, dass die BRD zehn Jahre später die DDR kaufen und es keinen Ostblock mehr geben würde. 100 Jahre Prognose sind lächerlich.
Was hat das denn mit Innovation eines Landes zu tun?
Deutschlands Geschichte selber zeigt sich schon ein sehr großes Gegenteil:
Trotz diktatorischer Herrschaft der damaligen Nazi-Regime (damals gab es in Deutschland auch gar kein freies Gedanken und gar keine freie Meinungsäußerung) haben die deutschen Wissenschaftler während der Nazi-Zeit immer noch eine große Menge von kreativen Dingen erfunden und auch zahlreiche Nobelpreise gewonnen.
Es gibt zudem derzeit überaus ganz freie Länder, die aber deutlich weniger innovativ sind als China, Beispielsweise Spanien, Italien, Portugal, Griechenland, Australien usw.
Laut Wipo's Global Innovation Index 2020 gehört China (auf Platz 12, Deutschland auf Platz 10) längst zu den Innovationsführern:
https://de.wikipedia.org/wiki/Global_Innovation_Index
Den ausführlichen Bericht kann man online nachlesen.
China ist interessanterweise das einzige Mittel-Hochlohnland unter den Innovationsführern und bzgl. Innovationskraft auf demselben Niveau wie Japan, Irland, Frankreich oder Kanada, und höher als Australien oder Österreich etwa.
Innovationen: China bald gleichauf mit den USA:
Infografik: Innovationen: China bald gleichauf mit den USA | Statista