Wird die Meinungsfreiheit immmer mehr eingeschränkt?

11 Antworten

du missverstehst das Konzept der Meinungsfreiheit gewaltig. Meinungsfreiheit bedeutet, dass jegliche Meinungen, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung vereinbar sind (oder anders gesagt: Gesetzeskonform) geschützt sind.

Dass Youtube Kommentare löscht hat überhaupt nichts mit der Politik zu tun, Youtube gehört zu Google und untersteht somit einem profitorientierten Unternehmen. Die Gatekeeperfunktion von wenigen Privatpersonen über das gesamte Internet wird oft kritisch betrachtet und wäre letztlich effektiv nur durch staatliche Regulation zu verhindern.

Weder die Verbrennung religiöser Schriften noch die Nutzung von Wörtern, mithilfe derer Menschen aufgrund äußerer Merkmale über Jahrhunderte unterdrückt und herabgestuft wurden, ist eine Meinung.

EDIT: Wer das Verbot von Hassrede als Beschneidung von Meinungsfreiheit sieht, sollte sich intensiv selbst reflektieren und hinterfragen, ob die eigenen "Meinungen" noch auf dem Boden der Demokratie stehen können.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Teilgebiet meines Studiums

horribiledictu  07.09.2023, 13:33

genau dein letztes "Argument" stellt die größte Gefahr für die Demokratie dar! wenn man auch in einer Demokratie nur noch systemkonforme Meinungen äußern darf - was unterscheidet sie dann von nichtdemokratischen Systemen?

guitarbassman  07.09.2023, 14:38
@horribiledictu

ich kann nicht ganz folgen, welcher Abschnitt gemeint ist. Es geht keinesfalls um systemkonforme Meinungen. Ich kann hier und jetzt überall verkünden, dass ich die Demokratie für veraltet halte und für eine Monarchie wäre, dabei passiert mir nichts und ich kann in Ruhe weiterleben, denn das kann meine Meinung sein und die darf ich kundtun. Wenn ich jedoch andere Menschen aufgrund von Geburtsmerkmalen herabwürdige oder gar gegen sie hetze, zu Gewalt aufrufe, ihnen den Tod wünsche, dann hat das nichts mit einer Meinung zu tun. Das Gesetz versucht ein Minimum an Freiheit einzuschränken, um damit gewährleisten zu können, dass die Freiheit uneingeschränkt für alle gelten kann. Wenn ich rassistische Wörter verwende, schränke ich die Freiheit anderer ein, die damit herabgewürdigt werden und somit nicht mehr als gleichwertige Menschen gesehen werden. Der Staat MUSS sicherstellen, dass solche Dinge nicht geschehen, dass die Intoleranz keinen Platz hat. Stichwort Toleranz-Paradoxon: wird Intoleranz toleriert, gibt es irgendwann keine Toleranz mehr. Dabei brauchen wir Toleranz um friedlich miteinander leben zu können.

Die Dinge, die man also nicht äußern darf, sind Dinge, die die Rechte und Freiheiten anderer eingrenzen. Würde man sie äußern dürfen, könnte man weder Recht noch Freiheit durchsetzen, das ist sozusagen ein Minimalkonsens um ein menschenwürdiges Leben für alle zu ermöglichen.

horribiledictu  07.09.2023, 15:02
@guitarbassman

gegen Beleidigung und Anstiftung zu Straftaten braucht es keinen Hetze-Paragraphen, dafür würde das gewöhnliche StGb reichen... der Zweck des Hetze-Paragraphen ist es also nicht, Beleidungung udn Anstiftung zu Straftaten unter Strafe zu stellen/zu verhindern, wie du behauptest, sondern... (?)

guitarbassman  07.09.2023, 15:44
@horribiledictu

Du müsstest erläutern, was genau du mit "Hetze-Paragraphen" meinst, damit ich folgen kann...
Grundsätzlich erfordern digitale Medien aber leider oft zusätzliche Gesetze, da es hierbei zu Definitionsschwierigkeiten kommen kann (wann ist ein Raum ein öffentlicher Raum?), zu Kompetenzschwierigkeiten (wer ist wann zuständig?) und natürlich zu Durchsetzungsschwierigkeiten (anonymisierte Profile, Löschfunktionen, Beweislage, ...). Soviel nur mal ganz grundsätzlich. Genauer kann ich darauf eingehen, wenn du genauer definierst, was du mit "Hetze-Paragraph" meinst.

horribiledictu  07.09.2023, 16:09
@guitarbassman

Hetzeparagraph: den ganzen §130 des deutschen StGB könnte man ersatzlos streichen, weil sämtliche darin aufgeführten strafwürdigen Delikte auch schon nach andren §§ strafbar sind (zB 187 Verleumdung, §111 Aufruf zu Straftaten...)

guitarbassman  08.09.2023, 10:38
@horribiledictu

habe mir alle drei angeschaut und sehe nicht ganz das Problem. Verleumdung bezieht sich auf Einzelpersonen, Aufruf zu Straftaten ist vielfältig (das kann auch Diebstahl bedeuten), während der §130 ganz deutlich das Stören des gesellschaftlichen Friedens durch Angriffe gegen Gruppen oder aufgrund von Zugehörigkeit zu einer Gruppe darstellt. Das sehe ich weder in 187 noch in 111 gegeben.

horribiledictu  08.09.2023, 12:01
@guitarbassman

selbstverständlich ist es das! du kannst nicht hetzen, ohne dass du einzelne oder Gruppen (verbal) angreifst, und einzelne oder Gruppen anzugreifen bzw zu Straftatebn gg sie aufzurufen ist immer auch Hetze.

Die Meinungsfreiheit ist ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat. Mit YouTube hat die nichts zu tun.

Bei der Pressefreiheit hatten wir allerdings vor allem die Gewalt gegen Journalisten bei den Querdenker-Demos Probleme. Die meisten Übergriffe fanden durch Teilnehmer an diesen Veranstaltungen statt. Das ist aber aktuell etwas zurückgegangen:

https://www.ecpmf.eu/wp-content/uploads/2023/03/Feindbild-Journalistin-7-Berufsrisiko-Nahe.pdf


Avatarez2  07.09.2023, 16:32

Wäre es dann nicht sinnvoller, dieses Recht, welches offensichtlich verwässert und abgeschwächt werden kann, umzubenennen, in Abwehrrecht gegenüber dem Staat in besonderen Fällen, so dass nicht jeder nicht Volljurist denkt, er hätte hier Freiheiten? Fände ich sinnvoll.

Geraldianer  07.09.2023, 17:13
@Avatarez2

Alle Grundrechte im Grundgesetz gelten nur gegenüber dem Staat. Der soll allerdings darauf hinwirken, dass sie auch unter den Bürgern gelten. Bei Plattformen geht es aber um die Rechte der Eigentümer. So wie der Eigentümer einer Zeitung diese bestimmen kann, ist es auch im Netz. Du hast aber immer die Möglichkeit, selbst eine Zeitung oder eine Plattform zu besitzen.

Natürlich kann man bei Youtube die Meinung verbreiten, es gebe nur zwei Geschlechter. https://www.youtube.com/watch?v=K9yvXQAdJ7o

Und dass man keine religiösen Schriften öffentlichkeitswirksam verbrennt, gebietet eigentlich schon der Anstand. Es hat jedenfalls nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, denn eine Verbrennung ist keine Meinung.

Du kannst das Wort mit N auch gerne nutzen, nur darfst halt nicht erwarten, dass das unwidersprochen bleibt. Meinungsfreiheit ist immer auch die Freiheit der Meinung der anderen, und viele sind heutzutage der Meinung, dass dieses Wort nicht mehr geht.


horribiledictu  07.09.2023, 13:34
Es hat jedenfalls nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, denn eine Verbrennung ist keine Meinung.

es ist ein legitimer Ausdruck der Meinung zu dem Werk.

Volksverhetzung, Queerer Hass, Antisemitismus etc.. sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und gehörten zu recht bestraft.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – bin selbst Radqueer, Transage und Map 🏳️‍🌈

horribiledictu  07.09.2023, 13:35

und was den Tatbestand erfüllt, entscheidest selbstverständlich du.

Zum einen sind viele Beispiele die du hier aufzählst privater Natur und haben nichts dem Staat oder deinem recht auf freie Meinungsäußerung zu tun.

Und was du auch zu verwechseln scheinst. Es gibt einen unterschied zwischen einer freuen Meinungsäußerung und hetze / Beleidigung.