Wie seid ihr aufgewachsen (Soziale Schichten)?

Obere Mittelschicht 38%
Untere Mittelschicht 28%
Unterschicht 15%
Oberschicht 11%
Armut 5%
Reich 3%

98 Stimmen

Myquestions97  02.07.2021, 16:38

Was ist für dich was? Ab wie viel vermögen reich ab wann Oberschicht ab wann obere Mittelschicht?

Nill 
Beitragsersteller
 02.07.2021, 16:42

Ändert soch ja mit den jahren/jahrzehnten

33 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt

Ich wähle mal bewusst keine Schicht.

Laut dem Einkommen meiner Eltern wären wir nämlich höher gewesen, als wir es real waren. Denn beide können überhaupt nicht mit Geld umgehen, haben sich finanziell immer wieder übernommen, daher bin ich im ständigen "für alles kein Geld" aufgewachsen.

Dinge wie Sportverein oder Musikunterricht waren möglich, aber ausschließlich weil meine Großeltern das übernommen haben und auch nur, während sie das taten danach nicht mehr. Oder wenn etwas wie die Waschmaschine kaputt ging wurden die Großeltern angerufen, weil kein Geld da war und die haben es dann bezahlt, damit wir Enkel nicht darunter leiden.

Mein eigenes Ziel war es daher von klein auf, falls ich mal Kinder habe, das besser zu machen und besser mit dem Geld umzugehen als sie. Um mir mal was schönes leisten zu können, zu reisen und einfach unabhängig zu sein. Zumal mir ja klar war: Anders als sie, konnte ich mich nicht auf meine Eltern verlassen falls was ist.

Hat auch geklappt, ich arbeite heute in der Bankenbranche, gehöre zu den obersten 10% vom Einkommen her und habe keine finanziellen Probleme (die könnte man ja trotzdem haben).

Meine eine Schwester hat es ebenso geschafft da raus zu kommen und kommt gut mit ihrem Geld aus, die andere hingegen ist finanziell betrachtet wie unsere Eltern geworden.

Armut

Als ich 2 Jahre alt war bauten meine Eltern ein Haus mithilfe der Gelder der Großeltern. Sie sollten mit im Haus wohnen. Mein Vater war Hauptverdiener und verdiente gut Geld, meine Mutter ging auch arbeiten verdiente aber weniger. Im Sommer meines 4. Lebensjahres wurde mein Bruder geboren. Er war behindert. Meine Mutter konnte von da an nicht mehr arbeiten. Im Herbst des selben Jahres fiel mein Vater bei der Arbeit vom Gerüst und durchbohrte sich die Schulter mit einem Metall Teil. Von da an war er arbeitsunfähig. Alle Gehälter fielen weg. Im Sommer meines 5. Lebensjahres verloren die Eltern das Haus und hatten über 200.000 DM Schulden.

Von da an war es eine Odyssee. Wir fielen in die Sozialhilfe. Das wurde uns von der Verwandtschaft auch vorgehalten. Von da an waren wir die Asis der Familie. Mitleid gab es selten oder Hilfe.

Meine Kleidung bekam ich aus der städtischen Altkleiderkammer. Dort gab man Spenden hin. Meist Kleidung verstorbener Omas und Opas. Und so lief ich auch rum. Faltenrock und Rüschenbluse. In der Schule wurde ich entweder gemieden oder verkloppt.

Wir zogen von einer Wohnung in die nächste. Immer in die Günstigere, oder in die, welche besser in Schuss war. bis zu meinem 18. Lbj sind wir 13 mal umgezogen. Die 5. Klasse musste ich wiederholen. Ich hatte auch zu den Halbjahreszeugnissen noch keine Schulbücher. Meine Mutter schickte mich immer zu Klassenkameraden, das ich dort die Hausaufgaben notieren sollte. Aber die Eltern der anderen kamen da irgendwann dahinter und die Türen blieben zu. Ich habe dann bei einem reicheren Onkel gebettelt, ob er die 600 DM für die Schulbüchern leihen würde. Weil ich das machte bekam ich von meiner Mutter eine saftige Ohrfeige. Sie war sich immer zu schade bei der buckligen Verwandtschaft zu fragen.

Bis zu meinem 18 Lbj gabs Sozialhilfe. Dann machte ich eine Ausbildung. Da ich nur den Hauptschulabschluss hatte musste ich 6 Jahre Ausbildung durchlaufen, ehe ich den Beruf hatte den ich wollte. Erst machte ich die Kinderpflegeausbildung, dort bekam ich den Realschulabschluss. Dann machte ich die Ausbildung zum Sozialassistenten und bekam danach Abitur. Und mit diesem konnte ich dann die Ausbildung zur Erzieherin machen. Während meiner Ausbildung bekam ich BaföG, welches ich daheim schön abgeben musste. Da hatte ich nur ein Taschengeld von 20 DM, später 10 Euro im Monat. Während meiner letzten Ausbildung wechselte es dann von DM auf Euro um.

Nach meiner Ausbildung wechselte ich dann sofort ins Hartz 4.

Am 01.06. vor 14 Jahren bekam ich meine heutige Arbeitsstelle. Seitdem verdiene ich entsprechend gut. Andere verdienen mehr mit dem gleichen Job, aber ich arbeite bei einem freien Träger, die zahlen nicht so viel wie die Kommune.

Ich habe mich aus der untersten Schicht herausgearbeitet, was auch zu großen Teilen meiner Mutter verdanke. Die hat mich immer angehalten zum Lernen. Auch wenn es diesen Zwischenfall mit den Schulbüchern gab. Meine Eltern sind nun schon 8 und 3 Jahre tot. Von der buckligen Verwandtschaft, die sich immer für was besseres hielt habe ich nie wieder was gehört.

Aber diese Vergangenheit hat auch Spuren hinterlassen. Ich habe schon recht früh angefangen, etwa mit 14, dass ich gesagt habe, ich möchte nie eigene Kinder haben. Es war sehr schwer damals. Diese ganzen Entbehrungen, das Mobbing seitens Klassenkameraden und Teilen der Familie, das würde ich für mögliche Kinder nicht wollen. Auch war es mir zu unsicher. Am Beispiel meiner Eltern habe ich gesehen, das wenn man pleite geht die gesamte Familie darunter zu leiden hat und mit in den Abgrund gerissen wird. Sowas wollte ich nicht für mögliche Kinder.

Untere Mittelschicht

Meine Eltern waren weder reich noch Akademiker. Dennoch bin ich aktuell einer, der sagen kann, dass er sein Studium erfolgreich abgeschlossen hat, und nun über 20 Jahre in einem entsprechenden Beruf arbeitet.

Mein Vater hat u.a. unter Tage gearbeitet (im Bergbau), meine Mutter war auch berufstätig, später aber Hausfrau. Aber beide waren der Ansicht, dass Bildung eine sehr gute Sache ist. Und ich war immer bildungsaffin (man musste mich nicht dazu zwingen, ich wollte das so).

Unterschicht

aufgewachsen bei einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern, zeitweise 3 Jobs um uns Kinder zu versorgen mit miesem Verdienst.

Aufstieg in Sicht, da beide studieren bzw. der eine fast fertig ist, der andere mittendrin.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Teilgebiet meines Studiums

jojoabo  02.07.2021, 17:56

Freut mich sehr für Sie. Hoffentlich erwarten Sie schöne Tage

guitarbassman  02.07.2021, 19:12
@jojoabo

vielen Dank für die netten Worte! :) Auch Ihnen gutes Gelingen in allem!

Untere Mittelschicht

Meine Eltern waren beide Kriegskinder, die ihre Väter in jungen Jahren verloren haben und nach dem Krieg eher zur Unterschicht gehörten. Allerdings haben sie sich hochgearbeitet und ich würde uns in der Retrospektive als junge Familie eher zur unteren Mittelschicht zählen. Urlaub, Auto usw gab es nie und Extras (Fernseher, Telefon...) kamen recht spät. Allerdings war immer etwas übrig für Bücher, Zeitungen und Zuwendung; Bildung jeder Art war immer ein zentrales Anliegen meiner Eltern. Als Kinder haben wir nichts Materielles vermisst und haben uns immer geborgen und unterstützt gefühlt.

Letztlich haben meinen Eltern mir und meinen Geschwistern den Weg zum Studium und recht befriedigenden Berufen und hochbezahlten Tätigkeiten geebnet (z.T. unter erheblichen Opfern, trotz Bafög).

Rein vom Einkommen würde ich mich, egal ob DIW oder OECD Skala, jetzt zu den Einkommensreichen zählen (obere 2%), meine Geschwister mindestens zur Oberschicht und meine Kinder ebenfalls