Wie kommt es das große Orchester immer einen Dirigenten?
Oder Dirigentin haben wärend große Bands oder einzelne Musiker und Musikerinnnen wie zum Beispiel Organisten und Organistinnen und Pianisten und Pianistinnen keinen haben ?
4 Antworten
Das liegt in erster Linie an den akustischen Verhältnissen auf den Bühnen: Man hört einander oft schlecht, und so ist es problematisch dass wirklich alle zusammenspielen. Der Dirigent sorgt mit seinen Gesten dafür, dass alle immer wissen, wo man gerade ist, bzw. sein sollte.
Ein Punkt ist halt die schiere Größe und die dadurch bereits einsetzenden Probleme mit der Schallgeschwindigkeit.
Ein volles großes Orchester hat ca. 70 Spieler. Manchmal auch 90. Nicht wie eine größere Band äh 8 oder 10 oder so.
Die können bereits auf über 20 m verteilt sein so dass die Handgesten des Dirigenten manchmal besser als das gegenseitige Hören sein können.
Einzelne Musiker haben ihr eigenes Temporegime, sie sind ihr eigener Taktgeber da es ja keine Diskrepanzen mit anderen Spielern gibt, und kleine Ensembles hören sich gegenseitig auf kleinem Raum so gut dass ein Dirigent nicht nötig ist.
Hallo Zeit66,
dass Orchester von einem Dirigenten geleitet werden, war ja nicht immer so. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts gab es diesen Orchesterleiter noch nicht. Die Ensembles und die recht überschaubaren Orchester wurden vom Konzertmeister, also von der 1. Geige aus, geleitet.
Es gibt zwei Gründe, weshalb sich das gegen Ende des 18. Jahrhunderts geändert hat:
💡 Die Orchester wurden größer; es hatten nicht mehr alle Musiker einen guten Blick auf den Konzertmeister. Gleichzeitig wurde der musikalische Satz komplexer; der Konzertmeister konnte nicht mehr seine eigene Stimme mit führender Bestimmtheit spielen und gleichzeitig den ganzen Orchestersatz im Auge behalten.
💡 Die 'Alte Musik' war recht schematisch. Die Instrumentalisten - alle Berufsmusiker - kannten den Stil und waren in der Lage, ein Werk ohne viele Hinweise richtig und gut zu spielen; und 'gut' heißt hier: wirklich gut. Mit der Wiener Klassik änderte sich das: Die Musik wurde individueller, die Erwartungen an den Ausdruck vielfältiger, das Tempo war nicht mehr starr etc. Die Orchester bekamen immer wieder neuartige Werke zu spielen, die einer Erklärung und der Führung bedurften. Diese Rolle übernahm in den ersten Jahren oft der Komponist selbst.
Es hatte übrigens keine akustischen Gründe. Damals wie heute kann ein Ensemble oder ein Barockorchester auch unter den schwierigsten akustischen Verhältnissen ohne Dirigenten spielen.
Organisten und Pianisten sind alles in einer Person: Musikwissenschaftler (mehr oder weniger), unsichtbarer Dirigent und ausführender Instrumentalist.
Außerdem sind diese Solisten Egomanen, die ungern fremdbestimmt arbeiten. Ein Dirigent würde hier ganz einfach nicht beachtet. In über vierzig Jahren Orgeldienst hat bei mir noch kein Möchtegern-Wotan und keine Möchtegern-Walküre aus der Gemeinde das Tempo eines Chorals bestimmt.
LG
Arlecchino
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Bei Barockorchestern waren die Musiker jedoch nicht einmal 20 Meter voneinander entfernt, auch nicht bei Bachs Passionen und großbesetzten Kantaten.
Bei Händels monumentalen Werken mag es anders gewesen sein, da bin ich nicht im Detail informiert. Aber deren Aufführungen entsprachen nicht dem alltäglichen Standard der Fürstenhöfe im 17. und 18. Jahrhundert.
Oder?
auch nicht bei Bachs Passionen und großbesetzten Kantaten
Denke auch nicht. Da war die Zahl der Mitwirkenden ziemlich klar deutlich kleiner als heute üblich, z.B. 22 Einzelstimmenexemplare bei Weihnachtsoratorium Teil 1 oder 33 bei Matthäuspassion war der gesamte verwendete Notensatz. Bach selber hat wohl dabei Violine oder Viola, selten vielleicht Cello gespielt und von da aus geleitet.
Händels Oratorien dürften zu Lebzeiten auch mit zurückhaltenden 30-70 Mitwirkenden und ihm selber an seiner transportablen Orgel leitend ausgeführt worden sein.
Ich dachte an auf mehrere Emporen verteilte Musik wie https://m.youtube.com/watch?v=kTDaqb89TOI&pp=ygUaUHJhZXRvcml1cyBpbiBkdWxjaSBqdWJpbG8%3D
Ja, das gab's, und auch noch größer. Das 'Oder' ist mir nicht einfach so rausgerutscht. Es war aber - wie gesagt - nicht der Alltag an den Fürstenhöfen, nicht einmal beim großen Friedrich.
Ne und das sind ja bereits alles große Werke. Der Alltag an Fürstenkapellen dürften 4 Sänger SATB und ca. 10 Instrumentalisten gewesen sein, in der Kammer auch 10 allenfalls wohl 15. Das ist erstaunlich konstant über lange Zeit und die Orchester mit 40 Köpfen waren in der Oper zu finden. Konzertsaal und Sinfonie gab es ja nicht.
Wie krass die Kontinuität ist... kennst du das Bild von Ludwig Senfls Münchener Hofkapelle mit 3 Blech 4 Holz 6 Streichern Cembalo Laute 5 Sängerknaben?
Ein bisschen andere Instrumente und so eine Gruppe kann alle bachchen "Orchester"werke aufführen.
PS
Oder auch so: Es gibt interessante und sehr glaubwürdige und offensichtliche Interpretationen der Quellenlage die nahelegen dass bis ca. 1750 das Genre der Konzerte mit üblicherweise 5-6 Streichern gespielt wurde. Die frühen Sinfonien selbst von Haydn und Mozart oft mit 9 Streichern (3/3/1/1/1). Der große Umbruch kommt mit den Konzerthallen ab 1780 1800 und auf einmal sind es 40 Streicher, wohl auch 60, und die Chöre explodieren in kürzester Zeit von 4...8....30 zu 50...100....200. Sogar weit über das heutige Niveau hinaus in der deutschen Romantik. Heute ist ein Chor a 100 sehr groß, damals war es halt ein Chor.
PS und natürlich waren das ausgewogene Chöre! Heute hat man ja wenn ein Chor mal 100 Leute erreicht oft 10 Tenöre... oder weniger ich hab im Trierer Unichor mal eine Probe mitgemacht da waren 4 Tenöre von 70 Sängern.
Ein Dirigent dirigiert die Musiker bzw. Instrumente hinsichtlich Einsatz, Tempi, Spielweise, … das Zusammenspiel.
Jaaaa... kommt drauf an wie weit sie voneinander weg sind. Bei Entfernungen ab ca. 35 40 m.... du weißt.