Wie kann ein Mensch, außer durch professionelle Therapie, ein geringes Selbstwertgefühl überwinden, dass durch seine Kindheit verursacht wurde?

12 Antworten

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Hallo Rosenmary,

bei vielen ist es so, dass sie aufgrund ihrer Kindheitserfahrungen wenig Möglichkeiten hatten, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Möglicherweise ist es bei Dir auch so gewesen.

Andere haben Dir evtl. nicht das Gefühl vermittelt, gut, wertvoll und liebenswert zu sein. Dadurch ist ein unausgewogenes Selbstbild entstanden. Damit brauchst Du jedoch nicht für den Rest Deines Lebens herumlaufen! Was Du daran ändern und verbessern kannst, will ich Dir nachfolgend gern darlegen.

Ein guter Tipp wäre z.B., wenn Du Dir eine Liste mit positiven Eigenschaften und Verhaltensweisen von Dir anfertigst. Vielleicht musst Du ja eine Zeit lang überlegen, da Du es ja eher gewohnt bist, Kritikpunkte an Dir zu finden. Doch je mehr Du an Pluspunkten bei Dir ausfindig machst, desto leichter fällt es Dir, Dich in einem positiveren Licht zu sehen.

Was die Selbstachtung auch sehr stärkt ist, wenn Du Dir jeden Abend vor Augen führst, was Du an dem vergangenen Tag gut gemacht hast. Konzentriere Dich nicht auf das, was evtl. schief gelaufen ist - schließlich macht ja jeder Fehler. Richte Deinen Fokus hingegen auf das, was Dir gut gelungen ist, selbst wenn Du meinst, es sei doch eigentlich unbedeutend.

Bei dieser Übung geht es also darum, von dem selbstkritischen und selbst verurteilenden Denken weg zu kommen. Oder mit anderen Worten: Ersetze negatives Denken durch positive Gedanken! Das geht nicht in einem Schritt, sondern muss immer und immer wieder eingeübt werden.

Ganz wichtig ist es, nachsichtig mit sich und seinen Fehlern umzugehen. Vielleicht ist Dir im Laufe des Tages etwas schief gegangen oder Du hast nicht annähernd das erreicht, was Du Dir vorgenommen hast. Bringt es Dich wirklich weiter, wenn Du jetzt zornig auf Dich bist? Das wäre so, als ob Du Salz in Deine Wunden streust.

Sei doch vielmehr wohlwollend und verständnisvoll zu Dir! Behandle Dich so, wie Du einen guten Freund behandeln würdest. Alles andere zieht Dich nur wieder nach unten! Lerne Dich so anzunehmen, wie Du bist, mit Deinen Fehlern und Schwächen (was natürlich nicht heißen soll, dass Du aufhörst, an Dir zu arbeiten).

Wenn Du das Gefühl hast, in Deinem Leben nicht erfolgreich zu sein, dann mache Dir klar, dass man nur dann wirklich weiterkommt, wenn man sich in Aktion setzt. Niemandem fällt so einfach etwas in den Schoß. Auch die Erfolgreichen müssen sich bewusst anstrengen und setzten Zeit und Kraft ein, um ihre Ziele zu erreichen, womit wir beim nächsten Punkt wären.

Es ist wichtig, sich nicht nur dahintreiben zu lassen, sondern sich erreichbare Ziele zu setzen! Tust Du das nicht, dann werden das andere für Dich tun. Wenn Du die Erfahrung machst, von Dir selbst gewählte Ziele zu verfolgen, gibt Dir das einfach ein gutes Gefühl und stärkt Dein Selbstvertrauen.

Solltest Du ein Ziel auch nicht erreichen, ist das kein Grund, sich als Versager zu sehen. Jeder scheitert irgendwann in seinem Leben. Dann heißt es, wieder aufzustehen und ein anderes Ziel zu wählen und daran zu arbeiten, es zu erreichen.

Jemand, der mit Gefühlen der Wertlosigkeit zu kämpfen hat, schreckt leicht davor zurück, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Ein Grund mag darin liegen, Angst zu haben, in einer neuen Aufgabe zu versagen.

Auch wenn die Möglichkeit des Scheiterns besteht, kann es doch durchaus sein, dass Du die Aufgabe erfolgreich meisterst. Je mehr Erfolgserlebnisse Du in Deinem Leben sammelst, desto größer wird Dein Selbstvertrauen werden! Nimm Dir also nicht selbst von vornherein die Chance, positive Erfahrungen zu machen!

Zum Schluss noch ein Gedanke, der Dich ermuntern kann, falls Du an Gott glaubst. Was meinst Du: Liebt Gott mehr diejenigen, die vor Selbstbewusstsein strotzen oder eher die Bescheidenen und Zurückhaltenden?

Die Antwort der Bibel: " Der Herr ist groß, und doch sorgt er für die Demütigen, von den Stolzen aber hält er sich fern " (Psalm 138:6, Neues Leben.Die Bibel). Will man Gott näher kommen, dann ist also eher Bescheidenheit gefragt. Es sollte daher nicht unbedingt Dein Ziel sein, übermäßig selbstbewusst zu sein, sondern ein gesundes Mittelmaß anzustreben.

Wie Du siehst, gibt es viel, was Du in Deiner Einstellung zu Dir selbst tun kannst. Bedenke, dass sich Änderungen in der Persönlichkeit nur langsam vollziehen. Daher ist Ausdauer gefragt!

Selbstwertgefühl zu entwickeln gleicht einem ausdauernden Training. Wenn Du also nicht schnell aufgibst und täglich an Dir arbeitest, wirst Du allmählich positive Änderungen feststellen. Dabei wünsche ich Dir viel Erfolg und gutes Gelingen!

LG Philipp


Rosenmary 
Beitragsersteller
 23.12.2021, 10:20

Hallo Philipp, ich hatte eine normale gute Kindheit und habe ein recht gutes Selbstwertgefühl. Dennoch finde ich Deine Antwort sehr 👍gut

Philipp59  23.12.2021, 10:31
@Rosenmary

Hallo Rosenmary,

sorry, ich hatte die Frage auf Dich persönlich bezogen! Es freut mich aber, dass Du selbst nicht betroffen bist!

Und vielen Dank für den Stern! :-)

Alles Gute!

LG Philipp

Rosenmary 
Beitragsersteller
 23.12.2021, 10:51
@Philipp59

Danke. Ich frage für einen Freund, der aufgrund seiner Kindheit ein niedriges Selbstwertgefühl hat und dieses massiv mit Narzissmus kompensiert.

Je nach Vorfall kann das sehr schwer und langwierig sein. Mir wurde immer von meinen Eltern gesagt das dumm, hässlich und langweilig sei (ja, mit diesen Worten) und in der Schule wurde ich gemobbt. Ich war extrem schüchtern und unsicher, hatte eine Sozialphobie und hasste Berührungen.

Mir haben vier Sachen enorm geholfen:

  1. Mir klarmachen das diese Menschen nicht automatisch Recht haben, nur weil es Autoritätspersonen oder eine Gruppe sind. Auch sie haben ihre Fehler und subjektive Meinungen.
  2. Mich mit positiven Menschen umgeben, die mich mögen und schätzen und Kritik vernünftig rüberbringen.
  3. Jeden Tag vor den Spiegel stellen und nur auf die Dinge konzentrieren, die ich an mir mag. Immer mindestens eine Sache finden, die schön ist oder was man an etwas hässlichem schön finden kann.
  4. Etwas finden das ich kann. Talente fördern, an den Schwächen arbeiten. Zb habe ich eine Ausbildung gemacht und mit dem Sammeln von Fähigkeiten und Wissen wurde ich professioneller, was mir half selbstbewusster zu werden und meinen Wert zu erkennen.

Rosenmary 
Beitragsersteller
 20.12.2021, 18:53

Super Beitrag, danke. Warst Du in Therapie?

Loka95  20.12.2021, 19:02
@Rosenmary

Ich war in einer Familientherapie, die sehr wenig gebracht hat, aber die Einzelstunden dabei waren gut. Einfach mal reden und jmd hört zu ... Waren aber nur so zwei Stunden.

Meine persönliche Erfahrung: Als ich Christ wurde, habe ich nach und nach die positive Erfahrung gemacht, dass Gott mich bedingungslos liebt. Das hat die Wunden aus meiner Kindheit geheilt 🙂

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ja hatte ich, dazu noch eine Soziale Phobie.

Keine Ahnung wie ich es geschafft habe ich habe immer wieder versucht mich zu überwinden und mir klar gemacht das sich der ganze Mist nur in meinem Kopf abspielt und ich überhaupt keinen Grund dazu habe.

Welche Auswirkungen ?

Naja auf jeden Fall eine Soziale Phobie welche dann noch zu Depressionen ( Depressiven Phasen ) geführt hat.

Das in den Griff zu bekommen hat Jahre gedauert.

Wurde als Kind echt nicht nett behandelt, möchte eigentlich nicht hier darüber sprechen, habe es aber teilweise bis heute nicht geschafft darüber hinwegzukommen


Rosenmary 
Beitragsersteller
 20.12.2021, 18:16

So geht es sicherlich vielen.