Wie baue ich am besten Rückenmuskulatur bei Pferden auf?
Ich hätte eine Frage:
Ich habe seit einigen Jahren Araber und bisher keine Probleme gehabt, sie in Anlehnung zu reiten bzw. sie dazu zu bringen, den Kopf fallen zu lassen.
Vor etwa einem halben Jahr habe ich mir einen neunjährigen Araber gekauft. Dieses Pferd ist quasi roh – er stand jahrelang nur auf der Weide und wurde hin und wieder, meist ohne Sattel, geritten. Er wurde nie richtig eingeritten, hat aber einen so freundlichen Charakter, dass er das geduldet hat. Leider habe ich das meiste erst nach dem Kauf erfahren – erst auf mein Drängen hin wurde mir die ganze Geschichte erzählt. Das einzige, was ich wusste, war, dass er nie wirklich korrekt ausgebildet wurde. Das war für mich kein Problem, da ich eine Trainerin habe, die mir bei solchen Pferden bisher immer gut zur Seite stand.
Vor etwa einer Woche begann er leider zu lahmen, ich hatte schon eine Vorahnung, dass es sich dabei um einen tief liegendes Problem handelt, weshalb ich mich entschied, die Tierärztin zum Röntgen hinzuzuziehen. Dabei kam heraus, dass er sehr eng stehende Rückenwirbel hat – vermutlich durch falsches Reiten bei einer unzureichend entwickelten Rückenmuskulatur von der „eher schweren“ Vorbesitzerin.
Meine Tierärztin hat mir nun geraten, gezielt seine Rückenmuskulatur aufzubauen, um eine Entwicklung von Kissing Spines zu verhindern oder den Prozess zumindest zu verlangsamen.
Da es sich um einen Araber handelt, der nie gelernt hat, in Anlehnung zu laufen, trägt er sowohl an der Longe als auch unter dem Reiter den Kopf sehr hoch. Wenn ich die Zügel aufnehme und versuche, ihn mit Hilfen dazu zu bringen, den Kopf zu senken, bremst er entweder oder hebt ihn noch höher, um den kürzeren Zügelabstand auszugleichen.
Und jetzt zu meiner Frage:
Meine Trainerin hat mir empfohlen, ihn vorerst mit Ausbindern zu reiten, um ihn an eine korrekte Haltung zu gewöhnen. Allerdings habe ich in letzter Zeit oft gehört, dass Ausbinder stark in der Kritik stehen und das Problem möglicherweise sogar verschlimmern können. Ich bin mir unsicher, was davon übertriebene Panikmache ist und was berechtigt, daher frage ich mich: Soll ich Ausbinder überhaupt verwenden?
Ein weiterer Punkt ist, dass ich sehr viel im Gelände reite – dort könnten Ausbinder möglicherweise hinderlich sein oder das Pferd zu sehr einschränken (?)
Wären dann vielleicht eher Thiedemann-Zügel eine Alternative oder gibt es andere Hilfszügel, die sinnvoller wären?
Mein anderer Araber, der zwar kein solches Problem hat, aber beim Springen gelegentlich den Kopf hochnimmt, trägt ein Martingal. Allerdings wirkt dieser erst zu spät, um beim neunjährigen Araber eine Verbesserung zu bewirken.
Habt ihr Empfehlungen, was ich tun könnte? Oder sind Hilfszügel generell der falsche Ansatz?
Ich bin mir auch unsicher, wie ich ihn an der Longe dazu bringe, den Kopf fallen zu lassen.
Ihn jetzt nur noch vom Boden aus zu bewegen, ist meine Meinung nach aber auch nicht zielführend. Beim reiten habe ich bis jetzt keinen so ein schlechtes Gewissen gehabt, da ich noch weit von der 15 % Marke für das Tragegewicht entfernt bin.
Hat jemand Erfahrung mit Arabern und weiß mehr über sinnvolle Hilfszügel oder Trainingsmethoden?
Vielen Dank schon mal!
Hast du dich schonmal über andere reitweisen informiert?
Wie genau meinst du das? Reitweisen im Sinne von beispielsweise Englisch oder alt kalifornisch?
8 Antworten
Um den Rücken aufzuwölben, muß man ein Pferd VON HINTEN NACH VORNE reiten. Wie soll ich es sagen, ohne despektierlich zu werden…Aber so, wie du die Frage stellst, scheint es so, als ginge es dir ähnlich wie dem Pferd: Erhebliche Mängel in der Vorbildung. Prima, dass es auch so mit den anderen Pferden ganz gut zu klappen scheint! Aber im vorliegenden Fall wirst du um professionelle Hilfe nicht herum kommen. Und ja, ein guter Pferdewirtschaftsmeister würde vermutlich auch mit Handarbeit und Longieren beginnen.
Aubinder können schädlich sein - müssen es aber nicht . Ebenso können sie hilfreich sein - sind es aber längst nicht in jedem Fall. Manches Pferd kann man tatsächlich damit“den Weg in die Tiefe weisen“. Aber bei einem Pferd wie deinem würde ich eher befürchten, dass es, wenn du es „runter bindest“, den Rücken erst recht weg drückt.
Um den Rücken hoch zu kriegen, muß man durch gezieltes Treiben eine Kontraktion der entsprechenden Muskelgruppe animieren. Das erfordert ziemlich viel Erfahrung.
Und, beinahe hätte ich vergessen zu erwähnen, weil es eigentlich selbstverständlich ist: äußert wichtig: NIEMALS mit Ausbindern ins Gelände! Dort sind sie lebensgefährlich!
Du brauchst dich nicht zu „verteidigen“. Es geht hier (auch wenn der Ton manchmal etwas rauher ist 😉)eigentlich allen nur darum Dir, und vor allem dem Pferd, zu helfen.
Dass man über manche Punkte unterschiedlicher Meinung ist, macht es natürlich nicht einfacher. Ob jemand Turniere reitet, international oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle.
Wenn du dich gerne durch das Lesen guter Bücher schlau machst, empfehle ich dir „Das Pferd in positiver Spannung“. Dadurch KANNST du natürlich noch immer nicht gesunderhaltend reiten, geschweige denn dein Pferd ausbilden, aber du verstehst zumindest ein wenig, WORUM ES GEHT. Der Autor hat sich nämlich genau darüber Gedanken gemacht, warum Freizeitpferde und hochrangige Turnierpferde in hoher Zahl an den selben Problemen erkranken, und woran das liegt.
Ja, kein Problem, ich glaub das war jetzt auch ein bisschen blöd von mir formuliert.
Ich finde es, wie gesagt, ganz gut mal mehr Meinungen zu haben. Und Sie scheinen wirklich Ahnung zu haben.
Ich bestelle mir das Buch jetzt auf jeden Fall auch mal. Nach den ganzen Sachen, die ich jetzt unter diesem Beitrag erfahren habe, muss ich mir gut überlegen, was ich wo und wie mit dem Pferd mache.
Ich fand Ihre Erklärungen und Hinweise wirklich gut und möchte mich auch noch mal bei Ihnen bedanken für die Hilfe. Sehr nett 👍🏻
Ich würde das Reiten erstmal sein lassen und tatsächlich gezielt vom Boden trainieren: Handarbeit, gymnastizierende Arbeit am Kappzaum, korrektes Longieren.
Das Problem ist: Das lernst du nicht aus dem Internet und auch schwer aus Büchern. Und von einer Trainerin die hier einfach mal pauschal ausbinden empfiehlt um den Rücken aufzubauen würde ich - sorry für die deutliche Meinung - auch Abstand nehmen.
Wie immer ist das korrekte WIE der einzelnen Übungen der Schlüssel zum Erfolg. Man muss sehen und auch fühlen lernen, wann das Pferd sich physiologisch korrekt und damit auch langfristig gesunderhaltend bewegt. Dann baut sich die "Reitpferdemuskulatur" mit der Zeit von selbst auf.
Hast du Trainingstherapeuten oder andere ähnliche wirklich gute Bodenarbeitstrainer in deiner Nähe? Falls nein wäre sonst Onlineunterricht evtl noch eine Option die ich in Erwägung ziehen würde. Zwar nicht die erste Wahl, aber besser als alleine vor sich hin zu wurschteln ;)
Du redest nur und ausschließlich über die Kopf-/Halshaltung, statt über das, was wirkliche Anlehnung ist. In drei Sätzen - die aktive Hinderhand des Pferdes, die vermehrt untertritt, der Rücken kommt hoch, die weiche federnde Verbindung zur Reiterhand entsteht über die aktive obere Muskelkette - und daraus ergibt sich die richtige Kopf-/Halshaltung!
Es gibt nun alle möglichen von Menschen erdachten, teils wirklich grausamen "Hilfs"mitteln, Pferden den Kopf runter zu zurren - nur ist das niemals Anlehnung! Übertrage es einfach auf dich selbst - wenn dir jmd den Kopf auf die Brust bindet und du musst auf diese Weise laufen, spürst du sicher eine Dehnung im Nacken - die dann aber sehr schnell in eine Verspannung übergeht und auch eine ungünstige Wirkung auf deine andere Muskulatur hat, weil du in eine unflexible bis starre Haltung gepresst wirst. Dehnung und Muskulatur ist auch auf andere Art und Weise und vor allem pferdefreundlich zu erreichen. Dazu gehört zB das korrekte Longieren am Kappzaum (Empfehlung: Online-Longenkurs von Babette Teschen) guck dir die Trainingspläne von Osteo Dressage an (Reha, Antrainieren). Allgemein ist Handarbeit (hier ist Kathrin Roida eine gute Quelle) ein top Mittel, um den Rücken, das ganze Pferd zu stärken, geschmeidig und beweglich zu machen und zu erhalten.
Es IST zielführend, dieses Pferd erst mal nur vom Boden aus zu arbeiten! Völlig egal, was du wiegst - ein Pferd ohne entsprechend Muskulatur kann keinen Reiter gesund tragen. Erst recht nicht, wenn es ohnehin schon ein Rückenthema hat. Da sollte erstmal keiner rauf, ehe der Rücken nicht aufgebaut wurde.
Du solltest dir unbedingt einen Profi ans Pferd holen, ich würde in diesem Fall mind. einen Ostepathen und einen tensegralen Trainer hinzuziehen und mit beiden einen abgestimmten Trainingsplan erarbeiten. Aber auch ohne diese beiden lässt sich sicher jmd finden, der sich gut auskennt und mit dir gemeinsam an der Tragfähigkeit und der Stärkung des Rückens dieses Pferdes arbeiten kann - plan- und sinnvoll und ohne Gebastel.
Hi, hab da wohl was verpasst. Der neue Hype, anscheinend….🤔: Das Wort „tensegral“ begegnet mir persönlich hier aber zum ersten Mal. Hab gegoogelt - krieg eine ellenlange Abhandlung darüber, und dass es sogar schon ein Buch gäbe, welches den Unterschied zu Biomechanik aufzeigt…🤯
Kannst du mir das bitte, (falls es möglich wäre 🤗), in kurzen, für nicht hochgebildete Menschen verständlichen Worten erklären?
Ausbinder werden das Problem nicht lösen.
Hol dir eine andre Trainerin und erarbeitet eine Plan wie ihr das Pferd gezielt trainieren könnt.
Und lass auch sein Becken mal kontrollieren. Wirbelsäulenproblem fangen nämlich meistens dort an, auch wenn sie sich ganz wo anders zeigen. Einen einfachen Test kannst du zu Hause selbst machen.
Leg deine Handfläche auf die Wirbelsäule am höchsten Punkt zwischen den Beckenknochen. Deine ganze Hand sollte dort bequem Platz haben bevor die Beckenknochen beginnen. Falls nicht, dann wurde das Pferd zu früh belastet und das Becken ist eingesunken. Das kann man auch nicht wieder raus trainieren! Zur Kontrolle dieses rudimentären "Erstbefundes" solltest du das Becken röntgen lassen.
Ist das Becken tatsächlich eingesunken, kann das Pferd nie korrekt mit den Hinterbeinen untertreten und kann auch nie seinen Rücken dort hin anheben, wo der hin gehört - selbst wenn du ihm die entsprechende Muskulatur irgendwie drauf zauberst. Infolgedessen geht dann eben auch der Kopf nach oben und kann gar nicht locker unten getragen werden.
Das Pferd ist dann nicht als Reitpfed geeignet sofern es halbwegs schmerzfrei weiterleben soll.
Hallo, ja, tatsächlich hat das Pferd eine Fehlstellung im Hüftknochen. Laut der Vorbesitzerin besteht diese seit der Geburt, weshalb er auch deutlich unter Wert von den Züchtern abgegeben wurde.
Ich weiß, dass er in der Theorie eigentlich nicht so gut laufen dürfe, doch in der Praxis zeigt er keinerlei Beschwerden, bis auf den hohen Hals und das kurzen Lahmen auf dem von der Fehlstellung betroffenem Hinterbein, das mittlerweile wieder vorbei ist.
Er hat sonst nie Schmerzen gezeigt und wälzt sich gerne, gähnt nicht übermäßig und zeigt unter dem Reiter ebenfalls keine Schmerzen – er ist sehr arbeitswillig.
Meine Tierärztin hat mir zwar geraten, keinen Reiter über 55 Kilo auf ihm reiten zu lassen, meinte aber, dass Reiten grundsätzlich möglich ist.
ich bin mir jetzt aber nicht mehr sicher, ob ich diese Aussage glauben kann 🙈
Apropos, reiten. Ich habe mir gestern noch alte Videos angeschaut und mir ist aufgefallen, dass er den Kopf mittlerweile tatsächlich, vor allem unterm Reiter, niedriger trägt als noch vor einem halben Jahr.
Ich weiß nicht, ob Sie sich damit auskennen, aber ich frage einfach mal: Kennen Sie diese Bänder für die Hinterhand? Meistens werden sie an einem Longiergurt befestigt, und ich glaube, ich habe sie auch schon in Schabracken integriert gesehen. Haben Sie damit Erfahrung, und bringen sie bei solchen Pferden etwas?
Das das Pferd deiner Meinung nach jetzt gar nicht mal so schlecht läuft (bis auf den Hals) liegt an seinem Alter in dem es das verkorkste Gebäude noch irgendwie ausgleichen kann. Das Problem ist aber trotzdem da.
Ich bleibe bei meinem Ratschlag. Lass das Becken Röntgen und sollte es abgesunken sein, dann sollte da nie wieder einer drauf sitzen. Auch kein noch so "leichter" Mensch.
Ja, ich kenne diese Bänder. Und ja, die machen auch mal Sinn. Nämlich dann, wenn es nur darum geht, das Pferd daran zu erinnern die Hinterhand auch wirklich zu benutzen. Diese Bänder bringen rein gar nichts, wenn das Pferd körperlich einfach nicht dazu in der Lage ist die Hinterhand besser zu benutzen.
Oh Gott. Das bestätigt leider meine realistische Wahrnehmung, dass es sehr, sehr schwer ist, für ein Araber geeignete RL zu finden. Mit HIlfszügeln, die den Kopp runterriegeln sollen, passiert entweder folgendes:
der ARaber geht seelisch und körperlich kaputt
oder du überlebst es nicht.
Ursula Bruns, die Gründerin und damals Chefin des FS Testzentrums, sagte mir mal -als ich dabei war, meinen ersten Araber zu kaufen - vor vielen Jahren: "Sie wissen, dass der Araber in Deutschland als unreitbare Rasse gilt? Anders (FEINER) geritten, sind sie freilich herrliche Pferde." Stimmt.
Du kannst keinen 08/14 Trainer nehmen. Die können es NICHT, wollen es auch nicht. Und zu denen zähle ich durchaus auch Seriensieger in der S-Dressur. In meiner Nachbarschaft lebt ein Grand Prix Trainer, den ich glatt für einen Tierquäler a la Helgstrand halte.
Ich weiß ja nicht, wo du wohnst. In der Nähe von Köln könnte ich dir eine perfekte Trainerin nennen. Sie hat mal ein komplettes Arabergestüt ausgebildet, teils bis L/M. Einige der Pferde waren vorher bei einem Kölner Ausbilder im Beritt und kamen als seelische Wracks zurück. Die meisten Ausbilder können es NICHT.
Wenn ich du wäre, würde ich mir einen sehr guten Longierunterricht suchen. Denn Rückenmuskulatur kann man vom Boden ausbilden. Sehr guter Longierunterricht bedeutet: Kappzaumarbeit!
Ja, wahrscheinlich mangelt es mir am Wissen, ich bin eine „normale“ Reiterin. Ich geh wieder auf international Turniere noch habe ich einen Stall. Ich bin im Moment in meinen Zwanzigern, mein erstes Pferd habe ich halb von meinen Eltern geschenkt bekommen und das Pferd, von dem jetzt die Rede ist habe ich mir mehr oder weniger aus „Mitleid“, weil ich es mir mittlerweile selbst finanziell leisten kann, angeschafft. (Ich hab das etwas genauer in einem anderen Kommentar unter diesen Beitrag beschrieben)
Ich hab mich, zu meiner Verteidigung, eigentlich schon immer versucht zu belesen und mich fortzubilden. Mein Problem ist im Moment vorallem, dass jeder, was anderes sagt. Die einen verteufeln alle Arten von Hilfszügeln komplett, die anderen vertreten eine Meinung wie Sie und der Dritte meint wieder das Ausbilder die Lösung für alles sind…
Deshalb habe ich auch diesen Beitrag geschrieben, damit ich mal mir ein paar Meinungen zu dem Thema einhole. Sind ja doch welche dabei, die richtig Ahnung und Erfahrung haben.
Vielen Dank für die Antwort und ich werde mich jetzt auf jeden Fall nach jemand umschauen, der Erfahrung bei solchen Pferden und hoffen, dass man das Problem noch beheben kann 🙈