Was bedeutet "zerritten" im Zusammenhang mit dem Pferdesport?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Im modernen Fünfkampf werden ausreichende bis befriedigende Sportpferde eingesetzt aber nicht die Pferde die im Leistungsvermögen und Charakter mit den Pferden der Spitzenreiter mithalten können, im "normalen" Reitsport.

Die Fünfkämpfer können "alle" im Niveau A / L / einige M reiten!

Der Fünfkampf ist eine "militärische Sportart", stammt ursprünglich aus der Zeit wo der Soldat noch reiten musste können. Deshalb wird ein Pferd zugelost, er hat nur 20 min Zeit damit sich dem Pferd anzupassen. Ursprünglich war es sogar so das Pferd wurde zugelost und los geht es! Hier sollte der Reiter beweisen, das er mit jedem Pferd eine Mindestleistung erbringen kann. Ein Soldat kann sich sein Pferd halt auch nicht aussuchen. Nicht selten muss auf Beutepferde zurückgegriffen werden.

Hier sind einige Unsäglichkeiten aufeinander getroffen: Das Pferd war mit der Situation des Turnieres schon gut ausgelastet.

Die Dame aus Russland fand schon keine Ansprache zum Pferd. Lieferte somit mit dem Pferd nur Murks ab. Das Pferd war dadurch so sehr belastet, das eine Reaktion auf Hilfen des Reiters nicht mehr angemessen erfolge.

Annika Schleu musste nun mit diesem Pferd starten, was eh schon auf der letzten Rille der Geduld und Gleichmut lief. So war die Reaktion auf Hilfen von Frau Schleu eher durchwachsen bis nicht mehr ausreichend gegeben.

So fasste Frau Schleu das Pferd "härter" an, dieses führte aber nur zum Reißen des Geduldfadens des Pferdes. Lag auch daran, das Frau Schleu selber runter auf der Bereifung war und nicht mehr in der Lage dem Pferd die Ansprache zu bieten klar und durchgreifend wie das Pferd gebraucht hätte. Um es wieder in die Spur zu bekommen.

Frau Schleu hat nur noch wirsche "Hilfen" gegeben , die nur noch inkongruent fürs Pferd waren. Ergebnis hat wohl jeder hier schon gesehen.

Hier ist der Schwachpunkt des Fünfkampfes, die Reiter können nicht gut genug reiten und oder die Pferde sind in aller Regel nicht gut genug oder verfügen über Mängel.

Zerritten in diesem Falle: Das Pferd war nicht optimal geeignet, die Russin rockte das Pferd schon von der mentalen Ebene in Bezug auf Geduld soweit runter, das Frau Schleu schon hätte sehr sehr gut sich auf das Pferd einstellen hätte müssen.

Da aber auch sie wusste, das dieses Pferd nicht einfach ist, erhöhte sich der Druck bei Frau Schleu, dieses führte wiederum zum eingeschränkten Blick aufs Pferd, dieser führte zu ungünstiger Reitweise, diese raubte dem Pferd die letzten Fähigkeiten und es ist Eskaliert.

Zukunft des Pferdes: Dafür müsste man das Pferd in 14 Tagen sehen, wenn man jeden Tag etwas mit ihm gearbeitet hat. Kann durchaus sein, das dieses Pferd unter seinem Stammreiter, ohne weiters nach leichter Korrektur wieder seine Leistungen zeigt. So wird es Nahtlos weiter im Sport laufen.

Ist ein erhöhter Korrekturbedarf vorhanden, muss man sehen, ob man gewillt ist dieses dem Pferd zuzugestehen. Es kostet Geld und ob die ursprünglichen Leistungen diesen Aufwand rechtfertigen. Ebenso wie die Verwendbarkeit ohne Korrektur aussieht. So kann es wieder in den Sport zurück kommen oder in den Freizeitsport entschwinden.

Ist das Pferd nicht ohne Korrektur, selbst nur als Freizeitpferd nicht mehr verwendbar, wird durchaus auch über eine Tötung des Pferdes nachgedacht, wobei bei diesem Pferd würden sich genügend Wendys finden die spenden würden für dieses Pferd das es einen 1a Luxusstall bis zum Ende seines Lebens bekommen könnte.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ausbildung Pferdewirt, ganzheitlicher Pferdetherapeut

Salomchen  08.08.2021, 14:27

War das Pferd für so ein Wettkampf gar nicht vorbereitet, bzw den Anforderungen gewachsen. Ich habe das Pferd schon unter der Russin gesehen, man hat da schon gesehen dass das Pferd mit der Situation, mit dem Stadion, mit der Atmosphäre und der Fremden Reiterin einfach überfordert ware. Ich selbst bin früher mal einige M-Springen mit Pferdetausch gegangen.

Es ist schwierig und nicht zu empfehlen

Wenn man ein Pferd hat was Willen und eine gewisse Ausbildung im Springen schon hinter sich hat, kann man das durchaus machen, aber bei Olympia ein Pferd per Losverfahren zu bekommen ist für Pferd und Reiter grundsätzlich zu viel. Gerade weil Pferd und Reiter nicht das Niveau haben was sie haben müssten um so einen Wettkampf vernünftig bestreiten zu können.

0
StRiW  08.08.2021, 14:41
@Salomchen

Ich finde Fremdpferdeturniere immer interessant und macht auch Spaß.

Es ist aber was gänzlich anderes, wie mit dem eigenen Pferd M oder S zu reiten!

Ich reite aber eh im Jahr dutzende sehr unterschiedliche Pferde und so ist das für mich normal Zustand.

Ich halte die Idee mit der Lostrommel gar nicht so verkehrt. Nur sollte da der Richerturm eher reagieren und Pferde vom Wettbewerb ausnehmen. Gerade wenn der erste Lauf schon gegen die Wand geht, ist es für Pferd und Reiter eine Zumutung.

Meine Reitschulpferde mit genügend Niveau habe ich schon mal abgestellt, die haben aber auch immer gut abgeliefert, die sind aber auch täglichen Reiterwechsel gewohnt. Hätte aber ein Pferd was so reagiert im ersten Lauf sofort dem Wettbewerb entzogen. Braucht das Pferd nicht und der Reiter auch nicht.

0
Salomchen  08.08.2021, 14:56
@StRiW

Es ist schon interessant. Mir taten nir die anderen Reiter leid, die mein Pferd reiten mussten. Bei meinem muss man sich wirklich trauen auch mal die Beine ran zu nehmen. Springen tut er von alleine nur ist es für Fremdreiter oft schwer oben zu bleiben, wobei ich genug Reiter kennengelernt habe, die mein Pferd durchaus reiten können, da sie selbst S reiten und solche Pferde kennen, aber zwischen können und wollen ist auch nochmal ein Unterschied. Kenne genauso viele die mein Pferd nicht reiten wollen obwohl sie es könnten.

Ich würde mein Pferd auch daher nicht für sowas zur Verfügung stellen. Da die Fünfkampfreiter nicht dad Niveau haben ein solches Pferd zu reiten. Dafür braucht man gut ausgebildete und zeitgleich liebe Pferde.

0
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 11:51

Vielen Dank für Deine Ausführungen! Wie siehst Du das? Ist nicht gerade der Pferdesport in der höchsten Leistungsklasse von extremen Ehrgeiz beseelt? Gab es nicht seit allzu lange die Praxis des Barrens? Also die Bestrafung der Pferde bei Sprungfehlern und die Verbindung Schmerz - bei Minderleistung? Vielleicht ist diese Denke ja immer noch ansatzweise im Springreiten verbreitet. Ich glaube schon, dass Schockemöhle, Beerbaum, Sloothaak ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihren Turnierpferden haben. Aber ich denke auch, dass sie in ihnen Vehikel für den Weg aufs Treppchen, Gold, Silber, Bronze sehen. Dann sehen sie vielleicht, dass die irische Equipe ihre Pferde härter trainieren, härter "rannehmen" und somit evtl. mehr Erfolg haben. So stell ich mir das vor, korrigiere mich bitte, wenn ich vollkommen falsch liege. 

0
pony  08.08.2021, 12:07
@Torben50

im fünfkampf ist es kein pferdesport der höchsten leistungsklasse.

 Ich glaube schon, dass Schockemöhle, Beerbaum, Sloothaak ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihren Turnierpferden haben

du meinst den franke sloothaak und den paul? die, damals entdaeckt haben, dass man den pferden durch barren höchstleistungen abfordern kann? die beiden... ps hat nur zu einem einzigen pferd dies verhältnis gehabt - und das nur, weil das pferd war wie er selbst.

die meisten irischen reiter (auch die internationalen topreiter) stellen ihre pferde übrigens zum regenerieren auf die weide in den gruppenverband. zu jeder jahreszeit und bei jedem wetter. und die iren trainieren auch gerne im gelände und gehen dort über geländehindernisse. die pferde sindausgeglichener, innerlich "robuster". man kann sie anders ansprechen. dichter an ihren natürlichen instinkten. sie verlieren nicht so schnell die nerven.

2
StRiW  08.08.2021, 13:17
@Torben50
Ist nicht gerade der Pferdesport in der höchsten Leistungsklasse von extremen Ehrgeiz beseelt?

Nein in der höchsten Leistungsklasse haben die Pferde einen Wert und den will man nicht verheizen, da wird schon als Team optimal am Pferd gearbeitet.

Gab es nicht seit allzu lange die Praxis des Barrens?

War zu seiner Zeit aber lange nicht Verboten, bzw. nicht in allen internationalen Verbänden verboten. So haben natürlich einige diese Maßnahme weiter vollzogen obwohl sie in Deutschland schon geächtet war.

 Aber ich denke auch, dass sie in ihnen Vehikel für den Weg aufs Treppchen, Gold, Silber, Bronze sehen.

Warum auch nicht, Pferde gehören schon immer zu den Nutztieren. Deswegen ist Deutschland auch so stark in der Reiterei, wegen der  Reitvorschrift H.Dv.12 die zeigt wie man richtig mit Pferden auf Leistung kommt. Hat aber auch ihren Ursprung in der Reiterei für das Militär. Die gesamte sportliche Reiterei stammt aus dem militärischen Wettstreit.

Wendy hat aus sportlichen Erfolg, wir packen unser Pferd in Watte und sind trotzdem erfolgreich, mit Herzenspferd gemacht.

Was meinst Du den warum so viele Freizeitpferde so günstig sind? Eben weil sie keiner haben will! Für den Sport zu schlecht! Ist wie mit dem dicken ungeschickten Kind im Schulsport, was bei der Auswahl immer das letzte war.

Nur leider ist das private "Züchten" von Pferden wieder erlaubt in Deutschland, das war nicht umsonst über Jahrzehnte verboten. Man wollte wehrfähige Pferde erhalten und keinen Ballast den man nicht gebrauchen konnte!

Nicht wenige Rittmeister von früher würden von so mancher Weide 50 % der Pferde sofort in die Wurst drehen, weil die Pferde nichts sind. Körperliche oder mentale Defekte sind keine Seltenheit.

Diesen "defekten" Pferden wird dann im Hobbyturnierbetrieb einfach oft zu viel abverlangt, warum sind so viele Pferde in der Klassen E oder A nur einfach fertig auf der Bereifung? Es wird mit Pferden mit degenerativen Prozessen gesprungen und so vieles mehr. Selbst mit Kaltblütern springen einige Reiter im Hobbybereich.

Auch die Wahl der Gangart ist vielen Hobbyeitern fremd, heizen heizen ist das Motto der Zeit.

Semiturnierreiter sind oft ein Albtraum. Kein Geld für echte Pferde (echte Sportpferde ohne Mängel, gut schonend aufgebaut liegen zur Zeit bei ca. 75 000 Euro Einstieg ), aber echt hohe Ziele. Da wird so manches untaugliche Tier in einer Saison verheizt. Wir reden hier von den Niveau E / A / L bis hin ins M. Besonders schlimm ist es in den Jahren wo man noch auf die Eltern angewiesen ist. Die treiben oft zusätzlich an. Das Geld muss sich ja lohnen. Mindestens Stadtmeister muss man werden.

1
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 13:20
@pony

Das mit den Iren war nur ein Beispiel. Ich habe natürlich Null Ahnung wie die Iren trainieren. Danke für die Aufklärung!

0
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 13:38
@StRiW

Hallo StRiW, ich finde Deine Bemerkungen hochinteressant und nehme sie auch gerne auf, um von Kennern zu lernen und meine Meinung zu bilden.

Wie kann man sich den Aufstieg eines Sportpferdereitstalls wie z.B. dem der Schockemöhle also vorstellen? Also entweder man hat Grünland, Futterbau für exzellentes Heu, Reithalle, Paddock, Außenplatz und fängt dann mit gutem Holsteiner-, Trakehner- Hannoveranermaterial an, um kontinuierlich über die Jahre/Jahrzehnte etwas Großes aufzuziehen. Oder man hat die entsprechenden Millionen in der Tasche und kauft sich alles zu: Pferdematerial, Bereiter und Turnierreiter. Aber man muss doch am Anfang klein anfangen. Ein kleines Turnier bei Bad Segeberg, dann viele Turniere in der Umgebung, Holsteinischer Landesmeister und dann ist man vielleicht so weit, dass man in der Dt. Rangliste aufsteigt und an die großen Turniere geht: Hamburg-Klein Flottbek, Aachen, dann die europäischen Wettbewerbe, Hickstead, dann weltweit Calgary etc. und als Krönung Olympia. Na ja, so stell ich mir das zumindest vor, weiß nicht, ob das realistisch ist. Was meinst Du dazu?

0
StRiW  08.08.2021, 14:03
@Torben50

Schockemöhle war nie klein! Der konnte immer auf recht weite Verbindungen und Möglichkeiten zurückgreifen!

Sportställe haben oft nur eins Beziehungen. Diese ermöglichen zu rechten Zeit, genügend Geld aufzutreiben um die richtigen Pferde anzukaufen. Das Netzwerk zu Pferdehändlern / Vermittlern will auch gepflegt werden. Da wird schon mal eine Prämie für ein Top Pferd von 20 000 Euro nur für den Tipp gezahlt!

Klein Anfangen endet als regionale Berühmtheit, selten im nationalen Mittelfeld, noch weniger an der Spitze der nationalen Teams.

1
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 11:09

Top Erklärung, vielen herzlichen Dank für diese exzellente Analyse!

0

Im modernen Fünfkampf ist das große Problem, dass keine eigenen Pferde geritten werden. Wer aus der Umgebung des Olympiaortes sein Pferd zur Verfügung stellt, bekommt eine Prämie von ca 1.000 € umgerechnet. Es muss nur nachweislich Parcours dieser Anforderung laufen. Per Los wird einem Reiter ein Pferd zugeteilt und dann sind 20 min Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen. Kann eigentlich nicht funktionieren, weil ein Stadion auch nochmal eine andere Hausnummer ist als ein Springplatz, auf dem das Pferd mit seinen Besitzern sonst Turnier läuft - und das dann mit zwei fremden Reitern nacheinander.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Durchgenend Pferdeerfahrung seit 1981

Um dem Pferd verständlich zu machen, was der Reiter von ihm möchte, bedarf es (guter) Kommunikation. Dies geschieht über die sog. Hilfengebung. Reagiert ein Pferd nicht (mehr) auf diese Hilfengebung, weil es zB grob angefasst u. somit abgestumpft wurde, es von schlechten Reitern geritten wurde welche für das Pferd unverständlich in ihrer Hilfengebung waren, es Reiten mit Angst/Schmerz/Überforderung verknüpft, sagt man auch es ist "veritten". Das denke ich ist gemeint, das Wort "zeritten" kenne ich persönlich nicht.

Im 5 Kampf ist Reiten ja nur eine Teildisziplin. Dazu dieses krude System der Pferdezulosung, somit treffen sich Pferde-Reiter Paare, die sich gar nicht kennen. Daher kann man das 0 vergleichen mit einem Paul Schockemöhle oder sonstigen Spring-, Dressur-, Vielseitigkeitsreitern, da die sich mit ihren eigenen Pferden auf Wettkämpfe vorbereiten. Und sich ausschließlich auf's Reiten konzentrieren. Somit ist da a) eine ganz andere (Vertrauens)Basis zw. Pferd u. Reiter gegeben u. b) es ist entsprechend reiterliches Können vorhanden. Beides im 5 Kampf nicht der Fall.

Was mit einem Pferd wie Saint Boy passiert ist schwierig einzuschätzen, seine Turnierkarriere ist sicherlich beendet. Leider gibt es Menschen die nach solchen "Vorfällen" solche Tiere einschläfern, da wird nicht lang gefackelt. Hat er Glück, geht er irgendwo als Freizeitpferd hin.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pferdewirtschaftsmeisterin

Salomchen  08.08.2021, 14:32

Ich habe tatsächlich damals einige springen mit pferdetausch geritten es ist möglich aber grundsätzlich finde ich es schwierig. Wenn man fährt hat mit einem guten Springvermögen unten will kommt man den Parcours durch mit etwas Glück auch ohne irgendwelche Abwürfe.

Aber die Athleten sowie die Pferde die am 5 Kampf teilnehmen haben nicht diese Ausbildung wie ein Springpferd auf M Niveau meistens nicht . Und auch wenn sie sowas hätten finde ich es trotzdem gerade bei großen Turnieren wie Olympia Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften, es ein Unding das Pferd und Reiter nur 20 Minuten bekommen um sich kennenzulernen. Dass wäre sogar für die Profis fast ein Ding der Unmöglichkeit, einen Parcours vernünftig zu reiten.

0
Dahika  08.08.2021, 12:47

Hat er Glück, geht er irgendwo als Freizeitpferd hin.

In Japan???

0
Hjalti  08.08.2021, 19:19
@Dahika

Leute auf der ganzen Welt wollen ihn kaufen und "retten, da wird sich hfftl was passendes finden...

0
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 09:25

Vielen Dank für Deine Klasse Antwort! Leuchtet mir auch absolut ein. Wenn wir noch einmal den Pferdesportstall Schockemöhle als Beispiel nehmen. Ein Alwin oder Paul Schockemöhle würde doch mit seiner Equipe mit mehreren Pferden in so ein hochklassiges Turnier gehen. Muss nicht Olympia sein, könnte doch auch Derby in Hamburg, CHIO Aachen oder whatever. Also mit mindestens 3 Springpferden, die vom Reiter und vielleicht auch Bereitern (also jemand, der vielleicht regelmäßige Springprüfungen in der Halle oder Außenplatz) intensivst auf das Turnier vorbereitet werden. Dann reitet Paul Schockemöhle seinen alles entscheidenden Parcours. Vorher wählt er vielleicht "Deister", meinetwegen der Tierarzt macht einen Bluttest - Top Laktatwerte - "Deister" wird es machen. Oder Paul Schockemöhle schaut sich die Hindernisse an, viele Oxer hintereinander, da nehme ich doch lieber meinen 9jährigen Holsteinerwallach. Ich weiß nicht, wie so etwas auf Turnieren läuft, vielleicht kannst Du etwas dazu sagen. Wie muss man sich den Betrieb eins modernen Turnierpferdestalls vorstellen? Ich bin da absoluter Laie. Ein Rennstall hat sein exzellentes Pferdematerial, baut meinetwegen auf Hannoveraner, Holsteiner oder kauft sich die entsprechenden Top-Leistungspferde zusammen und hat die entsprechenden Reiter unter Vertrag. Franke Sloothaak geht z.B. für den Stall Schockemöhle (ist er bei ihm unter Vertrag, bekommt er eine prämien-/preisabhängige Vergütung), mit ihm zusammen Ludger Beerbaum - ehemals "Bereiter" und anschließend Turnierreiter. Die gehen dann alle für Schockemöhle an den Start. Der Return of Investment sind dann internationale Preise und die entsprechende Wertsteigerung der Turnierpferde. Durch einen Olympiasieg bekommt "Deister" dann eine enorme Wertsteigerung und Schockemöhle kann sein Sperma für ein Vermögen verkaufen. Habe ich das so richtig erkannt?

1

Unsere Reitschule hat mal so ein "zerrittenes" Pferd gekauft. Es war S-Springen gegangen und ist am Ende seiner Karriere durch keinen Wassergraben mehr gegangen, hat nur gebockt.

Es war das traumhaft liebste Ausbildungspferd, aber man konnte es böse bekommen, wenn man ihn geärgert hat, indem man versuchte etwas stur durchzudrücken, dann ging der in den Kampfmodus und da war er besser als S-Springreiter. Lieber eine kleine andere Übung zwischendurch und dann nochmal die unbeliebte und es hat brav gearbeitet.

Dieses Pferd im Turnier wurde von der unfähigen Reiterin schon mit den Vorderfußwurzelgelenken gegen ein Hindernis geholzt, (sowas tut höllisch weh) danach wollte es das nicht mehr, ist doch verständlich. Ein Springpferd muss soweit vertrauen, dass es richtige Signale zum Springen bekommt, sonst wird das höchst schmerzhaft. Wenn man sich das ganze Fünfkampfreiten anschaut, sieht man so liebe Pferde, die immer noch springen, obwohl ihre Reiter sie wie unausbalancierte Mehlsäcke mit groben Händen behindern. Dieses Pferd hatte m.M nach schon einen Unterhals, dass es wohl viel mit weggedrücktem Rücken geht, auch ein Schmerzsymptom.

wir haben alle das Drama um Annika Schleu und "Saint Boy" mitbekommen. 

man hat etwas, das kein drama war zu einem gemacht. unsportliches verhalten kann man annika schleu vorwerfen. dazu ist es gekommen, weil der richter den start nicht abgebrochen hat.

warum setzt man in solche wettbewerbe verantwortliches richtpersonal, das offensichtlich von der praxis gänzlich unbeleckt ist?

"Saint Boy" ist doch ein Turnierpferd, welches systematisch über viele Jahre genau auf diese Wettbewerbe vorbereitet wird. 

saint boy ist ein pferd aus der umgebung des veranstaltungsortes. mangelhaft ausgebildet, nervlich nicht für solche wettbewerbe geeignet. vermutlich hat schon die fahrt im transporter für dies pferd genügt.

wenn ich anhand der reichlich vorhandenen bilder schätze soll, wie alt dies pferd ist, würde ich sagen 6, höchstens 7 jahre alt. aber eher 6 jahre. woher ich das weiss? das pferd hat einmal das maul sehr schön geöffnet, dass die zahnsituation der zangen erkennbar ist. die äusseren beiden zangen sind noch nicht amendgültigen platz. sie wandern noch.

das pferd auf dem bild ist knapp 7. die lücke ist etwa halb so breit wie die bei saint boy. die mittleren zangen stehen senkrecht aufeinander.

sollte man pferde, die noch keine 8 jahre alt sind wirklich solchen extremsituationen aussetzen?

norbert koofs fire, der mit fünf jahren olympiagold gewann, war mit 8 schon platt. heute darf ein fünfjähriges pferd in solchen springen nicht mehr starten.

Bild zum Beitrag

Paul Schockemöhle ist mit "Deister" doch auch an unzähligen Wettbewerben an den Start gegangen und hatte genauso oft Gold, Silber, etc. abgeräumt. Auch "Deister" war ja kein Roboter, sondern Schockemöhle musste ihn wohl auch jedes Mal auf ein Neues auf den Parcours heranführen.

ja - deister... wie gut, dass du ihn erwähnst... ich stelle mir gerade einen fünfkämfer auf deister vor... von denen, die da im fünfkampf angetreten sind, hätte es keiner auch nur geschafft, draufzuklettern und nachzugurten.

deister, erstklassig dressurgezogen hatte so seine ganz eigenen ideen vom springsport. zügel fallen lassen und einfach nur noch festhalten wäre auf dem pferd eine ganz gute idee gewesen.

ich habe ihn mal live springen sehen. den hätte ich nicht geschenkt haben wollen. und ps hat ihn auch nur behalten, weil ihn keiner wollte.

und wenn es auf dieser welt ein pferd gab, das man nicht an den parcours heranführen musste, dann deister. man musste ihn eher davon abhalten, noch eine zweite runde im parcours zu drehen.

in den händen eines freizeitreiters wäre deister vor seinem fünften lebensjahr als unreitbar zum schlachter gegangen. ein recht guter freizeitreiter hatte ihn zum spazierenreiten gekauft und ihn dann eben abgegeben, weil er nicht mit ihm klarkam.

und mit deister ging ps anständig um, weil er wusste, dass sonst die retourkutsche kommt. er hat ihn auch selber trainiert, weil ihm sonst die bereiter weggelaufen wären.

wenn du schon schockemöhle erwähnst, dann doch eher die pferde von bruder alwin. warwick, donald und the robber...

zerritten heisst, dass das pferd nicht mehr reagiert, weil es in seinem unwillen nicht überzeugt werden konnte, weil es der russin vorher nicht vertrauen konnte, weil es womöglich in seinem leben erst einen einzigen reiter kennengelernt hat, weil keine klaren hilfen kamen, weil die reiterinnen dies pferd nicht überzeugen konnten, weil sie es unwillig machten.

zum schluss war das pferd wirklich wütend. es hat sich verhalten wie ein zebra. diesen adrenalintunnel des pferdes zu durchbrechen ist fast unmöglich. ein mensch mit dem gleichen adrenalin- und cortisolgehalt im blut, ist in dieser phase längst tot.

zerritten heisst aber auch, die kooperationsbereitschaft des pferdes zerstört.

ich denke, dies pferd hat man schon vorher versucht zu brechen. es gibt halt welche, bei denen das nicht klappt. und die werden dann, sobald ein nicht so starker reiter im sattel sitzt, genauso reagieren wie saint boy.

was geschieht mit einem solchen pferd in japan?

nicht viel. es gibt nicht viele profireiter in japan, die in der lage sind, so ein pferd zu korrigieren. und so wird sich vermutlich eine unreitbarkeit für den freizeitbereich herausstellen - als schulpferd wird man ihn wohl auch nicht brauchen können. und in japan gibt es kaum leute, die sich ein pferd aus spass an der freude halten.

japan ist ein land, in dem die rennpferde, wenn sie mit 4 oder 5 von der bahn kommen, in der regel direkt aus dem trainingsstall zum metzger gefahren werden. es gibt bislang genau einen gnadenhof für pferde in japan. dort werden ausrangierte vollblüter wieder aufgepäppelt.

ich hoffe, saint boy wird ein dahinvegetieren in einer einsamen box erspart und man ist so gnädig, ihn zu erlösen oder stellt ihn in den tokioter zoo. da wäre es für ihn auch nicht soooo schlecht.

für die dressur ist er nicht zu brauchen und springen wird er wohl nicht mehr. jeder, der mit diesem pferd wieder zu springen versucht, spielt mit seinem leben.

in europäischen fünfkampfwettbewerben reisen die sportler in der regel mit ihrem eigenen pferd an. in asien gibts das problem mit den einreisebestimmungen. ich meine, die reiter hätten keinen kontakt zu andern sportlern...

die fünfkämpfer schon.

ich meine, irgendwas wäre da von wegen seuchenschutz und so.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!
 - (Pferd, Reiten, Olympia)

Salomchen  08.08.2021, 14:38
ja - deister... wie gut, dass du ihn erwähnst... ich stelle mir gerade einen fünfkämfer auf deister vor... von denen, die da im fünfkampf angetreten sind, hätte es keiner auch nur geschafft, draufzuklettern und nachzugurten.

Kenne ich. Ich habe einen Pilot nachkommen. Ein Super Springpferd, aber auch ein sehr schwiriges Pferd. Besonders bei Fremdreitern!

Ich selber habe Jahre gebraucht um mit ihm zurecht zu kommen. Hochhäuser konnte er schon als Fohlen springen, aber das Pferd im Parcours auch zu reiten ist für mich am Anfang nicht leicht gewesen.

1
Torben50 
Beitragsersteller
 08.08.2021, 13:19

Vielen Dank für Deinen hilfreichen Kommentar. Ich bin absolute Laie und habe mit Pferden auch nichts zu tun und bin daher dankbar für jede Aufklärung, um mir ein besseres Bild vom Springreiten zu machen.

2
pony  08.08.2021, 13:26
@Torben50

hallo,

aber zumindest hast du wirklich interesse und dich vorher deinen möglichkeiten entsprechend auch informiert.

fragesteller mit der intention, die bei dir dahintersteckt, sind mittlerweile eine seltenheit geworden.

3