Warum wirken elektromagnetische Kräfte?

6 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Das ist eine sehr gute, aber eine auch nicht sehr einfach zu beantwortende Frage.

Mechanische Kräfte kann ich mir natürlich erklären

Mechanische Kräfte durch Drücken, Reiben, Ziehen, ... sind immer elektromagnetische Kräfte, nämlich die, welche auf atomare Ebene dafür sorgen, dass die Atome aneinander gebunden bleiben bzw. die dafür sorgen, dass du nicht nah genug an die Atome ran kommst und somit nicht durch den Boden fällst.

Die Frage nach Magnetismus kann ich auch nur einen Schritt weiter bringen. Elementarteilchen haben eine Eigenschaft namens Spin. Dies ist ein winzig kleines magnetisches Moment. Die Spins der Elektronen in einem Material können sich dann kollektiv nach einem externen Feld ausrichten, um so ein makroskopisches Magnetfeld zu erzeugen (Paramagnetismus). Je nach Bindung der Elektronen und der Struktur des Körpers erhalten die Elektronen ihre Ausrichtung in gegenseitig erzeugten Magnetfeld parallel selbst bei (Ferro-Magnetismus), oder auch anti-parallel (Diamagnetismus), etc. Dies ist dann ähnlich analog zu der Tatsache, dass die elementare Eigenschaft der (Elementar-)Ladung zu dem elektrischen Feld führt.

Elektrische und magnetische Kräfte werden fundamental über die Maxwell Gleichungen beschrieben. Dort folgt dann beispielsweise auch, dass ein Magnetfeld, neben elementaren Eigenschaften wie dem Spin, auch durch die Änderung des elektrischen Feldes gegeben ist und vice versa. Warum diese sich so verhalten ist auf diesem Niveau eine rein empirische Tatsache und leider nicht viel weiter begründbar.

Wenn man diese Existenz von Felder akzeptiert, dann folgt das Anziehen und Abstoßen von Ladungen einfach aus der Energieminimierung. Je näher ungleichnamige Ladungen einander sind, desto schwächer ist das resultierende Feld in der Umgebung. Je weiter weg gleichnamige Ladungen sind, desto schwächer wird im allgemeinen das resultierende Feld in der Umgebung. Da ein schwächeres Feld weniger Energie bedeutet, führt die Natur beide auseinander oder eben zusammen um Energieminimierung zu betreiben.

Wenn man (viel) tiefer reingeht kommt man irgendwann auf die Quantenfeldtheorie. Dort ist es dann so, dass man feststellt, dass die Natur Symmetrien sehr gerne mag. Wenn man versucht eine Quantenfeldtheorie aufzustellen, in denen es Fermionen mit bekannten Eigenschaften geben soll (also eben z.B. Elektronen), welche gleichzeitig die Symmetrie bzgl. einer komplexen Phase haben sollen, so folgt daraus die Notwendigkeit zur Wechselwirkung über Austauschteilchen (Bosonen) bzw. in diesem speziellen Fall die Photonen! Außerdem folgt aus dieser Symmetrie ebenfalls mit dem Noether-Theorem die Fermionenerhaltung, die wir heutzutage auch routinemäßig in Teilchenbeschleunigern beobachten können. Die Quantenfeldtheorie für die Elektronen heißt QED (Quanten-Elektro-Dynamik) und gehört zu den erfolgreichsten Theorien der modernen Physik, da sie Korrekturen von gewissen experimentell beobachteten Teilcheneigenschaften mit extrem hoher Genauigkeit erklären kann.

Die Wechselwirkung folgt hier also entweder eher mathematisch zusammen mit der generellen Beschreibung der Quantenphysik oder rein empirisch. die genaue Frage warum es die Wechselwirkung jetzt geben muss ist damit natürlich nicht geklärt, aber das ist der Stand der Physik. Alles weitere wäre vorerst Bestandteil der Philosophie.

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Die elektrische und die magnetische Kraft hängen über die spezielle Relativitätstheorie zusammen. Bei bewegten Ladungen wird das elektrische Feld durch die Längenkontraktion verdichtet, dass die Kraft grösser wird. Diesen Zusatzterm interpretieren wir als magnetische Kraft.

Die elektrische Kraft wird durch eine sogenannte Eichtheorie beschrieben. Der Aufenthaltsort von Teilchen wird durch eine Wellengleichtung beschrieben. Die Welle schwingt aber nicht im dreidimensionalen Raum wie bei der Schallwelle oder beim Licht, sondern sie dreht sich in einer komplexen Ebene. Wo die Nullachse dieser komplexen Ebene liegt, kann von Ort zu Ort variieren. Diese Achse muss also 'geeicht' werden. Und wenn man das tut, ergibt sich gerade die elektrische Kraft.

Wie sich das elektrische und das magnetische Feld im Raum ausbreiten, beschreiben die Maxwell-Gleichungen. Diese hängen aber fast vollständig von den Eigenschaften des Raumes ab. Diese werden in der Vektor-Geometrie behandelt.

Hier ist ein anschauliches Modell der Coulomb-Kraft: https://fragen-raetsel-mysterien.ch/ein-anschauliches-modell-der-coulombkraft/

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LoverOfPi 
Beitragsersteller
 21.06.2024, 10:08

Danke! Sowas habe ich gesucht. Mhm. Das ist natürlich auch sehr komplex. Also muss ich wahrscheinlich erst in die Quantenphysikvorlesung, um das vollständig verstehen zu können? :D

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diderot2019  21.06.2024, 10:17
@LoverOfPi

Wenn du das wirklich verstehen willst, kommst du um die Quantenphysik und viel Mathematik nicht herum. Aber es gibt gute Bücher von 'Spektrum der Wissenschaft', in denen vieles davon allgemeinverständlich und mit guten Bildern erklärt wird. Gut sind:

Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, ‘Quantenphilosophie – Reihe Verständliche Forschung’, Neuser / Neuser-von Oettingen (Herausgegeber)

und

Spektrum Akademischer Verlag, (1995), Heidelberg, ‘Teilchen, Felder und Symmetrien – Reihe Verständliche Forschung’

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Aber ich kann mir nicht erklären, warum es sowas wie Magnete überhaupt gibt. Oder, warum sich unterschiedliche Ladungen anziehen und gleichnamige abstoßen. Woher kommen diese Wirkungen?

Mein Ansatz wäre andersherum. Es gibt sie. Dann kann man versuchen, eine Beschreibung durch eine passende Theorie zu erstellen. Aber das ist nicht der Grund für die Existenz.


AMG38  21.06.2024, 16:22

Genau das. Es spielt keine Rolle, wie tief und wie detailliert man die Betrachtung vornimmt. Nichts davon wird dir die Antwort auf das grundsätzliche Warum geben, sondern nur ein detaillierteres Wie.

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LoverOfPi 
Beitragsersteller
 21.06.2024, 12:17

Ja, das verstehe ich. So gehen wir ja in der Uni an die Sache ran. Aber mich stellt das nicht wirklich zufrieden.

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Mechanische Kräfte kann ich mir natürlich erklären.

anscheinend ja nicht, denn wenn ein Festkörper gegen einen anderen stößt, dann hindert nur die elektromagnetische Wechselwirkung die Atome von beiden daran, einfach zwischen einander durchzugehen - genug Platz wäre da.


LoverOfPi 
Beitragsersteller
 21.06.2024, 11:08

Mhhhm, okay, da hast du mich erwischt. :D So habe ich noch nicht gedacht.

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