Warum hat man früher das “R“ gerollt?

12 Antworten

Zum einen ist dies (wie bereits geschrieben) eine regional unterschiedliche Sache (in der Schweiz, in Teilen von BaWü und von Bayern ist das "gerollte R" durchaus weiterhin üblich - auch wenn es aus der standarddeutschen Aussprache verschwunden ist).

Zum anderen gab es früher das sog. "Bühnendeutsch", auf der Bühne wollte (oder sollte) man besonders deutlich sprechen, damals war die Tontechnik auch noch nicht so gut wie heute. Folglich etablierte man es dort, zum einen die Endung „-ig“ grundsätzlich wie -ich auszusprechen und zum anderen auch das "rollende R".

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BChnendeutsch

Ich würde aber davon ausgehen, dass damals (vor 80 Jahren) viele Leute abseits von der Bühne anders gesprochen hatten bei normalen Gesprächen.

Auch bei Opernaufnahmen (z.B. von Wagner-Opern) kann man das hören. Lauritz Melchior sang 1951 den Lohengrin mit rollendem R ("alljährlich naht vom Himmel eine Taube, um neu zu stärrrken seine Wunderkraft...").

Bei späteren Tenören wurde das eher unüblich.

Wie ein Landsmann aus Baden-Würtemberg hier in einem Beitrag völlig richtig darlegt ist es in manchen Regionen gang und gäbe das "R" zu rollen, auch wenn es inzwischen weniger wird. In Stuttgart is das gerollte "R" z.B. nicht mehr üblich.

Aber zur Funktion des Rollens: Es verleiht einfach der Sprache eine ungeheure Kraft! Wenn z.B. eine schwäbische Bäuerin voll Power "Hosch' g'heirrt?" (="hast Du gehört") durch den Stall schreit, dann weisst Du was ich meine! In der Oper wird deshalb auch das "R" gerollt. Man muss wissen dass es früher einfach keine Lautsprecher gab sodass die Sprache allein über längere Strecken tragen oder Lärm übertönen mußte.

Durch Einführung von Mikrofonen und Lautsprechern potenzierte sich die Wirkung des gerollten "R" zusätzlic, meisterhaft ausgenutzt durch Adolf Hiler in seinen Reden, die one gerolltes "R" niemals eine so starke Wirkung gehabt hätten, z.B. der berühmte Schlußsatz einer Rede "...damit diese Zukunft Rrrestlos uns gehörrrt!". Durch diesen Mißbrauch durch die Nationalsozialisen ist das betont gerollte "R" außer ansatzweise in Reden des bayerischen Politikers Franz-Josef Stauss weitgehend aus der politischen Redekultur der Nachkriegszeit verschwunden.

Allerdings feierte das betonte, kehlig gerollte "R" eine völlig unerwartete Auferstehung in Gestalt der Rockband "Rammstein". Deren"R" bedient sich am historischen "R" und ist deshalb nicht überall gut angesehen.

Insgesamt gibt es nicht viele Länder die unser hartes hochdeutsches "R" kennen, spontan fällt mir aber Israel ein deren "R" noch tockener ist als Unseres.

Ist mir in alten Film- und Tondokumenten auch aufgefallen. Abgesehen von manchen Dialekten, für die das so gesprochene R typisch ist, wollte man wahrscheinlich seiner Aussprache dadurch mehr Pathos verleihen. Heute wirkt das dämlich.


Klaraaha  21.08.2018, 10:37

Als es noch keine Mikrofone und Lautsprecher gab, hat man das in der Theaterwelt so gemacht, damit auch der hinterste Zuschauer im Saal besser versteht was da vorne gesprochen wird. Das haben die Schauspieler so gelernt bei ihrer Ausbildung und merkt man dann bei frühen Filmaufnahmen, weil die Schauspieler kamen ja meist vom Theater..

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adabei  01.09.2023, 18:17
@Klaraaha

Sogar im englischen Theater gab es ein gerolltes Bühnen-R.

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Klaraaha  01.09.2023, 18:21
@adabei

Nurrrrr nicht aus Liebe weinen... Da kommt mir spontan die Zarah Leander in den Sinn. Das war noch so eine Schauspielerin der alten Schule.

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Denke mal das ist unabhängig von der Zeit. Ich hatte als Kind ein bulgarisches Kindermädchen, welche das R gerollt hat und scheinbar habe ich das übernommen.

Weder meine Mutter noch mein Vater rollen das R, aber ich kann nicht sprechen ohne, dass ich es rolle. (Bei meiner Kopfstimme höre ich nicht einmal, dass ich das R rolle, es wird mir nur immer gesagt)

Das ist von der Region, also vom Dialekt abhängig. Wird heutzutage immer noch in vielen Regionen gemacht.


adabei  01.09.2023, 18:31

Z.B. bei uns in Bayern.

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