Unterschied De re publica und Platon?

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Von ArnoldBentheim und bestätigt

Platon, Politeia und Marcus Tullius Cicero, De re Publica, sind umfangreiche Werke in Dialogform. Es bestehen Ähnlichkeiten und Cicero hat einiges an Platon nachgeahmt. In kleinen Einzelheiten lassen sich zahlreiche Unterschiede finden. Bei einer Frage nach dem genauen Unterschied ist die Angabe des Gesichtspunktes nötig, um zu einer eindeutigen Antwort zu kommen.

Möglich ist ein versuchsweiser Entwurf wichtiger Unterschiede.

  • genaue Ausrichtung der Fragestellung (Thema Gerechtigkeit mit einer Entsprechung zwischen Seele und Staat – Vorrang einer Untersuchung des Staates):

Bei Platon ist das grundlegende Thema die Gerechtigkeit. Es gibt darin eine Analogie (Entsprechung) zwischen Seele des Einzelmenschen und Staat. Der Staat wird als das größere Modell genommen, um zu Ergebnissen über die Gerechtigkeit zu kommen, aber diese gelten auch für die Seele und eine gute Ordnung in der Seele des Einzelmenschen bleibt Voraussetzung und Ziel der Politik. Cicero gibt der Untersuchung des Staates den Vorrang. Der Zustand der Seele des Einzelmenschen kommt vor, ist aber in der Untersuchung nachgeordnet.

  • Praxisnähe (Idealentwurf – starker Bezug zur Praxis und dem in Vergangenheit und Gegenwart bestehenden römischen Staat als richtigem und gutem Staat):

Platon entwirft einen idealen Staat. Am Dialog sind keine Politiker mit viel Praxiserfahrung beteiligt. Die Verwirklichung des Staatsentwurfes wird als sehr schwierig (das Zusammenfallen von Herrschaft und philosophischer Weisheit ist sehr schwierig zu erreichen ist und bedarf einer göttlichen Fügung), aber nicht unmöglich beurteilt. Bei Cicero sind am Dialog römische Politiker mit viel praktischer Erfahrung beteiligt. Mit dem römischen Staat besteht ein guter Staat in der Wirklichkeit.

  • Verfassungsschema (idaler Staat in zwei Arten äußerer Verfassung und vier Verfallsformen – sechs Verfassungen sowie eine bevorzugte Mischverfassung):

Bei Platon, Politeia ist der ideale Staat eine Monarchie oder Aristokratie. Als Verfallsformen werden Timokratie, Oligarchie, Demokratie und Tyannis behandelt. Die äußeren Verfassungen haben weniger Bedeutung als bei Cicero, De re publica. Bei Cicero werden sechs Verfassungen, nämlich jeweils 3 gute (Königtum, Aristokratie, gemäßigte Demokratie) und 3 schlechte Arten (Tyrannis, Oligarchie, Demokratie ohne Gesetzesbindung), und die Mischverfassung behandelt. Die Mischverfassung bekommt den Vorzug. Der römische Staat hat sich zu einer Mischverfassung entwickelt.

  • Verhältnisse in der Führungsschicht (zum Teil kommunistische Verhältnisse - Privatbesitz und Ehen).

In Platons Entwurf des idealen Staates gibt es bei den ersten beiden Ständen/Klassen (den Philosophen und den Wächtern) Frauengemeinschaft, Kindergemeinschaft und Gütergemeinschaft. Bei Cicero wird dies abgelehnt, es gibt Privatbesitz und Ehen.

  • Methode der Darlegung (theoretische Konstruktion eines Staates – systematische Feststellung mit Nachzeichnen eines bereits bestehenden Staates):

Bei Platon wird in theoretischer Konstruktion dargelegt, wie ein einfacher guter Staat entsteht und wie der ideale Staat beschaffen sein sollte. Bei Cicero gibt es eine systematische Feststellung mit Definition von Staat und Verfassung. Der römische Staat gilt als bereits bestehender grundsätzlich bester Staat. Seine Entwicklung und Beschaffenheit wird nachgezeichnet.


Flohatfragen24 
Beitragsersteller
 12.06.2024, 09:37

Das ist ja toll, herzlichen Dank!!!

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